Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grippando
Vom Netzwerk:
irgendwann Kinder hätte, er vielleicht schon tot wäre und sie ihn nie kennenlernen würden. Deshalb habe ich für seine künftigen Enkel ein Gespräch mit ihm auf Video aufgenommen, in dem ich ihn über seine Familie und seine ganze Lebensgeschichte befragt habe. Über die Erinnerungen aus achtzig Jahren.«
    »Das war eine großartige Idee.«
    »Das finde ich auch, obwohl meinem Vater diese ganze Filmerei nicht besonders gepasst hat. Der interessanteste Teil kam zum Schluss. Das Gespräch hatte ziemlichen Schwung, und wir wurden sogar philosophisch, diskutierten die Frage, wer der größte Herrscher in der Geschichte gewesen sei, und solche Dinge. Aus heiterem Himmel stellte ich ihm eine abschließende Frage: Was glaubst du, worin heute die größte Gefahr für die zivilisierte Gesellschaft besteht? Er ließ sich sehr viel Zeit mit der Antwort. Die ganze Zeit, während das Band lief, herrschte Schweigen. Schließlich sah er direkt in die Kamera und sagte: Videobänder .«
    Allison lächelte ihn an. »Ich glaube, ich hätte Ihren Vater gemocht.«
    Harley erwiderte ihr Lächeln, wurde aber wieder ernst. »Tatsächlich bin ich ihm sehr ähnlich.«
    Schweigend sahen sie sich lange an, vielleicht ein bisschen länger, als ihnen lieb war, aber es war nicht peinlich. Kein bisschen.
    Allison wandte ihren Blick langsam ab und betrachtete wieder die Wolken.
    Das Flugzeug landete in Nashville am späten Freitagabend. Wie vorher abgesprochen, fuhr Allison in einem Bucar des FBI nach Brentwood, einem besseren Viertel von Nashville
    Harley Abrams und zwei weitere Agenten begleiteten sie in dem unauffälligen Fahrzeug. Man verzichtete auf eine Motorradeskorte, um die Medien nicht auf die Ankunft der Justizministerin aufmerksam zu machen.
    Tanya Howe fuhr alleine in ihrem eigenen Wagen nach Brentwood. Harley persönlich hatte sie angerufen, um ihr von der Forderung der Entführer an Allison zu berichten. Sie hatte einem Treffen zugestimmt, und sie waren sich einig, dass es an einem geheimen Ort stattfinden sollte, weit weg von ihrem Haus. Niemand konnte vorhersehen, wie die Entführer reagieren würden, wenn sie erführen, dass Tanya sich mit der Justizministerin traf. Keiner wusste, welche Spekulationen die Medien über ein Treffen unter vier Augen zwischen Allison und Tanya Howe in die Welt setzen würden. Die Medien hatten sich um Tanyas Haus herum auf Dauer eingerichtet, und somit gab es keinen sicheren Weg, Allison hineinzubringen, ohne dass die Welt davon erführe. Tanyas Bedenken galten jedoch nicht in erster Linie dem Rest der Welt, sondern ihren Eltern. Sie fürchtete ihre Reaktion - vor allem die ihres Vaters - auf ein Treffen mit der gegnerischen Kandidatin. Sie erzählte ihrer Mutter, sie hätte sich mit einer Freundin verabredet, um einfach mal rauszukommen.
    Allisons Bucar fuhr über Zweige und Blätter, als sie die lange Auffahrt zum Haus von Sofia Johnson hinauf rollten. Versteckt hinter Bäumen, von denen das Laub schon abgefallen war, lag ein kleines, zweistöckiges Haus im Tudor-Stil mit einem Dach aus Holzschindeln und einem gemauerten Kamin, aus dem graue Rauchkringel aufstiegen. Der Geruch von verbranntem Eichenholz lag in der kühlen Nachtluft. Eine Lampe beleuchtete die Veranda, und die Garage war offen. Der Fahrer lenkte den Wagen hinein und stellte den Motor ab. Das Tor schloss sich automatisch. Nachdem sie sich kurz vorgestellt hatten, geleitete Sofia ihre Gäste durch eine Verbindungstür zwischen Garage und Küche ins Haus.
    Fünf Minuten später kam ein weißer Chrysler die Auffahrt herauf. Es war Tanya zwar nicht gelungen, die Medienmeute vollständig abzuhängen, aber das spielte keine Rolle. Sofia Johnson war tatsächlich eine Freundin von ihr, und niemand außer Tanya wusste, dass die Justizministerin im Haus war.
    Sie parkte in der Auffahrt. Sofia begrüßte sie an der Eingangstür. Harley stellte die beiden anderen Agenten vor, dann geleitete Sofia sie nach oben in ein kleines Wohnzimmer. Die Agenten warteten unten.
    »Ich finde das wirklich sehr nett von dir«, sagte Tanya zu ihrer Freundin, als sie die enge Treppe hinaufgingen.
    »Kein Problem«, sagte Sofia. »Es ist ja nicht so, dass ich dem Feind Unterschlupf gewähre. Ich hatte ohnehin nicht vor, deinen Vater zu wählen.«
    Tanya rang sich ein schwaches Lächeln ab, sie verstand den kleinen Scherz. Am Treppenabsatz nahmen sie sich noch einmal in die Arme, dann ging Tanya allein den Flur entlang.
    Allison trommelte nervös mit den Fingern

Weitere Kostenlose Bücher