Die Entlarvung
Ehemann verlauten, »werden wir diese anregende Unterhaltung sicher noch die ganze Nacht lang fuhren. Du mußt nämlich wissen, Julia, daß ihr das Gerede über eine Party viel mehr Spaß macht als die Party selbst. Deshalb sei gewarnt: Dich erwartet eine lange Sitzung, es sei denn, du wehrst dich standhaft. Janey, du solltest lieber fahren.«
»Das glaube ich auch«, entgegnete seine Frau kichernd. »Bei der Menge Brandy, die du am Schluß noch getrunken hast. Julia, du kannst hinter uns herfahren, in Ordnung?«
Julia ließ den Motor an und folgte den Schlußlichtern des vorausfahrenden Wagens. Trotz des kalten Windes, der vom Meer her wehte, kurbelte sie das Fenster herunter und atmete die salzige Luft ein. Sie konnte es kaum glauben. Im Kopf ging sie Richard Watsons Geschichte noch einmal durch. Sein Bericht hatte so lebendig, so mitreißend geklungen. Niemand hatte auch nur ein Wort gesprochen, bis er seine Erzählung beendet hatte.
Dann, wie nach der Entladung einer starken Anspannung, hatten alle schnell das Thema gewechselt und Zuflucht gesucht in harmlosem Geplaudere und unverfänglichem Small talk. Die Zeit nach dem Essen war Julia endlos erschienen. Nachdem der Kaffee gereicht worden war, hatten alle Frauen das Eßzimmer verlassen. Die Männer waren mit Portwein und Zigarren zurückgeblieben. Julia kannte nur noch einen anderen Mann, der die archaische Sitte, die Geschlechter zu trennen, fortführte. Aber William Western war, wie er selbst von sich behauptete, ein Fall für sich. Außerdem war er Julias Chef … Sie erinnerte sich an einen Samstagabend, den sie in seinem Haus in Hampshire zugebracht hatte. Als die Damen sich erhoben, um das Feld zu räumen, hatte Julias Tischnachbar verkündet, daß dies für ihn der schönste Teil des Abends sei.
Aus diesem Grund hatte ihn Julia ignoriert, als er später versuchte, mit ihr ins Gespräch zu kommen.
Auf Watsons Dinnerparty hatten sich alle schließlich wieder in dem großen Wohnzimmer zusammengefunden, das einen herrlichen Ausblick auf das Meer bot. Die Gäste bewegten sich zwanglos in dem Raum und ließen sich nieder, wo es ihnen gefiel. Julia fand sich plötzlich neben ihrem Cousin David wieder. Liköre wurden ausgeschenkt und von Mr. Thomas lautstark an die ›Mädels‹ verteilt. Julia lehnte dankend ab.
»Das tut gut«, ließ David verlauten, während er tiefer in seinen Sessel rutschte und liebevoll sein gut gefülltes Glas Brandy beäugte. »Wenigstens habe ich jetzt auch einmal die Gelegenheit, mit dir ein paar Worte zu wechseln. Meine liebe Frau hat dich ja bisher so mit Beschlag belegt, daß ich kaum eine Chance hatte. Erzähl, wie geht es Hugh und May? Wir müssen die beiden unbedingt einmal besuchen.«
Julia versicherte ihm, daß es ihren Eltern gutging und sie sich über einen Besuch bestimmt freuen würden.
»Und wie steht's mit deinem Job?« erkundigte er sich, wobei er sich genüßlich eine Zigarre anzündete. »Wie ist es, für Western zu arbeiten?«
Julia konnte ihre Ungeduld kaum noch zügeln. Am liebsten wäre sie aus dem Raum gestürmt und zum nächsten Telefon geeilt. Statt dessen entgegnete sie: »Anstrengend. Als Mensch ist Western einfach unmöglich. Er verlangt seinen Mitarbeitern das letzte ab. In seinem Job ist er allerdings genial, falls das zu seiner Entschuldigung beiträgt. Ich bin mir da aber nicht so sicher. Frag mich also nicht, ob ich ihn mag oder nicht!«
»Ist nach alldem gar nicht mehr nötig. Jedenfalls scheint dir der harte Konkurrenzkampf zu liegen. Sieh dir nur an, zu welchem Erfolg du es gebracht hast. Karrierejob, Traumgehalt. Du bist eine bekannte Persönlichkeit. Und das schöne ist, daß du dich überhaupt nicht verändert hast. Du bist noch genauso lieb und nett wie immer.« Er richtete sich auf und streichelte ihr das Knie. Für Julia ein Zeichen, daß er offensichtlich zu tief in sein Brandyglas geschaut hatte.
»Es gibt auch nichts, worauf ich mir etwas einbilden könnte«, erwiderte sie. »Ich habe einfach Glück gehabt, David. Vor allem natürlich damit, daß Westerns Wahl auf mich gefallen ist. Sonst würde ich wahrscheinlich immer noch die Frauenseite für irgendein provinzielles Blatt gestalten. David …«
Er lächelte sie vielsagend an. »Ja? Du langweilst dich, nicht wahr? Entschuldige. Komm, ich mache Platz für Bob Thomas, damit er sich mit dir unterhalten kann. Er ist ein netter Kerl, wenn er nur nicht diese Stimme hätte. Das reinste Nebelhorn …«
»Nein«, wandte Julia hastig
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