Die Entdeckung der Erde
Machtentfaltung keineswegs der Größe des Unternehmens. Doch Schouten war ein geschickter Seemann, die Mannschaft sorgsam ausgewählt und die Schiffe besaßen Ueberfluß an Proviant und Reserve-Takelwerk. Lemaire nahm die Stellung des Sekretärs, Schouten die des Kapitäns auf dem Schiffe ein. Ueber Ziel und Absicht der Fahrt beobachtete man strenge Verschwiegenheit. Officiere und Matrosen verpflichteten sich in ihren Contracten, überallhin mitzugehen, wohin man sie führen würde. Am 25. Juni 1615, d. h. elf Tage nach der Abfahrt von der Insel Texel, als eine Indiscretion nicht ferner zu befürchten war, wurde die Mannschaft zusammenberufen und ihr durch Vorlesung eines Schriftstückes bekannt gegeben, »daß die beiden Fahrzeuge bestimmt seien, noch einen andern Weg als die Magellan-Straße nach dem Südmeere aufzusuchen und noch neue, südlicher gelegene Länder zu entdecken, in der Hoffnung, dort reiche Schätze zu erwerben und, wenn der Himmel das Vorhaben begünstigte, durch dasselbe Meer nach Ostindien zu segeln«. Die ganze Besatzung nahm diese Erklärung mit enthusiastischem Beifalle auf, eine Folge der Vorliebe für weitaussehende Entdeckungen, welche jener Zeit alle Holländer beseelte.
Der gewöhnlich eingehaltene Weg nach Südamerika führte, wie der Leser schon bemerkt haben wird, längs der Küste Afrikas hin, bis etwas unterhalb der Linie. Auch die »Concorde« wich hiervon nicht ab; sie erreichte das Gestade Brasiliens, Patagoniens und den Hafen von Desiré, hundert Meilen nördlich von der Magellan-Straße. Mehrere Tage hinderte ein Sturm die Schiffe am Einlaufen in den Hafen. Die Jacht kam während der Ebbe sogar auf die Seite und trocken zu liegen, wurde aber mit der Fluth, freilich nur für kurze Zeit, wieder flott, denn während der Ausbesserung ihres Rumpfes fing die Takelage Feuer, das trotz der angestrengtesten Bemühung der Mannschaften beider Schiffe das Fahrzeug vollständig verzehrte Am 13. Januar 1616 erreichten Lemaire und Schouten die von Sebald de Weerdt entdeckten Sebaldine-Inseln und folgten dem Ufer Feuerlands in geringer Entfernung vom Lande. Die Küste verlief nach Ost-Viertelsüdost und war von hohen, schneebedeckten Bergen umrahmt. Die Entfernung zwischen beiden Inseln betrug, oberflächlicher Schätzung nach, acht Meilen, und man segelte also in die sie trennende Meerenge ein. Diese erwies sich so voller Walfische, daß das Schiff wiederholt laviren mußte, um jenen auszuweichen. Die östliche Insel erhielt den Namen Staatenland, die westlicher gelegene Moriz von Nassau.
Vierundzwanzig Stunden nach dem Einlaufen in diese Meerenge, der man den Namen Lemaire beilegte, kam das Schiff wieder aus derselben heraus. Einen steuerbordseits gelegenen Archipel kleiner Inseln taufte man Barnevelt, zu Ehren des Großpensionärs von Holland. Unter dem 58. Grade südlicher Breite umschiffte Lemaire das zur Erinnerung an die Stadt, welche die Expedition gefördert hatte, so genannte Cap Hoorn und gelangte damit in das Südmeer. Lemaire segelte sofort bis zur Höhe der Juan-Fernandez-Inseln hinauf, wo er anzuhalten gedachte, um seiner vom Scorbut ergriffenen Mannschaft Zeit zur Erholung zu gönnen. So wie früher Magellan, kamen auch Lemaire und Schouten an vielen Inselgruppen Polynesiens vorüber, ohne diese zu sehen, und landeten am 10. April zuerst bei der Hunde-Insel, wo sie sich freilich nur etwas Trinkwasser und einige Kräuter verschaffen konnten.
Diese Stelle war durch Walfische versperrt. (S. 503.)
Man hoffte, die Salomons-Inseln zu finden, segelte aber durch den nördlichen Theil des Gefährlichen Archipels und entdeckte dabei die Insel Waterland, so benannt wegen eines großen Binnensees auf derselben, und die Mücken-Insel, wegen der unzähligen Schwärme dieser Insecten, welche das Schiff überfielen und deren man sich in keiner Weise erwehren konnte, bis sie nach vier Tagen bei einem Wechsel des Windes von selbst verschwanden. Weiter durchschnitt Lemaire den Archipel der Freundschafts-Inseln und erreichte die Schiffer-Inseln oder die Sanwa-Gruppe, von der noch vier kleine Inseln den ihnen damals zugelegten Namen tragen, nämlich Goed Hope, die Cocos-, die Horns-Insel und die Insel der Verräther. Die Bewohner derselben stahlen ganz außerordentlich; sie versuchten, die Bolzen aus den Schiffsplanken zu reißen und die Ketten zu lösen. Da der Scorbut noch immer unter der Mannschaft herrschte, war man über die Geschenke des Königs, einen schwarzen Eber und
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