Die Entmündigung (German Edition)
darin besteht, daß sie ihm alles verschafft, was in Beziehung zum chinesischen Reich steht;
daß schließlich die Antragstellerin sich anbietet, dem Gericht zu beweisen, daß die Beträge, die von dem Herrn und der Witwe Jeanrenaud von 1814 bis 1828 empfangen wurden, sich auf nicht weniger als eine Million Franken belaufen.
Zur Bestätigung der vorgenannten Tatsachen bietet die Antragstellerin dem Herrn Präsidenten das Zeugnis von Personen an, die den Herrn Marquis d'Espard ständig sehen, und deren Namen und Beruf untenstehend genannt wird, und von denen viele gebeten haben, die Entmündigung des Herrn Marquis d'Espard zu beantragen, als des einzigen Mittels, sein Vermögen vor seiner bedauerlichen Verwaltung zu retten und seine Kinder von seinem verhängnisvollen Einfluß fernzuhalten.
In Anbetracht dessen, Herr Präsident, mit Rücksicht auf die beigefügten Beweisstücke und im Hinweis darauf, daß die vorgenannten Tatsachen den Zustand des Irrsinns und der Schwachsinnigkeit des hier benannten, geschilderten und hier wohnhaften Herrn Marquis d'Espard klar beweisen, stellt die Antragstellerin den Antrag, anzuordnen, daß, um zur Entmündigung des Betreffenden zu gelangen, die vorliegende Klage und die Beweisstücke dem Herrn Staatsanwalt vorgelegt werden, und einem der Herren Mitglieder des Gerichtshofes einen Bericht an dem Tage, den Sie ihm bezeichnen wollen, abstatten zu lassen, um über alles vom Gericht als dazu gehörig festgestellt im klaren zu sein, und Sie werden damit gerecht werden... usw.«
»Und hier,« sagte Popinot, »ist die Anordnung des Präsidenten, der mir die Sache überträgt! Nun, was will denn die Marquise d'Espard von mir? Ich weiß ja alles. Morgen werde ich mit meinem Gerichtsschreiber zu dem Herrn Marquis gehen, denn dieser Punkt scheint mir durchaus nicht klar zu sein.«
»Hören Sie, lieber Onkel, ich habe niemals den geringsten Dienst von Ihnen verlangt, der zu Ihrer richterlichen Tätigkeit irgendwie in Beziehung steht; nun, ich bitte Sie, der Madame d'Espard eine Gefälligkeit zu erweisen, auf die sie in ihrer Lage Anspruch hat. Wenn sie hierher käme, würden Sie sie anhören?« »Ja.«
»Nun, dann hören Sie sie doch in ihrem Hause an: Madame d'Espard ist eine kränkliche, nervöse, zarte Frau, die sich in Ihrem Rattennest übel befinden würde. Gehen Sie heute abend zu ihr, ohne ihre Einladung zum Diner anzunehmen, da das Gesetz Ihnen ja verbietet, bei Ihren Parteien zu essen oder zu trinken.«
»Verbietet das Gesetz nicht auch, von Toten ein Legat anzunehmen?« sagte Popinot, der einen Schimmer von Ironie auf seines Neffen Lippen wahrzunehmen glaubte.
»Aber, lieber Onkel, und wäre es auch nur, um in dieser Angelegenheit die Wahrheit herauszubekommen, bewilligen Sie meine Bitte. Sie werden als Untersuchungsrichter kommen, da Ihnen die Verhältnisse nicht klar zu sein scheinen. Teufel noch mal! Die Befragung der Marquise ist nicht weniger notwendig als die ihres Mannes.«
»Du hast recht,« sagte der Richter, »es könnte recht gut sein, daß sie verrückt wäre. Ich werde hingehen.«
»Ich werde Sie abholen; schreiben Sie auf Ihren Kalender: ›Morgen abend neun Uhr bei Madame d'Espard.‹«
»Schön«, sagte Bianchon, als er seinen Onkel das Rendezvous notieren sah.
Am nächsten Abend um neun Uhr stieg der Doktor Bianchon die staubige Treppe zu seinem Onkel hinauf und fand ihn bei der Arbeit an einem schwierigen Urteil. Der von Lavienne bestellte Anzug war vom Schneider nicht gebracht worden, so daß Popinot seinen alten Rock voller Flecken nehmen mußte und wieder der Popinot ›incomptus‹ wurde, dessen Anblick diejenigen, denen sein intimes Leben unbekannt war, lächeln machen mußte. Bianchon gelang es immerhin, die Krawatte seines Onkels in Ordnung zu bringen und ihm seinen Rock anders zu knöpfen, dessen Flecken er dadurch verbarg, daß er die Aufschläge von rechts nach links zuknöpfte und so den noch neuen Teil des Tuches sehen ließ. Aber einige Augenblicke später schob der Richter seinen Rock über der Brust, durch die Art, wie er die Hände gewohnheitsmäßig in die Taschen steckte, wieder in die Höhe. Der vorne und hinten übermäßig faltige Rock bildete mitten auf dem Rücken einen Buckel und ließ zwischen Weste und Hose eine freie Stelle sehen, in der das Hemd erschien. Zu seinem Unglück bemerkte Bianchon diesen Zuwachs an Lächerlichkeit erst in dem Augenblick, wo sein Onkel sich bei der Marquise zeigte.
Eine kurze Skizze des Lebens der
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