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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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schließlich auch eine Verantwortung für meine Tochter. Eine Verantwortung, die er in all den Jahren vernachlässigt hatte, in denen sein Job immer vorrangig gewesen war. Er würde sein Kind nicht zum zweitenmal im Stich lassen.
    Julia hatte sich ebenfalls Urlaub genommen und verbrachte ein paar Tage bei ihren Eltern in Surrey. Er wußte sie gut aufgehoben und machte sich daher keine Sorgen um sie. Ein wenig eigenartig fand er zwar, daß sie gerade jetzt so unbekümmert dem Büro fernblieb, er fragte aber nicht weiter nach. Julia mußte wissen, was sie tat. Er mischte sich in ihre Angelegenheiten nicht ein, solange sie sich nicht in Gefahr begab. Überhaupt ließ sie sich nur ungern etwas sagen. Für ihn war jetzt das wichtigste, daß sie nicht alleine war und daß er sich mit seiner Rückkehr Zeit lassen konnte. Er hatte Julia seinen ganzen Kummer anvertraut – die Sorgen, die er sich um Lucy machte, die Trauer, die er wegen des toten Babys empfand. In diesem Zustand konnte Julia ihm nicht damit kommen, daß sie beide ihren Job verloren hatten. Dafür war auch später noch Zeit. Zuerst mußte Ben seine persönlichen Schwierigkeiten bewältigen und die Schuldgefühle abstreifen, die ihn immer noch zu belasten schienen. Seine Betroffenheit machte ihn für sie nur noch liebenswerter.
    »Darling«, sagte sie ihm. »Bring Lucy mit zu uns. Platz haben wir genug, und vielleicht können wir sogar ein paar Tage zusammen verreisen. Dir täte das auch gut.« Protestierend wies er darauf hin, daß er sich bald wieder im Büro blicken lassen mußte. Julia aber entgegnete leichthin, daß er sich darüber erst den Kopf zerbrechen solle, wenn er wieder zurück in London sei.
    »In Ordnung, Daddy.« Zu seiner Überraschung willigte Lucy schneller in seinen Vorschlag ein, als er gedacht hatte. »Ich komme mit zu dir. Ich kann nämlich nicht eine Sekunde länger mit ansehen, wie du hier am Herd und an der Spüle stehst …« Sie lächelte ihn zaghaft an. »Bist du sicher, daß deine Freundin nichts dagegen hat? Ich möchte euch nicht lästig sein.«
    »Sie erwartet dich«, sagte er bestimmt. »Sie möchte dich schon so lange kennenlernen. Wann fahren wir – morgen?«
    »Übermorgen wäre mir lieber«, erwiderte Lucy. »Ich habe noch einiges zu regeln. Vor allem möchte ich mit dem Rektor sprechen und sicherstellen, daß sie mich nicht exmatrikulieren.«
    »Übermorgen also«, meinte Ben. »Ich rufe Julia heute abend an und sage ihr Bescheid. Danke, mein Liebling. Ich freue mich so …«
    »Ich denke, ich sollte nach Hause fahren«, sagte Julia. »Ich habe die Sache lange genug vor mir hergeschoben. Es hat mir gutgetan, mich bei euch auszusprechen, aber jetzt ist es an der Zeit, aktiv zu werden. Vielleicht sollte ich mir wirklich einen Anwalt nehmen, bevor ich mich in die Höhle des Löwen wage.«
    »Recht hast du, Darling«, bekräftigte May Hamilton. »Sie sollen dir nicht einen Penny schuldig bleiben, der dir zusteht.«
    Julia lachte. »Keine Sorge, Mum! Ich bin nicht umsonst deine Tochter. Danke, daß ihr mich so unterstützt habt. Ihr wart die reinsten Engel.«
    »Unsinn!« riefen ihre Eltern aus. »Und vergiß nicht, daß wir Ben und dich zu Weihnachten erwarten. Wenn seine Tochter dann noch bei euch ist, bringt sie mit. Wir würden uns sehr freuen.«
    Von Dankbarkeit gegenüber den beiden erfüllt, fuhr Julia zurück nach London.
    Als um sechs Uhr abends das Telefon klingelte, setzte sie die Katze, die sich genüßlich auf ihrem Schoß zusammengerollt hatte, auf dem Boden ab und eilte zum Apparat. Vielleicht war es Ben …
    »Hallo, Julia Hamilton …« Noch bevor sie ihren Namen ganz genannt hatte, klickte es und die Verbindung war unterbrochen. Falsche Nummer oder verwählt, dachte Julia und nahm Pussy wieder auf den Arm. Die Katze war beleidigt, daß sie so abrupt abgesetzt worden war. Sie hatte ihre menschlichen Freunde sehr vermißt, auch wenn der Hausmeister täglich nach ihr gesehen hatte. Die Kratzspuren am Sofa zeugten von ihrem Unmut über die leere Wohnung.
    Julia setzte sich wieder und strich Pussy über ihr weiches Fell. Eigenartig, wie schnell sie sich an Bens Katze gewöhnt hatte. Das Tier vermittelte ihr ein Gefühl von Ruhe und Häuslichkeit. Ihre Eltern liebten Hunde, aber schließlich lebten sie auch auf dem Land. Londoner Wohnungen waren nicht der rechte Ort für Hunde. Vielleicht, wenn sie und Ben eines Tagen umzögen …
    Überrascht hielt sie inne. Sie war doch sonst nicht der Typ für

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