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Die entführte Braut: Wenn die Braut sich traut (German Edition)

Die entführte Braut: Wenn die Braut sich traut (German Edition)

Titel: Die entführte Braut: Wenn die Braut sich traut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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blendenden Scheinwerfer hatte er Isabel sofort entdeckt. Zunächst nahm er sie nur als schemenhafte Gestalt wahr, aber bei näherem Hinsehen entpuppte sie sich als der totale Gegensatz zu den finster aussehenden, tobenden Zuschauern. Sie war ganz in Weiß gekleidet, ihre Haare umrahmten ihr blasses Gesicht wie ein schwarzer Heiligenschein, und sie hatte die traurigsten, größten Augen, die Dan je gesehen hatte.
    Er trat vom Mikrofon zurück und zupfte, ohne zu singen, nur ein paar Riffs auf seiner Gitarre, während er sie beobachtete. Sie beugte sich zu Leon Garza, seinem am Mischpult sitzenden Toningenieur, hinab und sprach zu ihm, wobei ihr das lange Haar ins Gesicht fiel. Mit einer schnellen, nervösen Handbewegung strich sie sich eine Strähne hinters Ohr.
    Leon zog die Brauen hoch und musterte sie mit so deutlicher Begierde von oben bis unten, dass Dan ihm liebend gern einen Kinnhaken verpasst hatte, und wies mit einem Nicken zur Bühne.
    Dan ließ seine Gitarrenriffs verklingen und signalisierte seinem Keyboarder, die Melodie zu übernehmen. Isabel sah empor, als Dan an den Bühnenrand trat. Der Ausdruck in ihrem Gesicht war etwas, das Dan nie in seinem ganzen Leben wieder vergessen würde. Unsicherheit und Unbehagen spiegelten sich in ihren Zügen, und er erkannte sofort, dass sie es nicht gewohnt war, sich in dieser Szene zu bewegen. Mit ihrer schmalen Hand hielt sie den Schulterriemen ihrer Umhängetasche fest. Was ihn aber am meisten verblüffte, war die feste Entschlossenheit, die sie ausstrahlte. Und gleichzeitig nahm er das flüchtige Aufflackern sexuellen Interesses bei ihr wahr. Vermutlich war sie sich nicht einmal dessen bewusst. Ihre Zungenspitze berührte blitzschnell ihre Lippen. Unwillkürlich hielt sie die Luft an, und ihre Augenlider senkten sich kaum merklich. Oh ja, sie war ein anständiges Mädchen, aber in ihrer Seele schlummerte Wildheit.
    „Ich heiße Isabel Wharton.“ Sie gab ihm ihre Visitenkarte. „Ich glaube, ich habe gerade Ihr Motorrad ziemlich schlimm beschädigt.“
    Das war der Anfang gewesen. Er hatte jene plötzlich aufkommende Zuneigung und Begierde, die ein Kribbeln im Bauch auslöste, damals ebenso gespürt wie sie. Dieses Verlangen nacheinander war so übermächtig, dass es für immer hätte anhalten können …
    „Ich will dich nicht noch einmal verlieren, Isabel“, flüsterte er vor sich hin, während er durch den Wald ritt.
    Das Wohnzimmer war klein und ziemlich schäbig. Gary war im Nebenzimmer, hatte Kopfhörer aufgesetzt und spielte „Luftgitarre“ zu Rockmusik. Doch da er die Lautstärke voll aufgedreht hatte, konnte Isabel sogar im Wohnzimmer die blecherne Klänge hören, die aus den Kopfhörern drangen. Es war einer von Dans Songs.
    Juanita saß in einem abgewetzten Sesel und strickte einen Schal aus roter Wolle. Auf dem Sofa saß ihr Sohn, ein höflicher, zurückhaltender Mann namens Theo, der kurz nach Isabel ins Haus gekommen war. Seine in festen Stiefeln steckenden Füße hatte er auf einen Stapel von Zeitschriften für Land- und Forstwirschaft gelegt.
    „Ich nehme an, dass Dan bald hier sein wird“, meinte Theo. „Es sind ja nur zwanzig Minuten von dort zu Fuß.“
    Isabel sah ihn schüchtern an. Ihr war angenehm warm, doch ihre Dauerwellen gehörten der Vergangenheit an. Das sei ihr indianisches Blut, hatte ihre Pflegemutter stets gesagt. Indianer hätten nun mal dichtes, glattes Haar. Am selben Tag hatte Isabel ihr Taschengeld von drei Wochen für eine Dauerwelle ausgegeben und hatte seitdem ihr Haar immer lockig getragen.
    „Zwanzig Minuten?“, fragte sie. „Ich bin mindestens zwei Stunden da draußen herumgeirrt.“
    Theo bewahrte seine würdige Miene, zwinkerte aber mit einem Auge. „Dann haben Sie wahrscheinlich einen Umweg gemacht. Sie müssen ganz schön wütend gewesen sein.“
    Sie schnaubte verächtlich. „Nicht wütend. Nur ungeduldig.“
    Juanita lachte fast unhörbar.
    Isabel gab nach. „Na ja, vielleicht ein bisschen wütend.“ Unerwarteterweise, fast gegen ihren Willen, fühlte sie sich wohl bei dieser Familie. Und da war es schon wieder, dieses für sie so wichtige Wort: Familie.
    Sie hatte nie eine richtige Familie gehabt. Nur schwach entsann sie sich einiger glücklicher Tage in der Reservation, ehe ihr waghalsiger Vater in den Tod gestürzt war. Danach erinnerte sie sich nur verschwommen an einige unbedeutende Monate. Da hatte sie zwar noch ihre Mutter, eine Weiße. Aber die existierte eigentlich nur neben ihr, ohne ihr

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