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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grippando
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dichten Gedränge. Langsam wurden die Hintergrundgeräusche ausgeblendet. Ein Reporter hatte es offensichtlich geschafft, dem Kandidaten ein Mikrofon direkt vors Gesicht zu halten. Als Howe sprach, konnte er seinen Ärger nur mit Mühe beherrschen.
    »Zur Zeit kann ich noch keine Erklärung abgeben«, sagte Howe. »Jedoch möchte ich der Familie des Jugendlichen, der bei der Schießerei heute Morgen getötet wurde, mein Mitgefühl ausdrücken. Ich habe keine Ahnung, was unsere suspendierte Justizministerin erreichen wollte. Ich kann nur hoffen, dass ihre unüberlegten und unverantwortlichen Handlungen nicht zum Verlust von noch mehr Menschenleben führen werden. Danke«, rief er über die anschließenden Fragen hinweg. »Im Laufe des Tages werde ich noch Stellung nehmen.«
    Der Sprecher war jetzt im Radio zu hören, aber Tanyas Aufmerksamkeit wandte sich der Meute zu, die die Auffahrt blockierte. Der Wagen bahnte sich den Weg wie ein Keil, der die Menge in zwei Lager teilte. Das Garagentor öffnete sich. Der Wagen rollte hinein, und das Tor schloss sich wieder hinter ihnen. Tanya sprang vom Rücksitz und rannte zur Küchentür, um den Fernseher anzuschalten. Ihre Mutter wartete am Küchentisch. Einer der FBI-Agenten saß ihr gegenüber. Im Fernseher auf der Anrichte lief die CNN-Berichterstattung über das U-Bahn-Debakel. Der Ton war so leise gestellt, dass fast nichts zu hören war, als könnte ihre Mutter es zwar ertragen, hinzusehen, nicht aber zuzuhören.
    Weder Natalie noch der Agent sagten etwas. Der mürrische Blick ihrer Mutter lenkte Tanyas Aufmerksamkeit auf einen großen braunen Briefumschlag, der auf dem Tisch lag.
    »Was ist das?« fragte Tanya.
    »Das ist mit einem Kurier gekommen, während du weg warst«, sagte Natalie.
    »Und von wem ist es?«
    »Ist nicht ersichtlich.«
    »Und was ist drin?«
    »Ich habe den Brief nicht geöffnet. Er ist an dich adressiert.
    »Wir haben den Umschlag mit ins Außendienstbüro genommen und im Labor und von den Spürhunden überprüfen lassen. Kein Gift oder Sprengstoff. Wir haben ihn zurückgebracht, damit Sie ihn öffnen können.«
    Tanya wollte gerade ihren Mantel ausziehen, als ihr einfiel, dass sie noch den Badeanzug anhatte. Sie behielt den Mantel an und setzte sich neben ihre Mutter dem Agenten gegenüber an den Tisch. Sie langte nach dem Umschlag, aber der Agent hielt sie auf.
    »Lassen Sie mich ihn öffnen«, sagte er. »Wenn er Fingerabdrücke oder andere physische Beweisstücke enthält, sollen sie nicht verwischt werden.«
    Tanya nickte einwilligend.
    Der Agent zog ein Paar dünne Latexhandschuhe an. Vorsichtig schnitt er den Umschlag am unteren Ende auf und nicht am oberen, um keine Speichelspuren zu zerstören, die der Absender eventuell hinterlassen hatte, falls er die Lasche mit der Zunge befeuchtet und zugeklebt hatte. Mit einer großen Pinzette brachte er ein flaches Stück Pappkarton von der Größe eines Notizblocks zum Vorschein. Er hielt es an der Kante fest, ohne die Oberfläche zu berühren, so wie ein Künstler ein noch feuchtes Meisterwerk halten würde.
    Der Agent hielt die Luft an.
    Als Tanya seine Reaktion sah, fing sie an zu zittern. Er hielt den Karton senkrecht in Augenhöhe. Sie konnte die Rückseite sehen, während er die Vorderseite überprüfte. Sie erschauerte bei der mit blauer Tinte gekritzelten Botschaft: »Diesmal noch Schweineblut. Das nächste Mal ist es das von Kristen. Halten Sie das FBI aus dieser Sache heraus.«
    Der Agent ließ den Karton sinken und sah Tanya direkt an. »Es ist ein Foto«, sagte er. »Es ist Kristen. Ich glaube nicht, dass Sie es sich ansehen sollten.
    »Es ist kein wirkliches Blut«, sagte Tanya. »Lesen Sie die Mitteilung auf der Rückseite.«
    Der Agent drehte den Karton so um, dass Tanya das Foto nicht sehen konnte. Er betrachtete noch mal die Vorderseite und studierte das Foto genauer. Er schien erleichtert, blieb jedoch bei seiner Meinung. »Ich denke nach wie vor, dass Sie das hier nicht sehen sollten. Das ist der reine Psychoterror.«
    Tanya zitterte. »Meinen Sie die Mitteilung oder das Foto?«
    »Der Absender ist offensichtlich davon ausgegangen, dass Sie zuerst das Foto sehen und dann erst die Botschaft lesen würden. Er ist ein verdammt abgebrühter und berechnender Hurensohn.«
    »Ist Kristen gesund?«
    »Ich glaube schon«, sagte der Agent. »Die Botschaft deutet daraufhin. Aber das Foto wurde offensichtlich so in Szene gesetzt, dass Sie etwas anderes annehmen müssen.«
    »Zeigen Sie es

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