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Die Entführung der Musik

Die Entführung der Musik

Titel: Die Entführung der Musik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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noch nie ver- sucht, mit Migräne zu bannsingen, und wußte nicht, ob er es konnte.
    Mudge hob den Bogen. »Vielleicht kann ich 'n paar von denen wegputzen.«
    »Sicher, wenn man ihnen mit etwas so Gewöhnlichem und Sterbli- chem wie einem einfachen Bogen beikommen kann.«
    Der Otter sah zu dem Gefährten auf und schnüffelte. »Nur zu, Kumpel, mach so weiter und entmutige mich.«
    Jon-Tom hätte geantwortet, doch eine Welle von Pseudo-Rock ließ ihn vor Schmerz zusammenzucken. Bei den Prinzessinnen zeigte sich eine ähnliche Wirkung, und sie stöhnten hinter ihm im Chor auf. So durch und durch abstoßend war die Musik, daß sie als ein körperlicher Schlag kam.
    Wie alle anderen sah auch Jon-Tom sich zur Lagune zurückge- drängt. Bald standen mehrere Prinzessinnen bis zu den Knöcheln im lauwarmen Meereswasser. Hinter dem Riff hörte er einzelne Wale verzweifelt brüllen. Nun mußte er endlich handeln. Die Zeit wurde knapp - und auch der Raum.
    Für einen Moment wurde die Musik leiser; ein abgerissener, wie der Klavierspieler Liberace gekleideter Betrunkener und ein fülliger Ex- Kopfjäger von Irian Jaya mit Fledermausflügeln, dem ein aus mensch- lichen Schädeln bestehendes Xylophon um den Hals hing, setzten Hinckel ehrfurchtsvoll auf der sandigen Kiesböschung ab, die die Fluthöhe markierte. Die Gitarre vor der Brust und die zerbeulte Mundharmonika von der Hand baumelnd, starrte er wie ein abgelehn- ter Statist aus dem billigsten Heavy Metal-Video der Welt auf sie hin- unter.
    »Ihr mögt Musik? Die sollt ihr haben! Ihr werdet sie bewundern, ja sogar lieben lernen.« Er hob den Blick zum Himmel. »Jeder wird mir zuhören! Oder die Folgen tragen.«
    »Wäre das nicht ein und dasselbe?« bemerkte Jon-Tom ruhig.
    »Ihr habt keine Wahl.« Hinckel setzte die Mundharmonika an die Lippen und blies einen einzigen Ton so falsch, daß man damit einen Pudding an die Wand hätte nageln können.
    Von seiner Meute von Versagern unterstützt, begann er noch einmal zu spielen und zu singen.
    Aus dem Haufen schutzsuchend aneinandergepreßter Prinzessinnen erhoben sich Schreie, und selbst der unerschütterliche Naike stieß ein Stöhnen aus. Jon-Tom bemühte sich verzweifelt um eine passende Erwiderung, doch allein schon die Lautstärke und Energie des grotes- ken Chors drohten ihm die Sinne zu verwirren.
    Mudge zielte und ließ den Pfeil schwirren. Er flog geradezu auf Hinckels Hals zu. In Träumereien von seiner eigenen Großartigkeit versunken, beachtete der Sänger ihn nicht. Seiner Kehle entstiegen schauerliche Klänge, Klänge, die an einen mit Hühnern beladenen Dampfzug erinnerten, der bei einer Geschwindigkeit von siebzig Mei- len die Stunde die Bremsen zieht.
    So schrecklich waren die vereinigten Schwingungen, daß der Schaft des Pfeils mitten im Flug zerfiel. Mehrere Fuß vor Hinckels Turn- schuhen trudelte die metallene Pfeilspitze harmlos zu Boden. Hinter sich vernahm Jon-Tom das Beben des Rettungsboots, dessen Nägel in Gefahr standen, von der Vibration aus den Planken getrieben zu wer- den. Der Sand auf dem Strand erzitterte, während das Wasser der La- gune aufgeregt hochpeitschte. Selbst die Krabben verließen ihre Höh- len und suchten, vor Eile über die eigenen Beine stolpernd, Rettung im tiefen Wasser.
    Ein Ausdruck der Hoffnungslosigkeit überlief das Gesicht des Ot- ters. Er legte den Bogen beiseite, zog das Schwert und bereitete sich auf einen selbstmörderischen Ausfall vor, der Jon-Tom eine genügend lange Atempause verschaffen sollte, um irgendeinen musikalischen Gegenschlag vorzubereiten.
    »Jon-Tom!« Ansibettes gequälter Jammerschrei erhob sich über das Getöse. »Mach, daß es aufhört!«
    Schon war Jon-Tom fast am Ende seiner musikalischen Erfindungs- kunst angelangt, da kam ihm ganz ungebeten ein Lied in den Sinn. Ja, damit könnte es klappen! Hier ein Wort verändern, da eine Zeile um- stellen ... Mit entschlossenem Gesichtsausdruck und die Duar fest im Griff, begann er zu spielen und zu singen.
    Dort, wo Meer und Sand aufeinanderstießen, bildete sich eine riesi- ge aufwallende Nebelwolke ... hinter ihm.
    Aufgeschreckt beeilten sich die verblüfften Prinzessinnen und Sol- daten, dem dünner werdenden Nebel zu entkommen. In dem schil- lernden Dunst verdichteten sich umrißhaft Gebilde von gigantischem Ausmaß. Das eine Gebilde, riesenhaft, grau und eiförmig, erglühte von einem laserhellen Licht. Zu seinen Seiten ragten zwei dunkle Klötze hoch zur Sonne empor. Jeder der rechtwinkligen

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