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Die Entmündigung (German Edition)

Die Entmündigung (German Edition)

Titel: Die Entmündigung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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hat mich in einer Ecke beiseite genommen. Er hat erfahren, daß Sie bei Madame d'Espard den Tee genommen haben anläßlich der Angelegenheit, mit der Sie betraut worden waren. Er hat mir zu verstehen gegeben, daß es schicklicher wäre, wenn Sie in dieser Sache nicht mitsäßen...«
    »Oh, Herr Präsident, ich kann Ihnen versichern, daß ich in dem Moment Madame d'Espard verlassen habe, wo der Tee serviert wurde; übrigens ist mein Gewissen...«
    »Jawohl, jawohl,« sagte der Präsident, »das ganze Tribunal, der Gerichtshof, der Justizpalast kennen Sie ja; ich will Ihnen nicht wiederholen, was ich einer Exzellenz gesagt habe; aber Sie wissen doch: Cäsars Gattin darf auch nicht einmal beargwöhnt werden. Deshalb wollen wir auch aus dieser Albernheit kein Disziplinarsache machen, sondern eine Taktfrage. Unter uns gesagt, es handelt sich weniger um Sie, als um das Tribunal.«
    »Aber, Herr Präsident, wenn Sie die Sache kennen würden«, sagte der Richter und versuchte seinen Bericht aus der Tasche zu ziehen.
    »Ich bin im voraus davon überzeugt, daß Sie in dieser Affäre die strengste Unparteilichkeit bewahrt haben. Und ich selbst habe als einfacher Richter in der Provinz oftmals mehr als eine Tasse Tee bei Leuten genommen, über die ich zu Gericht zu sitzen hatte, aber es genügt, daß der Großsiegelbewahrer davon gesprochen hat, daß man über Sie reden kann, um das Tribunal eine Diskussion darüber vermeiden zu lassen. Jeder Konflikt mit der öffentlichen Meinung ist für eine Körperschaft immer gefährlich, selbst wenn sie im Recht gegen sie ist, weil die Waffen nicht gleich sind. Der Journalismus kann alles sagen, alles annehmen; unsere Würde untersagt uns alles, selbst eine Antwort. Übrigens habe ich schon mit Ihrem Präsidenten gesprochen, und Herr Camulot ist eben mit der Berichterstattung, die Sie geben wollten, beauftragt worden. Das ist eine unter uns vereinbarte Sache; ich verlange Ihre Absage als einen persönlichen Dienst, und als Entgelt sollen Sie das Kreuz der Ehrenlegion erhalten, das man Ihnen schon seit langer Zeit schuldig ist. Das soll meine Sache sein. Als er Herrn Camulot erblickte, einen Richter, der kürzlich von einem Provinzgericht nach Paris versetzt war und vortrat, um ihn zu begrüßen, konnte Popinot ein ironisches Lächeln nicht zurückhalten. Dieser blonde, blasse junge Mann, voll heimlichen Ehrgeizes, schien ebenso bereit, je nach dem Belieben der Könige der Erde, die Unschuldigen wie die Schuldigen zu hängen oder freizusprechen, und eher dem Beispiel der Laubardemont als der Molé zu folgen. Popinot zog sich mit einem Gruße zurück und verschmähte es, die gegen ihn vorgebrachte lügnerische Anschuldigung aufzuklären.

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