Die Entfuehrung
dass es zwischen beiden Fällen eine Verbindung gibt, stützen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kristen sich hat überlisten lassen«, sagte Tanya.
»Haben Sie sie vor Fremden gewarnt und vor deren Tricks?«
»Selbstverständlich. Welche Mutter täte das nicht in diesen Zeiten? Es gibt natürlich Dinge, die kann man niemand beibringen. Aber Kristen hat gute Instinkte. Sie ist ein kluges Mädchen.«
»Entführer können clever sein. Viele kluge Kinder werden entführt.«
Sie schüttelte den Kopf und lächelte traurig. »Ich werde Ihnen erzählen, wie Kristen war. Als sie vier Jahre alt war, kam sie von ihrer ersten Bibelstunde nach Hause und hat mir erzählt, sie hätte alles über Adam und Eva gelernt. Es war so rührend, wie sie davon erzählt hat. Sie lebten in einem schönen Garten und hatten alles, was sie brauchten, aber Gott verbot ihnen, von diesem einen Apfelbaum zu essen. Dann, eines Tages, sagte eine große Schlange in dem Apfelbaum zu Eva, sie sollte den Apfel essen. Das hat sie dann getan. Und Adam ebenso. Das machte Gott so wütend, dass er ihnen sagte, sie sollten losgehen und ihren eigenen Garten suchen. Nun, Kristen , habe ich sie gefragt, was ist die Moral von dieser Geschichte? Sie dachte einen Moment nach, dann sah sie mich mit diesen klugen Augen an. Mami , gab sie zur Antwort, rede nie mit Schlangen. «
Harley lächelte.
Tanyas Miene hellte sich auf, während sie sich erinnerte. Aber die Besorgnis kehrte sogleich zurück. »Eines kann ich Ihnen versichern: Kristen hat nie mit Schlangen geredet. Diese Monster können meine Kristen nur auf die gleiche Weise gekriegt haben wie Ms. Leahys Tochter. Mit Gewalt.«
»Ich danke Ihnen. Das ist außerordentlich hilfreich.«
Sie wandte den Blick ab, dann stand sie auf und reichte den beiden Agenten die Mäntel. » Sie sollten jetzt besser gehen.«
Harley und seine Mitarbeiterin erhoben sich und folgten ihr in die Diele. Dort blieben sie zögernd stehen. »Ich wünschte, Sie würden Ihre Entscheidung noch einmal überdenken und mir gestatten, meine Agenten wieder hierher zu schicken. Wir müssen hier eine Vertrauensbasis herstellen. «
»Mr. Abrams, ich bin eine schwarze Frau, und ich bin in den Südstaaten geboren und aufgewachsen. Als ich das erste Mal vom FBI gehört habe, war das für mich gleichbedeutend mit staatlich abgehörten Telefonen bei schwarzen Bürgerrechtlern. Da muss noch sehr viel passieren, bis das FBI in mein Wohnzimmer spazieren kann in der Erwartung, dass ich ihm vertraue.« Sie öffnete die Tür, um Harley zu verabschieden.
Er ließ seiner Mitarbeiterin den Vortritt und blieb auf der Türschwelle stehen. »Ich kann nicht alles rechtfertigen, was das FBI in den schlechten alten Tagen unter J. Edgar Hoover getrieben hat. Aber eins möchte ich Ihnen noch sagen. Die Entführer werden in jedem Fall mit Ihnen Kontakt aufnehmen. Wie Kristen sagen würde, Sie werden mit Schlangen reden. Und wenn es soweit ist, werden Sie sich wünschen, das FBI an Ihrer Seite zu haben.« Er sah sie noch einmal sehr nachdenklich an, wandte sich dann ab und ging zum Auto.
Nach einer unruhigen Nacht wachte Allison zu spät auf, um noch rechtzeitig bei der auf 9:00 Uhr angesetzten Sitzung zur Wahlkampfstrategie zu erscheinen. Seit der Entführung am Dienstagabend war dies die erste Gelegenheit, mit ihren führenden Strategen zusammenzukommen. Sie war zwanzig Minuten zu spät, als sie das nationale Hauptquartier ihrer Wahlkampforganisation in der South Capitol Street erreichte.
Mit Genugtuung sah sie, dass das große Transparent mit dem Slogan: »Leahy for President« immer noch gegenüber der spießigen Anwaltskanzlei prangte, derselben Kanzlei, in der ein Vierteljahrhundert zuvor ihre Bewerbung abgelehnt worden war. Das dreißigminütige Einstellungsgespräch mit einem Mann, der sich etwas auf seinen Abschluss an der Universität von Yale einbildete, hatte ihr unmissverständlich klargemacht, dass sie keine Chance hatte, den Job zu bekommen. Erstens war sie eine Frau, und zweitens hatte sie ihren Abschluss auf einer staatlichen Uni gemacht, und damit war sie sehr weit weg von der Elite. Seine pflichtschuldige Einladung zum Mittagessen war ihr wie ein Trostpreis für das unbedarfte Mädchen aus der Kleinstadt vorgekommen. Sie hatte abgelehnt und stattdessen ihren besten Lieschen-Müller-Akzent aufgelegt: »Mister, viel lieber würde ich mal mit der U-Bahn fahren.« Der Trottel hatte ihr tatsächlich einen Dollar in die Hand gedrückt und ihr
Weitere Kostenlose Bücher