Die Entdeckung der Erde
Mannschaften aber blieben zwei Tage auf der Insel, um diese näher zu untersuchen.
Inzwischen bemerkten Diejenigen, welche auf dem Boote zurückgeblieben waren, aus der Ferne ein Canot mit acht Männern und ebensoviel Frauen ankommen; unsere Leute versuchten, sich mit ihnen durch Zeichen zu verständigen; bei weiterer Annäherung aber überschütteten jene, Männer sowohl wie Frauen, sie mit einem dichten Hagel von Pfeilen, bevor diese nur dazu kommen konnten, sich mittelst ihrer Schilde zu schützen, so daß ein Spanier durch den Pfeil einer Frau getödtet wurde und diese auch einen zweiten mit einem anderen Pfeile schwer verletzte.
Golf von Mexico.
Diese Wilden führten vergiftete Pfeile, welche das Gift an der Spitze trugen; unter ihnen befand sich eine Frau, welcher die Anderen alle gehorchten und mit sichtbarer Ehrfurcht begegneten. Aller Wahrscheinlichkeit nach war das die Königin des Stammes und hatte sie einen schrecklich anzusehenden sehr kräftig gebauten Sohn mit einem wahren Löwenangesicht, der ihr nachfolgte.
Die Matrosen fanden frisch abgeschnittene Köpfe. (S. 182.)
Die Unsrigen hielten es für vortheilhafter, ein Handgemenge herbeizuführen, als sich durch einen Kampf aus der Entfernung noch mehr Verluste zufügen zu lassen, und trieben ihr Boot mit den Rudern mit solcher Gewalt vorwärts, daß dasselbe das Fahrzeug der Anderen tüchtig anlief und es dabei versenkte.
Die Indianer aber, lauter gute Schwimmer, fuhren, Männer sowohl wie Frauen, unbeirrt fort, die Unsrigen mit Pfeilen zu beschießen, bis sich einen halb vom Wasser verdeckten Felsen erreichten, den sie bestiegen und dann den Kampf von neuem begannen. Nichtsdestoweniger wurden sie zuletzt überwältigt, Einer von ihnen getödtet, der Sohn der Königin aber mehrfach durch Stiche verwundet; die Gefangenen schleppte man auf das Schiff des Admirals, wo sie sich mit derselben ungezähmten Wildheit benahmen, wie etwa libysche Löwen, wenn sie sich in Netzen gefangen sehen. Es waren durchaus Leute, welche Niemand ansehen konnte, ohne daß ihm Herz und Eingeweide erzitterten, so häßlich, fürchterlich und wahrhaft teuflisch war ihr Aussehen.«
Wie man sieht, gestalteten sich die Kämpfe zwischen Spaniern und Eingebornen immer ernster. Christoph Columbus setzte indeß seine Fahrt nach dem Süden fort, inmitten unzähliger, lieblicher, von Bergen in allen Farben bedeckter Inseln. Die Zusammenhäufung von Inseln erhielt den Gesammtnamen der 11.000 Jungfrauen. Bald kam die Insel St. Jean Baptiste, mit anderen Namen Porto-Rico in Sicht, ein Land, das ebenfalls die Caraïben inne hatten, das aber sorgfältiger angebaut erschien und mit seinen prächtigen Wäldern einen wirklich herrlichen Anblick darbot. Einige Matrosen gingen an’s Land und fanden am Gestade etwa ein Dutzend unbewohnter Hütten. Der Admiral stach dann wieder in See und folgte ungefähr fünfzig Meilen weit der Südküste von Porto-Rico.
Am 12. November endlich landete Columbus an der Insel Espagnola. Man begreift wohl, wie erregt er sein mochte beim Wiedersehen des Schauplatzes seiner ersten Erfolge, und wie sehnlich er mit den Augen nach dem kleinen Fort gesucht haben mag, in dem er seine Gefährten zurückgelassen hatte. Wie mochte es den vor einem Jahre auf fremder Erde zurückgebliebenen Europäern wohl ergangen sein? Aus solchen Betrachtungen erweckte ihn die Annäherung eines Canots mit dem Bruder des Caziken Guacanagari, das an der »Marie-Galante« anlegte. Der Eingeborne schwang sich an Bord und brachte dem Admiral zwei goldene Bilder zum Geschenk.
Christoph Columbus lag es indessen zunächst am Herzen, seine Befestigung zu entdecken, und obwohl er vor demselben Platz ankerte, wo er diese hatte erbauen lassen, fand er doch keine Spur von ihr wieder. Voller Unruhe über das Schicksal seiner Leute, betrat er das Land. Welcher Schreck, als er von der ganzen Ansiedlung nichts als ein Häuschen Asche übrig sah! Was war aus seinen Landsleuten geworden? Hatten sie diesen ersten Ansiedlungsversuch mit dem Leben bezahlt? Der Admiral ließ, um seine Ankunft weit über die Insel Espagnola bekannt zu machen, sein gesammtes Geschütz auf einmal abfeuern, doch keiner von seinen Gefährten folgte diesem Rufe.
Voll Verzweiflung sandte Columbus sofort Boten aus zu dem Caziken Guacanagari. Diese brachten, als sie zurückkamen, freilich nur sehr traurige Nachrichten mit. Den Mittheilungen Guacanagari’s nach hatten andere Caziken, erzürnt über die Anwesenheit
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