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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Watts
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folgten dem Kapitän die Treppe hinunter. Alice trat vorsichtig auf, denn sie war immer noch ganz unsicher auf den Beinen. Der Kapitän führte sie durch einen kurzen Gang, dann stieß er die Tür zu seiner Kajüte auf.
    Alice, die als Letzte eintrat, hörte die Glöckchenstimme schon, ehe sie das vertraute silbergraue Fell aufblitzen sah. Dort am Kajütentisch des Kapitäns saß Sophia.
    »Ah, wie ich sehe, haben Sie unsere beiden Ausreißer gefunden. Vielen Dank, lieber Kapitän.«
    Und zum zweiten Mal innerhalb von zehn Minuten wurde Alice ohnmächtig.

    Als Alice aufwachte, war sie nicht mehr in eine Decke gewickelt. Stattdessen lag sie auf dem harten Boden der Kapitänskajüte, gefesselt an Händen und Füßen und mit einem Knebel im Mund. Alex, der auf ähnliche Weise verschnürt war, lag neben ihr. Sie konnten nichts tun, außer sich mit großen Augen anzustarren und dem Gespräch um sie herum zu lauschen.
    »Ich kann sie allmählich nicht mehr sehen«, sagte Sophia gerade. »Verstaut sie irgendwo, wo mir die kleinen Nichtsnutze nicht mehr unter die Augen kommen, bis ich entschieden habe, wohin mit ihnen.«
    »Nehmen wir sie mit nach Souris, Sophia?« Das war Horatius’ leidende Stimme.
    »Vielleicht, Horatius. Oder wir werfen sie einfach über Bord.«
    Der Kapitän, der auf einmal nicht mehr so freundlich wirkte, brüllte nach seinem Schiffsjungen. »Hol zwei Matrosen herunter, die sich um die beiden Feinde von Schetlock kümmern sollen.«
    Nach ein paar Minuten kam der Schiffsjunge mit zwei stämmigen Matrosen zurück. Alice versuchte verzweifelt, ihnen mit Blicken klarzumachen, dass sie und Alex unschuldig und dass vielmehr Horatius und Sophia die Feinde von Schetlock waren.
    »Die hier guckt so seltsam«, sagte der größere der beiden Matrosen und zog Alice am Schwanz aus der Kajüte. »Meinst du, das kommt daher, dass sie eine Spionin ist?« Als sich Alice vor Schmerzen und Unmut wehrte, ruckte er kurz und heftig an ihrem Schwanz. »Wir hätten euch absaufen lassen sollen«, sagte er.
    »Nee, so macht es doch viel mehr Spaß«, sagte der andere Matrose, der Alex am Schwanz zog. »Wir haben den Spaß, zuschauen zu können, wenn sie absaufen.«
    »Wo sollen wir sie hintun?«, fragte der erste.
    »Keine Ahnung, der Käpt’n hat nur gesagt, wir sollen sie verschwinden lassen. He, warum nicht da drin?«
    Und so wurden Alice und Alex ruppig in ein Fass unter der Treppe gesteckt, wo sie sich weder rühren noch etwas sagen konnten, und sahen ihrem Schicksal entgegen.
    Wenn das Fass nur nicht so nach Rollmops riechen würde, dachte Alice noch missmutig.

18 DIE SICKERT

    A ls der riesige Vogel mit Happy Thompson und Slipper Pink außer Sicht war, richteten sich Alistair und Tibby Rose auf ihre Wartezeit ein. Alistair war ziemlich ernüchtert. Nach all ihren Abenteuern, dem ständigen knappen Entkommen, dem Vorbeischrammen an Unfällen und nach allen klugen Plänen stellte sich nun heraus, dass sie die Reise gar nicht hätten unternehmen müssen: Er war absichtlich nach Tempelton gebracht worden. Und statt ihn schmerzlich zu vermissen, hatten seine Tante und sein Onkel die ganze Zeit gewusst, dass er dort war.
    Alistair vermutete, dass sie Alice und Alex inzwischen sein plötzliches Verschwinden erklärt hatten. Allerdings wäre es ja wirklich nett gewesen, wenn sie sich die Zeit genommen hätten, Alistair selbst auch davon zu unterrichten, dass er von einem Uhu entführt und in ein anderes Land gebracht werden sollte. Genau – warum hatten sie ihm eigentlich nichts gesagt? Er hätte doch nichts dagegen gehabt, wenn sie ihm erklärt hätten, warum das notwendig war.
    Je mehr Alistair darüber nachdachte, desto unwahrscheinlicher erschien es ihm jedoch, dass seine Tante und sein Onkel etwas gewusst haben konnten. War es möglich, dass Oswald auch diesen Brief verschluckt hatte? Und überhaupt, nur weil Slipper und Happy (und vielleicht auch Ebenezer und Beezer) beschlossen hatten, dass er in Tempelton am besten aufgehoben sei, was war mit seinen eigenen Wünschen? Keiner hatte es für nötig gehalten, ihn zu fragen. Er musste daran denken, was Tibby darüber gesagt hatte, Risiken einzugehen und sein eigenes Leben zu leben. Es dämmerte ihm, dass seine Eltern genau das getan hatten. Sie hatten ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um für etwas zu kämpfen, an das sie glaubten. Und so schlimm das auch für die gewesen war, die sie zurückgelassen hatten, so verstand Alistair inzwischen, dass sie für etwas gekämpft

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