Die Entführung der Musik
Schilf und zwischen den Wasserpflanzen nach Muscheln und Flußkrebsen.
Schließlich kamen die Prinzessinnen nach und nach wieder an Bord. Mittels der Waren des Tamarins hatten sie bei der Wiederherstellung ihres ursprünglichen Aussehens große Fortschritte gemacht, wenn sich auch nicht sämtliche versehentlichen Kreationen des Bannsängers so leicht beseitigen ließen.
Als letzte kam, dankbar auf die hilfreich ausgestreckte Hand des Leutnants gestützt, Aleaukauna an Bord. Leise brummend erhoben sich die Soldaten und machten sich zum Aufbruch bereit.
»Für alle Beteiligten anscheinend eine glückliche Begegnung.« Der Leutnant bediente sich dem Händler gegenüber korrekter Formen.
Mit glänzenden Augen hockte Silimbar auf dem Kutschbock und nickte begeistert. »Ja, wahrhaftig.« Im hellen Morgenlicht wirkte die geisterhafte Phosphoreszenz des Sumpfgases und der eingespannten Salamander eher kränklich als bedrohlich.
»Nun, denn. Wenn Sie bereit sind, meine Damen, kommen Sie bitte wieder an Bord. Ich habe Ihnen Platz geschaffen, und Sie werden es durchaus bequem haben.«
»Es ist freundlich von Ihnen, uns Ihr Fahrzeug zum Transport anzu- bieten«, gab Ansibette dem Tamarin zur Antwort, »aber ich denke, zumindest bis Mashupro sollten wir auf unserem Boot hier zusam- menbleiben.« Ein schmales Band blau verspiegelter Steine zierte nun ihren Hals und nahm seinerseits den Sahneschimmer ihrer Haut auf.
»Ich fahre nicht nach Mashupro. Und Sie auch nicht.« Die Stimme des Tamarins war tiefer geworden. Um ihn her schien eine finstere Atmosphäre zu entstehen: Sumpfgas einer anderen Art.
»Sie können gleich als erste kommen.« Damit streckte er die Pfote nach Ansibette aus.
Der wesentlich kleinere Primate verblüffte sie eher, als daß sie sich geängstigt fühlte. »Warum sollte irgendeine von uns mit Ihnen fah- ren?«
»Aufgrund der Bedingungen des Schuldscheins, den Sie unter- schrieben haben, natürlich.« Er faßte hinter den Kutschbock, holte ei- nen Papierstoß hervor, der mit Kleingedrucktem übersät war und schwenkte ihn in ihre Richtung. In Jon-Toms Magengrube verbreitete sich ein Gefühl der Übelkeit, als hätte er eine lebende Elritze ver- schluckt. Oder zuviel Sumpfgas eingeatmet. Von dem tintenver- schmierten Siegel am unteren Rand des Papiers ging eine schwache Fluoreszenz aus, ähnlich wie bei der schleimigen Haut der Salaman- der. Sie entsprach dem unguten Licht, das nun in Silimbars Augen glühte.
»Ich fordere die Erfüllung des Dokuments, das jede von Ihnen un- terschrieben hat, und zwar hier und jetzt.« Mit der freien Hand winkte er sie erneut herbei. »Manche Gesetze sind universell.« Er raschelte mit den Seiten. »In jedem an das Farragleanmeer angrenzenden Land sind diese Papiere hier legal und bindend.«
»Wie können dass Schuldscheine ssein?« fragte Seshenshe verwun- dert. »Wir haben Ssie schon mit unsserem Gold und unsseren E- delssteinen bezzahlt.« Melodisch klimperten die Ohrringe in ihren Pinselohren. »Wir haben nur das Nötigsste behalten, um das Min- desstmaßß zu wahren.«
»Oh, Ihren Glitzerkram können Sie behalten. Klunker habe ich genug. Nein, Ihr Selbst will ich. Was ich fordere, sind Sie in Person.«
Wütend trat Pivver an die Reling. »Sie haben wohl aus diesem auf- geblasenen Sack Gas geschnüffelt. Keine von uns geht mit Ihnen ir- gendwohin.«
»und ich dachte, sie wären ein ehrlicher händler«, flüsterte eine ent- täuschte Quiquell.
»Ehrlich bin ich auch. Ehrlich bis auf die Haut.« Silimbar stapelte die Papiere ordentlich aufeinander. »Sie hätten gründlicher lesen sol- len, was Sie da unterschrieben haben. Sie sind nun alle für einen Zeit- raum von nicht weniger als drei und nicht mehr als zehn Jahren ver- traglich an mich gebunden, und zwar so, daß ich sie ganz nach mei- nem Belieben und Gutdünken einsetzen kann.«
Die Hand fest um den Schwertknauf gelegt und mit grimmiger Miene schob sich Naike zwischen die Prinzessinnen. »Kaufmann, ich schlage vor, Sie machen sich auf den Weg.«
»Dieser Silimbar ist nicht, was er zu sein scheint«, murmelte Jon- Tom.
»Ui, das is ja 'ne unglaubliche Erkenntnis.« Mudge bückte sich nach seinem Bogen. »Woran ‘ast du das nur erkannt, Kumpel?«
Silimbar war nun ganz und gar von dem unnatürlichen weißen Glanz umgeben. Geistertränen gleich war er ihm aus den Augen ge- flossen und hatte den ganzen Körper umhüllt, wie gasförmiges Latex tropfte er ihm von den Fingerspitzen, den Ohren, dem
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