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Die Entfuehrung der Wochentage

Die Entfuehrung der Wochentage

Titel: Die Entfuehrung der Wochentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Kleine
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Wörter über ihr Lippen. »Meinst du das?«
    »Tristan hat genug von dir.«

Konferenz
    Tom saß an seinem großen Schreibtisch, der aus schwerem Eichenholz gefertigt war, und grübelte über Sofia nach, die er seit vier Tagen ruhigstellen ließ. Ihr Wochentag war gekommen und er hatte sie nicht zu sich geholt. Die Mädchen begannen schon aufgeregt zu tuscheln, jedenfalls berichtete man ihm dies, das Gerücht, dass er sie töten lassen würde, ging um.
    Er lehnte sich seufzend zurück und verschränkte die Arme hinter dem Nacken und starrte auf das Foto, das auf dem Tisch stand. Es war ein schwarzweiß Foto einer jungen Frau, die er inzwischen sehr gut kannte, denn das Bild zeigte Sofia. Er hatte es damals von Rene bekommen, der die Journalistin und ihre Aktivitäten überwacht hatte. Vom ersten Augenblick an, hatte sie sein Jaginstinkt erweckt. Er wollte von Anfang an die stolze Stute besitzen und unterwerfen. Dass er damit auch gleich ihre Schnüffeleien beendete, war nur ein netter Nebeneffekt.
    Tom holte erneut tief Luft. Er hatte gewusst, dass es nicht leicht werden würde, sie zu zähmen, aber mit solchen Schwierigkeiten hatte er nicht gerechnet.
    Er warf dem Foto einen letzten, intensiven Blick zu, dann drückte er den silbernen Knopf der Sprechanlage und forderte im befehlenden Tonfall: »Der innere Kreis soll zu mir ins Büro kommen.«
    Eine männliche, quäkende Stimme antwortete: »Ja, Sir.«
    Die Grübeleien, zu denen sie ihn zwang, verwandelten sich langsam in stechende Kopfschmerzen. Er griff nach dem Wasserglas, das neben ihm stand und erhob sich. Mit sorgenvoller Miene trat er zu dem mannshohen Fenster und vertiefte sich in die bunte Fauna, die die Insel bot. Das Meeresrauschen erfüllte seine Ohren und schenkte ihm ein wenig Gelassenheit.
    Er musste, wie er es gewohnt war, nicht sehr lange auf das Eintreffen seiner engsten Vertrauten warten. Obwohl er der Herrscher der Insel war und niemand seine Autorität untergraben würde – sei denn er war lebensmüde – achtete er die Meinung seines inneren Kreises.
    Als erstes kam sein Halbbruder Samir herein, dicht gefolgt von seiner Frau Alexa, danach trotteten Rene und Tristan ins Zimmer.
    Nachdem sie sich alle eingefunden hatten und eine erwartungsvolle Stille eingetreten war, wandte er sich der kleinen Truppe zu. Sie waren ihm alle sehr ans Herz gewachsen und kamen einer Familie gleich, auch wenn sie sich in ihrem Stand und Funktion deutlich unterschieden. Er und Samir bildeten die Führungsspitze, während Alexa die Position einer Finanzministerin innehatte. Sein Bruder hatte die dunkelhaarige, zierliche Frau vor ungefähr zehn Jahren als Sklavin gekauft, sich aber schnell in sie verliebt und geheiratet. Seither war sie eine „Freie“. Tom schätzte sowohl ihre angenehme Art als auch ihren rabenschwarzen Humor, sodass er, sobald sein Terminkalender es zuließ, viel Zeit mit ihr verbrachte.
    Sein Blick wanderte zu Rene weiter. Der junge Mann war auf der Insel geboren worden und der Sohn eines Sklaven und einer Freien. Seine Aufstiegschancen waren aufgrund seiner Herkunft bescheiden gewesen, aber wie es der Zufall wollte, hatte er Toms Aufmerksamkeit erregt. Rene war damals in einen Streit mit einem bedeutenden Herrn verwickelt gewesen. Aber bevor man den Halbsklaven in den Kerker werfen konnte, begnadigte Tom ihn und ließ ihn auf sein Anwesen bringen, wo er bald seine Talente als Spion und guter Kämpfer unter Beweis stellte.
    Toms Augen blieben zuletzt an Tristan hängen - seinem heimlichen Sorgenkind. Er mochte den jungen Sklaven, denn dieser hatte all die heimlichen Loyalitätstests mit Bravour bestanden und ihn auch nicht verraten, als ein vermeintlicher Spitzel ihm viel Geld angeboten hatte. Tom van Darkson prüfte die Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung genau, diese Vorsicht wirkte sich wohltuend lebensverlängernd aus. Aber die Sorge, die er bezüglich Tristan hegte, war auch nicht seiner Treue geschuldet, sondern seiner ausgesprochenen Sensibilität, die ihn eigentlich untauglich für dieses Geschäft machte. Zu oft betäubte er sich mit Drogen und Alkohol - und genau dieser Umstand beunruhigte Tom. Denn ihm waren die Süchte seines Sklaven nicht entgangen, seit der letzten Strafe, ließ er ihn nur unauffällig beobachten, aber griff nicht ein, und dass, obwohl in seinem Anwesen ein strenges Suchtmittelverbot galt, damit wollte er die Gefahr von Korruption und Bestechlichkeit minimieren, denn Sucht machte bekanntermaßen empfänglich

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