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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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sentimentale Tagträumereien. Drei Tage im verschlafenen Surrey, und schon wurde die abgebrühte Journalistin weich. Lächelnd schüttelte sie den Kopf. Die Träumereien würden noch ein wenig warten müssen. Sie hatte nämlich erst noch etwas zu erledigen. Harold King.
    Julia bezweifelte nicht, daß Evelyn Western die Wahrheit gesagt hatte. Die Erklärung des Straßburger Mechanikers, mit der William Western entlastet wurde, existierte wahrscheinlich tatsächlich. Ob sie echt war, blieb eine andere Frage. Wer sollte jetzt noch das Gegenteil beweisen? Sehr clever, dachte sie bitter. Sie hatten sich einen ›Persilschein‹ besorgt, mit welchen Mitteln auch immer. Aber weshalb hatte sich Western dann von King erpressen lassen, weshalb hatte er nichts gegen Richard Watson unternommen? Sie richtete sich auf.
    Natürlich, das war es. Vor zehn Jahren hatte der Mechaniker noch gelebt. Western hatte eine öffentliche Konfrontation vermieden, um nicht zu riskieren, daß der Mann seine Aussage widerrief. Nun, da der Mann tot war, hatte Western nichts mehr zu befürchten. Deshalb wehrte er sich jetzt auch gegen Kings Expansionsversuche. Wütend darüber, daß ausgerechnet Julia in seiner Vergangenheit herumstöberte und seine Pläne zu durchkreuzen schien, hatte er sie gefeuert. Vielleicht bereute er diesen Schritt bereits. Ihr dagegen tat es nicht leid. Sie hatte genug Geld gespart, um sich für die nächste Zeit über Wasser zu halten.
    Notfalls reichte es auch für Ben, falls er nicht so vernünftig mit seinem Geld umgegangen war. Außerdem würden sie beide schnell eine neue Stelle finden. Sie besaßen einen Ruf in der Medienwelt und würden sich ihren neuen Arbeitsplatz aussuchen können. Es bestand also kein Anlaß zur Sorge.
    Das Telefon klingelte erneut. »Julia? Hi, ich bin's, Felix.«
    »Felix? Oh, hallo. Wie geht es dir?« Sie hatte so lange nicht mehr an ihn gedacht, daß sie beim Klang seiner Stimme erst mal zusammengefahren war. Widerwillen stieg in ihr auf. Sie hatte keine Lust, mit ihm zu sprechen. Er erinnerte sie immer noch zu sehr an Dinge, für die sie sich schämte und die sie erniedrigten.
    »Mir geht es gut. Ich versuche schon seit Tagen, dich zu erreichen. Du hattest wohl vergessen, deinen Anrufbeantworter einzuschalten.«
    »Nein, habe ich nicht«, erwiderte sie kurz. »Ich war bei meinen Eltern und hätte sowieso nicht zurückrufen können.«
    »Wie nett«, gluckste er. »Zu meiner Zeit habe ich dich gar nicht so als liebevolle Tochter erlebt.«
    »Was willst du?« führ Julia ihm ungehalten über den Mund.
    »Aus der Gerüchteküche ist zu mir durchgedrungen, daß man dich entlassen hat. Tut mir leid für dich.« Er war wie immer – äußerst ›zartfühlend‹.
    »Danke für die Anteilnahme«, entgegnete sie. »Zu deiner Beruhigung, ich mache mir nichts daraus. Ich bin sogar erleichtert.«
    »All das schöne Geld …« Sie konnte sich sein grinsendes Gesicht vorstellen und hätte am liebsten aufgelegt. »Was ist denn nur passiert? Du warst doch der Augapfel unseres alten Herrn. Bist du in Ungnade gefallen?«
    »Felix, weshalb fragst du? Was geht dich das an? Du hast mit der Sache nichts zu tun und kannst sicherlich auch keinen Profit daraus schlagen.«
    »Mein Gott, du hast ein mieses Bild von mir«, protestierte er. »Ich wollte wirklich nur hören, ob du in Ordnung bist. Außerdem hatte ich vor, dich und Ben zu einem Drink einzuladen.«
    »Ben ist verreist.« Es tat ihr bereits leid, daß sie so feindselig mit ihm umgesprungen war. Sie wußte ja, daß sie seine etwas grobe, taktlose Art nicht persönlich nehmen durfte. »Er ist in Birmingham bei seiner Tochter.«
    »Ben hat Familie? Ist mir neu. Wieso treffen wir beide uns dann nicht?«
    »Nein, lieber nicht«, wehrte Julia ab. »Ich habe im Moment viel zu tun …«
    »Ach, nun hab dich doch nicht so!« drängte Felix. »Um der alten Zeiten willen. Vielleicht lade ich dich sogar zum Essen ein, wenn du damit aufhörst, auf mir herumzuhacken. Ich hole dich in einer halben Stunde ab, in Ordnung? Im Moment bin ich nämlich – du wirst es nicht glauben – in der Stammkneipe unseres lieben Freundes Joe Patrick. Heiße Mädchen gibt es hier, sag' ich dir. Bis gleich, also. Bye.«
    Sie wollte nicht mit ihm ausgehen, Felix hatte sie wieder einmal überrollt. Aber einen Drink mit ihm würde sie wahrscheinlich gerade noch verkraften. Joe Patrick … Kings Kontaktmann. Lieferant der Bilder und Bänder, die Leo Derwent beinahe ruiniert hätten. Ja,

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