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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grippando
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erklärt, wo die nächste Metro-Station war. Sie hatte den Rest des Tages verträumt im Präsidentensaal der National Portrait Gallery verbracht.
    Allison ließ ihren Begleiter vom Secret Service am Eingang zurück und eilte ins Gebäude.
    »Morgen, Ms. Leahy«, sagte die junge Frau am Fotokopierer. »Sie werden schon in der Kommandozentrale erwartet.«
    »Danke«, sagte Allison freundlich und eilte den Flur hinunter zum großen Konferenzraum. Sie blieb vor der geschlossenen Tür stehen, wo sie einige Wortfetzen ihres Strategen David Wilcox aufschnappen konnte.
    »Es ist mir scheißegal, wie Allison sich dabei fühlt«, sagte Wilcox.
    Allison blieb draußen stehen und lauschte.
    »Tatsache ist«, fuhr er fort, »dass Kristen Howes Entführung die Wahl entscheiden wird. Zuerst hat der Sympathiefaktor Howe in Führung gebracht. Dann haben die wunderbaren Tränenfotos des Generals uns einen Schub gegeben. Nun hat seine Kriegserklärung an die Kriminellen ihn wieder in Führung gebracht. Es ist nicht die Frage, ob wir die Entführung politisieren, sondern wie wir das tun.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, ließ sich ein Einwand vernehmen. Allison erkannte den vornehmen Südstaatenakzent des Bewerbers für das Amt des Vizepräsidenten, Gouverneur Helmers.
    »Nach dieser Rede gestern Abend«, sagte Helmers, »glaube ich ehrlich, dass dieses Mädchen die längste Zeit gelebt hat. Ich bleibe nach wie vor bei meiner Wahlkampfroute, und dasselbe würde ich Allison auch raten. Ihre Erklärung auf der Pressekonferenz, ihren Wahlkampf auszusetzen und sich voll auf die Entführung zu konzentrieren, war der falsche Schachzug. Sie muss sich so weit wie möglich aus den Ermittlungen heraushalten. Soll sich doch der Gestank über Howe und das FBI ausbreiten, wenn sie die Leiche des Mädchens aus dem Potomac fischen.«
    »Wir können uns jetzt nicht zurückhalten und warten, bis das passiert«, sagte eine andere Stimme. Es war Allisons Medienberater. »Was ist, wenn das Mädchen noch lebt?
    Mann, dachte Allison, die immer noch draußen stand, das wäre ja ein Pech.
    »Sie lebt auf keinen Fall mehr«, sagte ein anderer. »Ich wette, dass sie längst tot ist.«
    »Also gut«, war Wilcox wieder zu vernehmen. »Nehmen wir einmal den schlimmsten Fall an. Sie ist tot, aber wir finden das erst nach der Wahl heraus. Was dann?«
    »Was meinen Sie damit: was dann?« antwortete Gouverneur Helmers. »Dann ist es zu spät. Dann sind die Wahlen gelaufen.«
    »Darum geht's ja«, sagte Wilcox. »Wir müssen vorher was unternehmen.«
    »Und was schlagen Sie vor?«
    Schweigen. Allison drückte sich näher an die Tür, um die Antwort hören zu können. Wieder war Wilcox' Stimme zu hören.
    »Wir sollten über die Tochter der Justizministerin reden. Wir sollten die tapfere Art und Weise, mit der Allison die Entführung ihrer eigenen Tochter gemeistert hat, in Szene setzen. Wie sie ihr eigenes Leiden umgewandelt hat in einen landesweiten Kreuzzug für eine stärkere öffentliche Beachtung der Gefahren, die Kindern drohen. Die Gesetze, für die sie gekämpft hat. Alles, was sie geleistet hat für das Nationale Zentrum für vermisste und missbrauchte Kinder und für die Vereinigung für die Kinder Amerikas.«
    Helmers wandte ein: »Sie wird davon nicht gerade begeistert sein.« »Anders geht's nicht.«
    »Ich will es anders ausdrücken: Sie wird das nicht mitmachen.«
    »Also gut«, antwortete Wilcox, »vergesst es. Es ist klar, dass es nichts bringt, lediglich ihren hervorragenden Lebenslauf herunterzubeten. Die einzige Möglichkeit, Howes Vorsprung einzuholen, besteht darin, den Verlust von Allisons Tochter gegenüber der amerikanischen Öffentlichkeit zu personalisieren.«
    »Was meinen Sie mit personalisieren ?«
    »Die Geschichte wieder aufleben lassen. Die Menschen sollen wissen, was Allison durchgemacht hat.«
    »Vergessen Sie es, David.«
    »Ich spreche von subtileren Methoden. Ich weiß nicht«, sagte er heiter, »aber vielleicht sollte man ein altes Foto ihrer Tochter aus dem Archiv besorgen und Milchtüten damit bedrucken lassen.«
    Helmers gluckste. »Oho, das ist allerdings subtil. Wo wir schon mal gerade dabei sind, wie wär's mit einem neuen Wahlkampfslogan? Allison Leahy - die Präsidentin mit dem scharlachroten Buchstaben. Nicht E wie Ehebruch. Sondern E wie Entführung.«
    Lautes Gelächter war die Antwort. Allison öffnete die Tür zum Konferenzraum und stand auf der Schwelle. Das Gelächter brach auf der Stelle ab.
    »Ein netter,

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