Die Entdeckung der Erde
Geographie.
Wenn die Versuche zur Auffindung einer Nordwestpassage von den Engländern auch seit mehr als zwanzig Jahren aufgegeben waren, so hatte man doch nicht darauf Verzicht geleistet, auf diesem Wege eine Durchfahrt zu suchen, welche erst in unseren Tagen gefunden werden sollte, freilich nur, um ihre gänzliche Unbrauchbarkeit darzulegen. Hudson, ein geschickter Seemann, von dem Ellis sagt, »daß Niemand mit dem Leben auf dem Meere jemals besser vertraut gewesen, daß sein Muth allen Hindernissen gewachsen und sein Eifer unermüdlich sei«, schloß einen Vertrag mit einer Gesellschaft Kaufleute, die Nordwestpassage aufzusuchen. Am 1. Mai 1607 von Gravesend mit einer einfachen Barke, dem »Hopevell«, und zwölf Mann Besatzung abgefahren, erreichte er am 13. Juni unter 73° der Breite die Ostküste von Grönland und gab der Stelle einen Namen, der seinen Hoffnungen entsprach, nämlich
Cap hold with hope
(hoffe immer). Das Wetter war schön und minder kalt, als zehn Grade südlicher. Am 27. Juni hatte Hudson noch fünf Grade nach Norden zurückgelegt; am 2. Juli aber wurde die Witterung durch einen in jenen Gegenden so häufigen grellen Umschlag ganz entsetzlich kalt. Doch blieb noch das Meer offen, die Luft ruhig und die Strömung trieb viel Holz herbei. Am 14. desselben Monats gingen der Hochbootsmann und der Bootsmann unter 33°23’ der Länge auf das Land, das den nördlichen Theil von Spitzbergen bildet. Vielfache Spuren von Bisamochsen und Füchsen, eine große Menge Wasservögel und Bäche mit Trinkwasser, von denen einer sogar auffallend warmes Wasser führte, bewiesen unseren Seefahrern, daß es möglich sei, selbst in diesen hohen Breiten unter der rauhen Jahreszeit leben zu können. Hudson, der sich beeilte, wieder in See zu gehen, wurde unter dem 82. Grade der Breite durch dickes Packeis aufgehalten, das er vergeblich zu durchdringen oder zu umgehen suchte. Er mußte also nach England zurückkehren, wo er nach Entdeckung einer Insel, wahrscheinlich Jean Mayen, am 15. September wieder eintraf. Da die bei dieser Reise eingehaltene Route keinen Zugang nach Norden bot, so wählte Hudson das nächste Mal eine andere. Am 21. April des nächsten Jahres brach er nämlich von Neuem auf und drang zwischen Spitzbergen und Nowaja-Semlja vor; er mußte sich jedoch begnügen, eine Zeitlang dem Ufer dieses ausgedehnten Landes zu folgen, ohne so hoch gelangen zu können, wie er wohl wünschte.
Kampf in der Bai der Schleuderer. (S. 533.)
Der Mißerfolg dieses zweiten Versuches erschien eher noch vollständiger, als der des Jahres 1607. Die englische Compagnie, welche die Kosten dieser beiden Polarfahrten bestritten hatte, weigerte sich auch, noch einmal darauf einzugehen. Das war ohne Zweifel der Grund, der Hudson bestimmte, nun in holländische Dienste zu treten.
Die Compagnie von Amsterdam übergab ihm im Jahre 1609 das Commando über ein Fahrzeug, mit dem er zu Anfang des Jahres von Texel absegelte. Nachdem er das Nordcap passirt, fuhr er längs der Küste Nowaja-Semljas weiter; seine aus Engländern und Holländern bestehende Mannschaft aber, welche früher nur nach Ostindien gesegelt war, wurde durch die Kälte und das Eis bald abgeschreckt. Hudson sah sich gezwungen, seinen Kurs zu ändern und den in offener Meuterei begriffenen Matrosen den Vorschlag zu machen, entweder durch die Davis-Straße oder längs der Küste Virginiens nachzusuchen, wo sich nach den Mittheilungen eines Kapitän Smith, der in jenen Gegenden bekannt war, ein Seeweg finden sollte. Die Wahl der Mannschaft, welche schon alle Disciplin verlernt hatte, konnte nicht zweifelhaft sein. Hudson mußte, um die von der Amsterdamer Compagnie aufgewendeten Unkosten nicht ganz auf’s Spiel zu setzen, nach den Färöern segeln, bis zum 44° nach Süden hin hinabgehen und an der Küste Amerikas die Aufsuchung der ihm gemeldeten Durchfahrt versuchen. Am 18. Juli landete er am Kontinente, um seinen, während eines Sturmes gebrochenen Fockmast wieder herzustellen; er benutzte auch die Zeit, um von den Eingebornen Pelzfelle einzutauschen. Seine ungehorsamen Matrosen hatten jedoch durch ihre Quälereien die sonst ganz friedlichen Einwohner des Landes gereizt und zwangen ihn, wieder unter Segel zu gehen.
Hudson von seiner Mannschaft verlassen. (S. 539.)
Bis zum 3. August folgte er der Küste und ging dann zum zweiten Male an’s Land. Unter 40°30’ entdeckte er eine große Bai, welche er mehr als fünfzig Meilen in einem Boote
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