Die Entmündigung (German Edition)
Herrn d'Espard, ihres Gatten, eine so tiefgehende Veränderung erfahren haben, daß sie heute einen Zustand von Wahnsinn oder Schwachsinnigkeit herbeigeführt haben, entsprechend dem Artikel 486 des Bürgerlichen Rechts, und die in dem gleichen Artikel vorgesehenen Maßregeln zugunsten seines Vermögens, seiner Person und im Interesse seiner Kinder, die er bei sich behält, für erforderlich erscheinen lassen;
daß in der Tat das moralische Verhalten des Herrn d'Espard, der feit einigen Jahren schwere Besorgnisse erregt hat, die sich auf seine Dispositionen bei der Leitung seiner geschäftlichen Angelegenheiten, besonders im Verlaufe des letzten Jahres, beziehen, einen beklagenswerten Tiefstand erreicht hat; daß zuerst sein Wille die Wirkungen dieses Übels gezeigt, und daß sein Verfall den Herrn Marquis d'Espard allen Gefahren einer Dispositionsunfähigkeit ausgesetzt hat, was durch die folgenden Umstände bewiesen wird:
Seit langer Zeit gehen alle Einkünfte aus den Gütern des Marquis d'Espard ohne Grund und ohne Anrecht an eine alte Frau, deren abschreckende Häßlichkeit allgemein bekannt ist, an eine gewisse Frau Jeanrenaud, wohnhaft abwechselnd in Paris, Rue de la Brillière, Nr. 8, und in Villeparisis, nahe bei Claye, im Departement Seine-et-Marne, zugunsten ihres Sohnes, sechsunddreißig Jahr alt, Offizier der früheren kaiserlichen Garde, den durch sein Fürwort der Herr Marquis d'Espard in der königlichen Garde als Eskadronchef im ersten Kürassierregiment untergebracht hat. Diese Personen, die im Jahre 1814 in das äußerste Elend geraten waren, haben nacheinander Grundstücke von erheblichem Wert erworben, unter anderem zuletzt ein Hotel in der Grande-Rue-Verte, wo der Herr Jeanrenaud jetzt erhebliche Ausgaben macht, um sich hier mit der Dame Jeanrenaud, seiner Mutter, mit Rücksicht auf eine geplante Heirat niederzulassen; diese Ausgaben belaufen sich bereits auf mehr als hunderttausend Franken. Die Heirat ist auf Betreiben des Marquis d'Espard bei seinem Bankier, dem Herrn Mongenod, in Aussicht genommen worden, um dessen Nichte er für den genannten Herrn Jeanrenaud angehalten hat, indem er versprach, durch seinen Einfluß für ihn die Würde eines Barons zu erlangen. Die Ernennung ist tatsächlich durch Erlaß Sr. Majestät mit dem Datum des letzten 29. Dezember vollzogen worden, auf Ansuchen des Marquis d'Espard, wie es auch von Seiner Exzellenz dem Herrn Großsiegelbewahrer bestätigt werden kann, wenn das Gericht es für erforderlich halten sollte, sein Zeugnis herbeizuziehen;
daß kein Grund, ›selbst keiner von denen, die Gesetz und Moral in gleicher Weise mißbilligen‹, die Herrschaft rechtfertigen kann, die die Witwe, Frau Jeanrenaud, über den Marquis d'Espard ausübt, der sie übrigens sehr selten zu Gesicht bekommt; noch seine merkwürdige Vorliebe für den genannten Herrn Baron Jeanrenaud erklären kann, dessen Verkehr mit ihm nicht häufig stattfindet: gleichwohl ist ihr Einfluß so groß, daß jedesmal, wenn sie Geld brauchen, selbst um einem einfachen Gelüst nachzugeben, diese Dame oder ihr Sohn...«
»Na, na! ›Grund, den Gesetz und Moral mißbilligen!‹ Was will uns der Schreiber oder der Anwalt da vorreden?« sagte Popinot.
Bianchon fing an zu lachen.
»... Diese Dame oder ihr Sohn erhalten ohne jeden Einspruch des Marquis d'Espard, was sie verlangen, und in Ermangelung baren Geldes zieht der Herr d'Espard Wechsel auf den Herrn Mongenod, der sich erboten hat, sie zu girieren;
daß es (zur Bekräftigung dieser Tatsachen) neulich, als die Verpachtung des Gutes d'Espard erneuert werden sollte, und die Pächter einen ziemlich erheblichen Preis für die Verlängerung ihrer Verträge boten, vorgekommen ist, daß der Herr Jeanrenaud unmittelbar die Auflösung der Verträge erwirkt hat;
daß der Wille des Marquis d'Espard mit der Hergabe dieser Beträge so wenig zu tun hat, daß er sich, wenn man mit ihm davon sprach, durchaus nicht daran zu erinnern schien; daß jedesmal, wenn gewichtige Persönlichkeiten ihn wegen seiner Hingebung für diese beiden Personen befragt haben, seine Antworten eine so völlige Verleugnung seiner Ansichten und Interessen angezeigt haben, daß bei dieser Sache notwendigerweise ein geheimer Anlaß bestehen muß, auf den die Ansucherin das Auge der Justiz zu lenken wünscht, da dieser Anlaß fraglos strafbarer, widerrechtlicher oder gewalttätiger Art sein muß oder von einer Art, die die legale Medizin angeht, wenn anders diese Besessenheit nicht
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