Die Entdeckung der Erde
Nase und Ohren aus Gold getrieben waren. Gold mochte es auf der Insel überhaupt viel geben, denn die Eingebornen brachten bald eine gewisse Menge dieses Metalls zusammen. Die Bewohner dieses Theiles von Espagnola zeichneten sich durch höhere Intelligenz und besseres, äußeres Ansehen aus. Nach Columbus dienten die schwarzen, rothen und weißen Malereien, mit denen sie ihren Körper bedeckten, wahrscheinlich nur zum Schutze gegen die Sonnenstrahlen. Die Häuser der Leute waren hübsch und gut gebaut. Als Columbus sie nach dem Lande fragte, woher das Gold komme, zeigten sie gen Osten nach einer Gegend, welche sie Cibao nannten und unter der der Admiral sich stets nur Cipango oder Japan vorstellen konnte.
Am heiligen Abend traf die Caravelle des Admirals ein schwerer Unfall. Es war das die erste Havarie bei dieser sonst so glücklich abgelaufenen Seefahrt. Ein unaufmerksamer Seemann bediente das Steuer der »Santa Maria« während eines Ausflugs aus dem Golfe von St. Thomas; als es finster wurde, gerieth er unbemerkt in eine falsche Strömung und wurde gegen die Uferfelsen getrieben. Die Caravelle strandete und ihr Steuer lief dabei fest auf. Der Admiral erwachte von dem Stoße und kam eiligst auf das Deck. Er ließ vom Vordertheile aus einen Anker auswerfen, um das Schiff durch kräftiges Ziehen an demselben zu wenden und wieder flott zu machen. Der Quartiermeister und einige Matrosen wurden mit der Ausführung dieses Manövers beauftragt und sprangen in das große Boot. Von Schrecken erfaßt, entflohen sie aber, so schnell sie rudern konnten, nach der »Nina« zu.
Inzwischen kam die Ebbe. Die »Santa Maria« sank immer tiefer ein; man mußte die Masten kappen, um sie zu erleichtern, und bald stellte sich die Nothwendigkeit heraus, die Besatzung an Bord des Begleitschiffes überzuführen. Der Cazike Guacanagari, der die mißliche Lage der Caravelle recht wohl begriff, kam mit seinen Brüdern, Verwandten und einer Menge Eingeborner herbei und betheiligte sich thätig bei der Entleerung des Fahrzeuges. Dank seiner Fürsorge, ging auch nicht ein Stück der Ladung verloren, und noch während der Nacht hielten bewaffnete Eingeborne rings um die einstweilen aufgespeicherten Proviantvorräthe Wache.
Columbus nannte dieses Thal das Thal des Paradieses. (S. 173.)
Am folgenden Tage begab sich Guacanagari an Bord der »Nina«, um den Admiral zu trösten, und stellte ihm alle seine Schätze zur Verfügung. Gleichzeitig bot er ihm zur Aushilfe einen Vorrath an Lebensmitteln, bestehend aus Brot, kleinen Ziegen, Fischen, Wurzeln und Früchten an. Gerührt durch diese Freundschaftsbezeugungen, beschloß Columbus, auf einer dieser Inseln eine Niederlassung zu gründen. Er bemühte sich also, die Indianer durch kleine Geschenke und liebenswürdiges Entgegenkommen noch mehr für sich zu gewinnen; dann ließ er, um ihnen eine Vorstellung von seiner Macht zu geben, eine Arkebuse und eine Standbüchse abfeuern, worüber die armen Leute heftig erschraken.
Am 26. December begannen die Spanier den Bau einer kleinen Befestigung an diesem Theile der Insel. Die Absicht des Admirals ging dahin, hier eine Anzahl Leute, die für ein Jahr mit Brot, Wein und Getreide versorgt werden sollten, zurückzulassen und ihnen die Schaluppe der »Santa Maria« zu übergeben. Die Arbeiten wurden auch mit allem Eifer betrieben.
Am nämlichen Tage erhielt man ferner wieder die erste Kunde von der »Pinta«, die sich am 21. November von der Flottille getrennt hatte; sie sollte, wie Eingeborne meldeten, in einem Flusse am Ende der Insel vor Anker liegen; ein von Guacanagari abgesandtes Canot konnte sie aber nicht auffinden. Da kam denn Columbus, der seine Entdeckungsfahrt unter den gegebenen Umständen nicht fortsetzen wollte, da er sich seit dem Verlust der nicht wieder brauchbaren, »Santa Maria« auf eine einzige Caravelle angewiesen sah, auf den Entschluß, nach Spanien zurückzukehren und traf auch bald seine Vorbereitungen zur Abreise.
Am 2. Januar bot Columbus dem Caziken das Schauspiel einer kleinen Schlacht, worüber der König und seine Unterthanen sich höchst erstaunt zeigten. Dann wählte er neununddreißig Mann aus, die während seiner Abwesenheit die Besatzung der Festung bilden sollten, und ernannte Rodrigo de Escovedo zu deren Commandanten. Der größte Theil der Ladung aus der »Santa Maria« wurde ihnen ausgeliefert und versprach, für sie länger als ein Jahr auszureichen. Unter den ersten Kolonisten der neuen Welt befanden
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