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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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ein. »Geh bitte nicht. Ich wollte dich nur darauf aufmerksam machen, wie spät es schon ist.«
    »Hast du es eilig, nach Hause zu kommen? Bist du müde?« Prüfend betrachtete er sie.
    »Nein, ich bin nicht müde. Aber ich würde gerne noch mit jemandem telefonieren …«
    »Oh«, stieß er aus. »Oh, verstehe. Janey hat irgend etwas von einem ganz speziellen Freund erzählt. Ist er derjenige welcher?«
    »Ja«, bestätigte sie eifrig. »Es ist fast Viertel vor eins. Ich habe versprochen, ihn anzurufen, aber bald ist es zu spät. Er muß morgens sehr früh aufstehen.«
    »Alles klar.« Er drückte seine Zigarre aus und wuchtete sich aus seinem Sessel.
    »Dick«, rief er, »du hast uns ausgezeichnet verköstigt. Leider habe ich morgen sehr früh einen Termin. Deshalb müssen wir uns jetzt auf den Heimweg machen.«
    »Danke, David«, flüsterte Julia und ging zu Richard Watson, um sich von ihm zu verabschieden.
    Bei ihren Verwandten angekommen, verspürte sie keinerlei Verlangen danach, noch einen Kaffee zu trinken. Aber Janey bestand darauf. Sie schob Julia in die Küche und setzte geschäftig Wasser auf.
    »Wie hat es dir gefallen?« erkundigte sie sich munter. »Ein interessanter Mann, nicht wahr? Und was für eine außergewöhnliche Geschichte – er hat sie sich bestimmt nicht ausgedacht. Oder was meinst du, Liebling?« Julia warf ihrem Cousin einen flehenden Blick zu.
    »Ich glaube«, erwiderte er, »daß die Geschichte bestimmt wahr ist. Genauso wahr wie die Tatsache, daß Julia die Liebe ihres Lebens anrufen möchte und daß du und ich im Bett verschwinden. Nimm den Kessel vom Herd und komm. Gute Nacht, Julia. Vergiß nicht, die Lichter auszumachen, wenn du nach oben gehst. Ich muß morgen übrigens wirklich früh aufstehen. Schlaf schön.«
    Julia wartete, bis die beiden die Treppe hinaufgestiegen waren. Im Flur lauschte sie, wie sich die Schlafzimmertür hinter ihnen schloß. Dann ging sie ins Wohnzimmer, nahm sich das Telefon und wählte eine Londoner Nummer. Er würde noch nicht schlafen. Sie wußte, daß er immer lange aufblieb, um zu lesen oder einen Spätfilm anzuschauen. Er würde wach sein und warten.
    Warten auf ihren Anruf.
    Es klingelte nur dreimal, bevor er den Hörer abnahm.
    »Ben«, meldete sie sich. »Ben, ich bin's. Mir geht es gut … ja, gut …« Mußte er sie immer unterbrechen? Energisch rief sie ins Telefon: »Jetzt hör mir doch einmal zu. Es ist etwas passiert … Ja, heute abend bei dem Essen … Ja, Ben …« Sie holte tief Luft. »Du wirst es nicht für möglich halten, aber ich glaube, ich habe unseren Mann gefunden.«
    Am nächsten Morgen um halb elf rief Ben wie vereinbart an. Sie hatte eigentlich noch zwei Tage bei ihren Verwandten bleiben wollen, jetzt aber mußte sie so schnell wie möglich zurück nach London. Sie ging in die Küche und sagte zu Janey: »Das Büro hat angerufen. Leider muß ich heute noch abreisen. Es tut mir wirklich leid – ich hatte so eine schöne Zeit bei euch.«
    Janey fuhr sie zum Flughafen. »Ich werde dich vermissen«, sagte sie traurig. »Du hast allen hier so gut gefallen – hoffentlich kommst du bald einmal wieder.«
    »Auf jeden Fall, ich verspreche es«, entgegnete Julia. »Und vielen Dank noch einmal für eure liebe Gastfreundschaft. Mach's gut.« Sie küßte ihre Cousine und ging zur Abflughalle.
    Während des kurzen Fluges ging sie alles noch einmal in Gedanken durch. Was für ein unglaublicher Zufall. Sie hatte die Hoffnung schon aufgeben wollen, und nun dies.
    Ein Abendessen mit einem pensionierten Geschäftsmann hatte den fehlenden Schlüssel für des Rätsels Lösung gebracht. Einen Schlüssel, der bisher so gut verborgen gewesen war, daß alle Spuren, die sich nach Deutschland und nach dem Interview in Sussex ergeben hatten, im Sande verlaufen waren. Sie war auf der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen gewesen. Und hatte Glück gehabt.
    So vieles im Leben hing von Kleinigkeiten ab, von einem schnellen Urteil, einer Entscheidung, bei der die Konsequenzen gar nicht abzusehen waren. Bei ihr hatte es mit einer Einladung begonnen – und mit einem alten Traum.
    Der Brief hatte die Unterschrift von der Sekretärin Lord Westerns getragen, dem Besitzer der Western International Newspapers. Er würde sie gerne in sein Haus in Hampshire einladen, um sie persönlich kennenzulernen und ihr eventuell einen Job anzubieten.
    Julia hatte das Ganze für einen schlechten Scherz gehalten, der vermutlich auf das Konto eines ihrer

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