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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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mehreren Kapitänen herzlich verabschiedet und jedem gesagt: »Wir sehen uns nicht mehr.«
    Faraday widmete sich seiner Arbeit. Nelson war tot, Buonaparte lebte, was war daran so gut? Er beteiligte sich nicht an der Rätselei, was Nelson zu diesem Abschied bewogen haben mochte. Buonaparte zog mit seinen Hundert- oder Zweihunderttausend weiter plündernd durch Europa und redete von der Gleichheit. In ein paar Monaten würde er die russische Flotte kommandieren.
    »Was liest du?«, wollte Faradays Lehrherr wissen, als einmal die Freunde gegangen waren, die alles erneut diskutiert hatten.
    Ausdruckslos wie nie zuvor sah Faraday ihn an.
    Riebau fragte ein zweites Mal, sodass Faraday Auskunft gab: Davy hatte über Landwirtschaft gesprochen. Dass nichts dringender benötigt würde in der Landwirtschaft als Experimente, hatte er gesagt. Wissenschaftliche Experimente, in denen Bedingungen genau und detailliert festgehalten würden. So exakt diese Kunst in ihren Methoden würde, so schnell würde sie an Bedeutung gewinnen. Man würde herausfinden, was ein Inch mehr oder weniger an Regen über die Saison ausmache und was der Unterschied von ein paar Graden der Durchschnittstemperatur.
    Riebau zeigte Interesse, das Faraday für nicht echt hielt oder das er nicht wahrhaben wollte. Vielleicht wollte er sich auch nicht stören lassen von einem, der im selben Ton über Landwirtschaft redete, in dem er eben noch über Lady Hamilton oder über tote Soldaten gesprochen hatte.
    »Was der Boden zur Ernte beiträgt«, sagte er artig, »will Davy herausfinden und noch, was die Neigung des bebauten Landes für die Ernte der einen oder anderen Nutzpflanze bedeutet.«
    Riebau lächelte und schnupfte Tabak.
    »Es gibt zwar Vorbehalte, hat Davy gesagt«, berichtete Faraday, da Riebau ihn weiter erwartungsvoll ansah und sein Lehrherr war, »gegen die Philosophen der Chemie. Es gibt auch vage Spekulationen. Vor allem wenn man Praxis und Erfahrung hat, lehnt man schnell alle Versuche ab, die Landwirtschaft mit chemischen Methoden und philosophischen Betrachtungen zu verbessern. Technische Ausdrücke wie Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff oder Stickstoff erwecken den Eindruck«, erzählte er Fahrt aufnehmend, »es ginge mehr um Worte als um Dinge.«
    Riebau nickte, aber zu wohlwollend, fand Faraday, der sich nichts anmerken ließ: »Aber«, hatte Davy gesagt, »tatsächlich sieht man daran, wie notwendig die Etablierung akzeptierter Prinzipien der Chemie in der Landwirtschaft ist.« Wer immer über Landwirtschaft spreche, müsse sich auf diese Wissenschaft beziehen. Und natürlich, so Davy schließlich, wäre ein philosophischer Chemiker als Farmer vermutlich ein Ausfall: »Aber vermutlich wäre er doch wohl ein besserer Farmer als jemand, der genauso wenig Erfahrung in der Landwirtschaft hätte und auch nichts von der Chemie verstünde.«
    Faraday nickte Riebau aus einem unklaren Impuls heraus zu, und der wiederholte die Geste, bevor er erfuhr, dass die Chemie, wann immer richtig angewendet, Vorteile ergeben würde. Dann stand Faraday auf, er fühlte in seinem Kopf das Blut zirkulieren oder stocken, er wusste es nicht. Mit einem Nicken verabschiedete er sich vom kaum reagierenden, verdutzten und vermutlich angetrunkenen Riebau und verließ die Buchbinderei.
    Ein Luftzug fuhr Faraday draußen ins Gesicht. Er war kalt. Faraday ging nicht nach Hause, sondern auf vielen Umwegen zur Themse und kickte auf dem Weg mal einen Stein vor sich her, mal ein Stück Holz. Mal trat er aus Wut in die Luft. Dann sah er lange dem träge fließenden Wasser zu. Auf dem Rückweg traf er zufällig seinen älteren Bruder, der sich darüber sehr freute.
    3 John Tatum
    Bis zu seinem Tod hatte James Faraday den Kontakt zu seinen Kindern zu halten versucht, aber 1810 waren sie ihm nach eigenem Empfinden doch entglitten. Seinem Bruder Thomas schrieb er, schon lange keinen Tag mehr bei guter Gesundheit erlebt zu haben. Zwar fehle er selten ganz bei der Arbeit, könne aber auch kaum einmal einen Tag komplett durchstehen.
    Ohne Schmerzen zu sein erwartete er nicht mehr. Nur der Glaube, dass alles seinen Sinn habe, war ihm geblieben.
    Er wolle es deshalb, schrieb er, Ihm überlassen, Seiner bestimmenden Hand, welche das souveräne Recht habe zu tun, was Ihm gut und richtig erscheine in den Armeen des Himmels wie unter den Bewohnern der Erde.
    Sie waren im Jahr vorher in die nahe gelegene Weymouth Street gezogen. Am letzten Tag war Margaret bei ihm gewesen und nur für den

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