Die Entfuehrung
schlecht. Das geht nicht gegen dich, Oswald.«
»Schon recht«, sagte Oswald mit tiefer Stimme.
Slipper zog ihre glänzenden schwarzen Stiefel an, während Happy Thompson den Topf in einem Rucksack verstaute, der im Schatten gestanden hatte.
»Ihr zwei wartet hier, bis Oswald euch abholt«, schärfte Slipper ihnen ein. Dann drückte sie die beiden kurz an sich und eilte in die Mitte der Lichtung. Es sah fast so aus, als würde sie weinen, fand Alistair.
»Es war wirklich schön, euch beide kennenzulernen«, sagte Happy Thompson und legte eine Hand auf Alistairs Schulter und die andere auf Tibbys. »Ich hoffe, dass unser nächstes Treffen unter angenehmeren Voraussetzungen stattfindet.«
Er ging und stellte sich neben Slipper Pink.
Als sich Oswalds Krallen sanft um sie schlossen, hörte Alistair Slipper sagen: »Ach Happy, kann das denn wirklich wahr sein? Dass Sansibar frei ist?«
Dann breitete Oswald seine großen Schwingen aus und sie stiegen hinauf in die Nacht.
17 SCHIFF AHOI!
A lice hatte das Gefühl, in Zeitlupe zu fliegen, obwohl es tatsächlich wohl nur ein paar Sekunden dauerte, ehe sie ins Wasser tauchte. Kurzfristig war sie wie benommen von der Wucht des Aufpralls, der so plötzlich kam, dass es ihr den Atem verschlug. Dann wurde sie in die eisige Tiefe der See gezogen. Der Kälteschock rüttelte sie wieder zu Bewusstsein. Sie schwamm an die Oberfläche und rang verzweifelt nach Luft.
Kaum war sie oben und hatte tief Luft geholt, da wurde sie wieder nach unten gezogen. Irgendwas hatte sei beim Schwanz gepackt! Sie wehrte sich und trat danach und kam schließlich frei, um wieder einen Atemzug zu tun. Erneut wurde sie am Schwanz gepackt, und diesmal erkannte sie in der verzerrten Gestalt unter den Wellen Alex.
»Was machst du denn?«, kreischte sie, als er neben ihr auftauchte. »Lass los! Ich muss doch Luft holen.« Und tatsächlich ging ihr Atem sehr heftig, da sie in der wilden Brandung so viele Schwimmbewegungen machen musste, um über Wasser zu bleiben.
»Wir dürfen Sophia doch nicht merken lassen, dass wir den Sturz überlebt haben«, keuchte ihr Bruder. »Wir müssen uns im Schutz der Klippen verstecken und versuchen, zu der Bucht zurückzuschwimmen.«
Alice begriff natürlich, was er meinte. Wenn Sophia wusste, dass sie noch lebten, würde sie ihnen weiter folgen. Wenn sie glaubte, dass sie ertrunken seien, dann konnten sie endlich entwischen. Alice holte tief Luft und tauchte widerstrebend in das eisige Wasser hinunter. Das Salz brannte ihr in den geöffneten Augen, aber immerhin konnte sie Alex’ Gestalt vor sich erkennen. Sie versuchte, die Luft in den Lungen so lange wie möglich zu halten, dann stieß sie sie ganz allmählich aus. Als sie ihren Bruder an die Oberfläche schwimmen sah, war ihr schon etwas schwindelig, und sie schwamm rasch hinter ihm her.
Ein paar Sekunden lang konnte keiner von ihnen etwas sagen. Ihr Atem kam stoßweise, und sie versuchten, mit möglichst wenig Kraftaufwendung an der Oberfläche zu treiben. Als sich Alices Puls wieder einigermaßen beruhigt hatte und sie sich umsehen konnte, stellte sie fest, dass sie den Felsvorsprung umrundet hatten. Jetzt lag die kleine Bucht vor ihnen, die sie hatten erreichen wollen.
Alex hatte den Blick über die Felsen gleiten lassen. »Ich kann keine Spur von Sophia entdecken«, sagte er. »Wenn wir Glück haben, glaubt sie, dass wir ertrunken sind. Los, Schwesterherz, das letzte Stück – wir treffen uns am Strand.« Und mit raschem Freistil schwamm er auf das Ufer zu.
Alice, die so erschöpft war, dass sie kaum die Arme bewegen konnte, versuchte es mit etwas ruhigerem Brustschwimmen – denn wenn Sophia nicht mehr hinter ihnen her war, sagte sie sich, dann musste sie sich ja nicht so beeilen. Aber obwohl sie ihre ganze verbliebene Kraft aufbrachte, schien es ihr, als würde sie nicht vorankommen. Im Gegenteil, mit Besorgnis stellte sie fest, dass sie sich von der Küste entfernte !
»Alex!«, schrie sie. »Alex, Hilfe! Ich werde aufs Meer hinausgezogen!«
»Ich auch«, rief ihr Bruder zurück. »Die Strömung ist zu stark.« Er drehte um und schwamm auf Alice zu. »Kämpfe nicht dagegen an, Schwesterherz«, riet er ihr, »das verschleißt nur Kräfte. Wenn wir uns einfach treiben lassen, werden wir irgendwann von einem Schiff aufgefischt.«
»Ich weiß nicht, ob ich das kann«, jammerte Alice. »Meine Arme sind so müde.«
»Du musst, Alice«, sagte ihr Bruder bestimmt. »Und abgesehen davon«, erinnerte er sie
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