Die Entdeckung der Erde
mißtrauisch, so daß man, da sie in’s Innere entflohen, mit ihnen keinerlei Verbindung anknüpfen konnte. Einigen Matrosen gelang es jedoch, eine Frau einzufangen, die sie an Bord brachten. Sie war noch jung und ziemlich hübsch. Der Admiral schenkte ihr Ringe, Perlen und Kleidungsstücke, deren sie höchst nothwendig bedurfte; er behandelte sie überhaupt mit größter Zuvorkommenheit und sandte sie dann wieder nach dem Lande zurück. Die nächste Folge davon war, daß die Eingebornen zutraulicher wurden, und als sich am Tage darauf neun bewaffnete Matrosen bis vier Stunden in das Innere des Landes hineingewagt hatten, wurden sie mit aller Ehrerbietung empfangen. In hellen Hansen strömten die Bewohner um sie zusammen und boten ihnen alle Erzeugnisse des Bodens an. Entzückt von dem Ausfluge, kamen die Matrosen zurück. Ihrer Erzählung nach war das Innere der Insel reich an Baumwollenstauden, Aloës und Mastixbäumen, und ein schöner Strom, später der Fluß der drei Ströme genannt, rollte daselbst sein klares Wasser dahin.
Am 15. December ging Columbus wieder unter Segel und führte ihn der Wind nach dem sogenannten Schildkröten-Eilande, wo er einen schiffbaren Wasserlauf fand und ein so herrliches Thal, daß er es das Thal des Paradieses nannte. Als er anderen Tages in einem tiefen Golfe lavirte, bemerkte er einen Eingebornen, der ein kleines Canot trotz der Gewalt des Windes mit großer Geschicklichkeit regierte. Dieser Indianer ward eingeladen, an Bord zu kommen; Columbus beschenkte ihn reichlich; dann segelte er nach einem Hafen Espagnola, den man später als den Hafen des Friedens bezeichnete, weiter.
Dieses freundliche Entgegenkommen erwarb dem Admiral die Zuneigung aller Eingebornen, und von demselben Tage ab fanden sie sich in großer Menge bei den Caravellen ein. Auch ihr König kam mit ihnen. Es war das ein gut gebauter, kräftiger und etwas wohlbeleibter junger Mann von beiläufig zwanzig Jahren. Er ging eben so nackt wie seine männlichen und weiblichen Unterthanen, welche ihm viel Achtung, doch ohne das mindeste Zeichen kriechender Unterwürfigkeit, erwiesen. Columbus ließ ihm alle einem Souverän zukommenden Ehren erweisen, und aus Dankbarkeit theilte dieser König, oder richtiger Cazike, dem Admiral mit, daß die östlicheren Provinzen von Gold strotzten.
Am nächsten Tage stellte der Cazike alle Schätze seines Landes Columbus zur Verfügung. Er nahm an dem Feste der heiligen Maria theil, das Columbus auf seinem Fahrzeuge mit allem Prunke feiern ließ und bei welcher Gelegenheit auch das Schiff selbst möglichst ausgeschmückt worden war. Der Cazike wurde mit zur Tafel des Admirals gezogen und nahm wirklich an dem Mahle theil; nachdem er verschiedene Speisen und Getränke gekostet, schickte er die Becher und Schüsseln den Leuten seines Gefolges. Dieser Cazike hatte ein recht gutes Aussehen; er sprach wenig und erwies sich den Umständen nach ziemlich gebildet. Nach beendigtem Mahle bot er dem Admiral mehrere dünne Goldplättchen an. Dieser erwiderte das Geschenk durch einige Münzen mit den Bildnissen Ferdinands und Isabellens, und nachdem er ihm durch Zeichen begreiflich gemacht, daß von den mächtigsten Fürsten der Erde die Rede sei, ließ er in Gegenwart des eingebornen Königs die königlichen Banner von Castilien entfalten. Mit Anbruch der Nacht zog sich der Cazike sehr befriedigt zurück und mehrere Artilleriesalven donnerten ihm bei der Abfahrt nach.
Am folgenden Tage errichteten mehrere Leute der Mannschaft ein großes Kreuz mitten in dem Dorfe der Eingebornen, und dann verließen Alle diese gastliche Küste. Beim Auslaufen aus dem weiten, von den Schildkröteninseln und der Insel Espagnola gebildeten Golfe entdeckte man mehrere Häfen, Caps, Baien und Flüsse, an der Limbe-Spitze eine kleine Insel, welche St. Thomas getauft wurde, und endlich einen sehr geräumigen, sicheren und geschützten, zwischen der Insel und der Bai von Acul verborgenen Hafen, dessen Eingang ein von hohen baumbedeckten Bergen umschlossener Canal bildete.
Der Admiral betrat das Ufer ziemlich häufig. Die Eingebornen empfingen ihn als einen Abgesandten des Himmels und luden ihn ein, bei ihnen wohnen zu bleiben. Columbus beschenkte sie mit Schellen, zinnernen Ringen, Glasperlen und anderen Kleinigkeiten, die sie sehr hoch zu schätzen schienen. Ein Cazike mit Namen Guacanagari, der Beherrscher von Marien, sandte Columbus einen Gürtel, geschmückt mit dem Abbilde eines Thieres mit großen Ohren, dessen
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