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Die Entführung in der Mondscheingasse

Die Entführung in der Mondscheingasse

Titel: Die Entführung in der Mondscheingasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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weil wir den ungleichen
Zwilling des Schlüssels hier hinterlegen?“ Glockner lächelte. „Wenn Uckmann
nicht selbst kommt, sondern jemanden schickt, kann unsere Falle nicht
zuschnappen. Dieser Jemand kann harmlos sein. Er wird uns — ohne sein Wissen — zu
Uckmann führen. Aber das klappt nur, wenn er den vermeintlichen Schlüssel in
die Hand kriegt.“
    Die drei schmunzelten.
    „Typisch Kommissar Glockner — wird es
in der Presse heißen“, meinte einer der jüngeren Beamten.
    Gabys Vater schüttelte den Kopf. „Die
Presse erfährt kein Wort. Es wäre idiotisch, Uckmann abzuschrecken. Erst wenn
wir ihn dingfest haben, geben wir eine Meldung an die Zeitungen.“
    „Und der Mordanschlag im Enge-Tal?“
fragte Jansen erstaunt.
    „Ich würde ihn unter den Teppich kehren
— vorläufig. Aber das ist leider nicht mehr drin. Zu viele wissen Bescheid.
Trotzdem werde ich verhindern, daß der Name Uckmann genannt wird. Von einem
unbekannten Täter, der sich als Heyse eingetragen hat, wird die Rede sein. Das
genügt. Vielleicht trägt es dazu bei, Uckmann zu verwirren.“
    Er schob den Schlüssel in eine kleine
Zellophantüte und steckte sie ein.
     
    *
     
    Während der Rückfahrt waren sie in
einen Stau geraten. Das kostete Zeit. Aber schließlich hatten sie ,ihre’ Stadt erreicht, und Kommissar Glockner lieferte
die Jungs ordnungsgemäß ab, bevor er mit Gaby heimfuhr.
    Jetzt war heller Vormittag. Im
ADLERNEST, der engen Internatsbude, die sich Tarzan und Klößchen teilten,
wurden Bäume zersägt. Das besorgte Klößchen allein.
    Tarzan war eben erwacht, aber noch
schlaftrunken. Er sah zum Fenster hinaus und wunderte sich, wo denn die
mächtigen Dreitausender, die Bergriesen, geblieben waren. Dann schaltete sein
Gehirn auf ,flash !’ (Erleuchtung), und er war voll drin in der Erkenntnis, daß sie sich wieder in
ihrer Internats-Schule befanden.
    Er stand auf, sah zur Uhr, hörte die
tausenderlei Geräusche im Haus, das Geschirrscheppern im Speisesaal und das
Tschilpen der Spatzen.
    Er lief in den Waschsaal, den er jetzt
für sich allein hatte, duschte, unternahm — während er sich anzog — mehrere
vergebliche Versuche, Klößchen zu wecken, und resignierte (aufgeben) schließlich.
    Auf einen Zettel schrieb er: BIN BEI
GABY
    Den Zettel legte er Klößchen aufs
Gesicht, was den aber nicht störte.
    Üppige Lunchpakete hatten ihre
Rückreise begleitet. Tarzan war noch satt. Im Speisesaal hingen ein paar
Mitschüler herum, die nicht wußten, was sie mit dem Sonntagvormittag anfangen
sollten. Auch das gibt’s. Tee gab’s leider nicht mehr. Aber in der Küche, wo
Tarzan enorm beliebt ist, versorgte ihn die Hauptköchin mit einem großen Becher
Milchkaffee.
    Er verbrühte sich die Oberlippe,
schwieg aber mannhaft, nahm noch etwas mehr von der kalten Milch, dankte und
startete dann zum Abflug, der ihn zunächst — auf den Sohlen seiner Turnschuhe —
zum Fahrradkeller führte. Mit seinem rennmäßigen Drahtesel düste er alsbald zur
Stadt.
    Über den Feldern kochte die Luft.
Mückenschwärme tanzten. Auf der Zubringer-Straße hatte ein
Stallmiststreuer-Fahrzeug die Hälfte seiner Ladung verloren. Das roch ländlich.
    Tarzan mußte durch, ob er wollte oder
nicht. Er zog die Füße an. Die dünnen Rennradreifen färbten sich braun.
    In der Stadt ging es ruhig zu. Er
strampelte zum Altstadtviertel. Daß seine Freundin vielleicht noch schlief, kam
ihm nicht in den Sinn. Vor Frau Glockners Geschäft stellte er sein Rad ab,
natürlich gesichert. In der ersten Etage wurde ein Fenster geöffnet. Margot Glockner
ließ frische Luft in den Wohnraum.
    „Hallo, Tarzan“, erwiderte sie seinen
Gruß. „Gaby liegt noch im Bett. Aber das macht nichts. Komm hoch!“
    „Störe ich auch nicht?“ rief er, meinte
aber die Frage nicht ernst, sondern sauste bereits ins Haus, ohne die Antwort
abzuwarten.
    Oskar, sein Liebling, kam ihm auf der
Treppe entgegen. Sein Stummelschwanz wedelte so heftig, daß die ganze hintere
Hälfte des treuen Vierbeiners in Bewegung war. Vor Freude und Aufregung gab er
tenorhelle Schluchzer von sich. Und natürlich sprang er, entgegen seiner guten
Erziehung, an Tarzan hoch, bis der ihn auf den Arm nahm.
    Frau Glockner stand an der Wohnungstür.
Sie hatte feuchte Augen. Ehe sich Tarzan versah, wurde er — samt Oskar — umarmt.
Gabys Mutter drückte beide an sich, meinte aber in erster Linie Tarzan, dem die
mütterliche Geste bis in die tiefste Schicht seiner Seele Wohltat.
    „Ich muß dir danken“,

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