Die Entführung in der Mondscheingasse
lag, enthielt außerdem Handwerkszeug.
Vieles, aber nicht alles, was der Heimwerker braucht: Hammer, Schlichthobel,
einen Satz Gabelschlüssel, Schraubenzieher, Bügelsäge, Dreher für
Kreuzschlitzschrauben, Säge- und Holzraspel, Schraubstock, Schruppfeile,
Kneif-, Kombi- und Eckrohrzange, die elektrische Bohrmaschine, Stahlsäge,
Körner und Fuchsschwanz.
Inmitten dieses Tohuwabohus (Durcheinander) lag auch der Schlüssel. Wohlweislich. War er dort doch so unauffällig wie eine
Briefmarke in der Post.
„Nein!“ kaute er durch den
Pflaumenmusgeschmack auf seiner Zunge. „Sie werden ihn nicht beachten. Und
sobald die Luft rein ist, hole ich ihn mir.“
9. Der Schlüssel im Werkzeugfach
Die Kripo-Beamten waren zu viert — unter
Glockners Leitung. Seit dem Morgengrauen filzten sie Uckmanns Apartment. Frau
Dießen, die Hausverwalterin, hatte ihnen die Tür geöffnet. Es ließ sich nicht
umgehen, die Frau einzuweihen. Ihr klapperten die Zähne, als sie erfuhr, was
der Biedermann Uckmann in aller Heimlichkeit trieb. Glockner vergatterte sie
zum Stillschweigen, was sie hoch und heilig versprach.
„Nicht so nah ans Fenster, Jansen!“
Neben dem Besenschrank öffnete der
Kommissar eine Schublade. Sie widerstand, als wäre sie festgenagelt. Das lag am
Gewicht des Inhalts. Die Lade enthielt Handwerkszeug.
„Hier sind wir doch hoch“, meinte
Jansen, machte aber ein schuldbewußtes Gesicht und wich vom Küchenfenster
zurück.
„Uckmann scheint ein Profi zu sein“,
sagte Glockner. „Bis jetzt ist er nicht aufgetaucht. Das verrät seine Vorsicht.
Als alter Fuchs wird er erst seinen Bau umkreisen, bevor er sich hineinwagt.
Wenn er Sie am Fenster entdeckt, nehmen wir ihn nie fest.“
Die beiden anderen Kollegen
durchwühlten den Wohnraum, hatten aber noch nichts von Bedeutung gefunden.
Jansen trat neben Glockner.
„Braucht der das für krumme Dinger“, er
wies auf die Heimwerkergeräte, „oder ist das sein Hobby?“
„Wenn er handwerkert, hat er sich
vielleicht Verstecke angelegt“, meinte Glockner. „Verlieren wir das nicht aus
dem Auge. Allerdings sind die besten Verstecke immer noch die, wo keiner sucht.
Wie hier.“
Er nahm die elektrische Bohrmaschine
heraus.
„In dem Kästchen mit den Nägeln ließe
sich auch eine Handvoll Diamanten verstecken.“
Er schob ein paar Geräte hin und her.
Unter der Eckrohrzange lag ein länglicher Schlüssel.
Glockner starrte ihn an, als entdecke
er einen langvermißten Jugendfreund.
„Jansen!“ flüsterte er. „Wissen Sie,
was das ist?“
Jansen hielt es für einen Schlüssel,
was aber zu offensichtlich war, um Glockners Begeisterung zu rechtfertigen.
Deshalb schüttelte er den Kopf.
Glockner nahm den Schlüssel in die
Hand, musterte den Bart und suchte — vergeblich — nach einem eingeprägten
Hinweis.
„Das ist er, Jansen! Der Schlüssel zu
dem Beute-Schließfach. Uckmanns Hälfte an der Beute. Ich laß mir die Stirn
tätowieren, wenn ich mich irre. Nein, ich irre mich nicht.“
Jansen pfiff drei Takte eines
Evergreens (Schlager, der sich lange hält), und die Kollegen aus dem
Wohnraum wurden aufmerksam.
Alle begutachteten den Schlüssel. Alle
schlossen sich Glockners Meinung an. Leider verriet der Metallzapfen nicht, wo
man ihn anwenden konnte. Die Bank mit dem zugehörigen Schließfach konnte sich
in Spanien befinden, aber auch in Finnland oder Liechtenstein.
„Glaube nicht, daß sich das feststellen
läßt“, meinte Glockner. „Aber das ist auch gar nicht nötig. Denn jetzt haben
wir den Fisch am Haken. Uckmann muß sich den Schlüssel holen, sonst läuft
nichts mit der Beute — nach Neschkes Entlassung aus dem Knast. Das hat zwar
noch Zeit. Aber wenn er seiner Wohnung hier fernbleibt, geht mit höchster
Wahrscheinlichkeit auch der Schlüssel verloren. Es ist eine Mietwohnung. Von
Frau Dießen wissen wir, daß sie bis einschließlich Juni bezahlt ist. Aber dann
wird sie entrümpelt und weitervermietet, falls Uckmann nicht auftaucht.“
„Irre“, sagte einer der Beamten. „Und
was machen wir?“
„Den hier nehmen wir mit. Unters
Werkzeug legen wir einen Schlüssel, der dem Original zum Verwechseln ähnelt,
aber anders gezackt ist — und damit völlig wertlos fürs Beute-Schließfach. Zwei
Mann von uns bleiben ständig hier in der Wohnung. Ein dritter bezieht Posten
vor dem Haus oder in unmittelbarer Nähe. Dann brauchen wir nur noch zu warten.“
„Rechnen Sie damit, daß er uns
austrickst?“ fragte Jansen.
„Sie meinen,
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