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Die Entdeckung des Himmels

Die Entdeckung des Himmels

Titel: Die Entdeckung des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Mulisch
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des Parks.
    Hinter einem Baum sahen sie wenig später eine Szene, die den Geruch von Illegalität hatte, Gestank aus einer eiternden Wunde. Ein schon etwas älterer kubanischer Herr mit weißem Panamahut und Krawatte tauschte Geld bei einem offenbar ausländischen jungen Mann, der ihnen den Rücken zugewandt hatte. Als der Herr sie bemerkte, steckte er sofort die Banknoten in die Tasche. Max und Onno wollten weitergehen, als hätten sie nichts gesehen, aber dann wandte der junge Mann den Kopf zur Seite, um zu sehen, was los war.
    Onno blieb stehen und traute seinen Augen nicht. War das möglich? Bescherte ihm die Vorsehung tatsächlich dieses Geschenk? Sein Herz machte einen Sprung.
    »Bork!«
    Wie von einem Stein an den Kopf wurde der Studentenführer von seinem Namen getroffen. Mit einem Ruck drehte er sich um und starrte Onno entgeistert an. Offenbar war er zu überrascht, um wegzulaufen, und Onno ging mit großen Schritten auf ihn zu, Max folgte in einigem Abstand. Nun hatte er ihn, er hatte ihn in seiner Gewalt, die Stunde der Rache war gekommen! Welch ein Genuß! Mit den Händen in den Hüften baute er sich vor ihm auf.
    »Mach diese Transaktion sofort ungeschehen, du Mißgeburt! Sofort , hast du mich verstanden?« Zu dem zitternden Kubaner sagte er auf spanisch, er solle sich keine Sorgen machen, aber das Geschäft sei geplatzt, und dann wieder zu Bork: »Du verachtenswürdiges Subjekt! In Holland den linken Anführer mimen und auf Kuba schwarzes Geld wechseln. Na, wird’s bald?«
    Bart Bork war ebenso verblüfft wie er, aber als er das Namensschild der Konferenz auf Onnos Revers sah, verschlug es ihm die Sprache. Der Herr, der ebenfalls erschrocken auf ihre Namensschilder gestarrt hatte, bekam seine Pesos wieder, und als er in seiner Tasche nach den Dollars tastete, sagte Onno, er könne sie behalten, solle jetzt aber zusehen, daß er weg käme.
    Er lüftete höflich den Hut und verschwand. Im vollen Triumph seiner Macht wandte Onno sich wieder Bork zu: »Du weißt doch, wessen Unterschrift auf diesen Banknoten steht, du elendiges Miststück? Schau bei dieser Gelegenheit einmal genau hin: Che. Der ist jetzt in Bolivien im Urwald, mit einem Gewehr, aber du stehst hier hinter einem Baum, um schmutzige kapitalistische Geschäfte abzuwickeln. Was meinst du, was passiert, wenn das in den Niederlanden bekannt würde? Von Kuba wollen wir lieber erst gar nicht reden, denn das könnte für dich verdammt unangenehm werden. Ich werde nicht darüber reden, allerdings frage ich mich, was du eigentlich hier zu suchen hast, und soll ich dir sagen, was ich glaube? Ich glaube, daß du auf eigene Faust mit einer Chartermaschine hergekommen bist und versucht hast, dich der Konferenz aufzudrängen, und daß dir das nicht gelungen ist.
    Du gehörst nicht dazu. Deine ganzen internationalen Freunde sind hier im Habana Libre, nur du nicht, du bist irgendwo auf eigene Kosten in einer schäbigen Jugendherberge – und so gehört sich das auch für einen Strandläufer auf Kuba.«
    Die Rechnung war beglichen. Onno sah auf die Uhr und sagte zu Max:
    »In zehn Minuten beginnen die Arbeitsgruppen-Sitzungen.«
    Sie ließen Bork grußlos stehen.
    »Also wirklich«, sagte Max, als sie außer Hörweite waren.
    »So kenne ich dich gar nicht.«
    »Bis zu meinem Lebensende werde ich mit tiefer Befriedigung auf diesen Tag zurückblicken.«
    »Hast du keine Angst, daß er uns Probleme machen kann bei der Leitung des Kongresses?«
    »Der? Meinst du wirklich, er kommt auf die Idee, daß wir nicht dazugehören? Er hat jetzt erst begriffen, warum er nicht eingeladen wurde. Weil wir eingeladen worden sind. Wir sind maßlos in seiner Achtung gestiegen. Er dachte, es mit ein paar unbedarften Wissenschaftlern zu tun zu haben, denen er ohne weiteres eine Lektion erteilen konnte, aber jetzt ist ihm klargeworden, daß wir wer sind in der linken Bewegung. Er glaubt an die Weltrevolution, und wenn er sich uns einen Fingerbreit in den Weg legt, meint er, daß wir eines Tages genauso mit ihm abrechnen, wie er es mit uns getan hätte. Bei der erstbesten Gelegenheit wird er versuchen, an uns heranzukommen.
    Vielleicht ist er ja sogar Mitglied der KPN und deshalb nicht eingeladen. Du kannst mir ruhig glauben, daß die hier solche Sachen wissen. Was für ein Tag! Welch ein herrliches Gericht die Rache doch ist! Stell dir vor, ich hätte mich gestern nicht von dir überreden lassen …«
    »Was für eine hochstehende Persönlichkeit du doch bist«, sagte Max,

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