Die Entscheidung
forderte er Tom Hoffman auf. »Je früher wir dort sind, umso besser.«
Der Audi beschleunigte und brauste die kurvige Zufahrt hinauf. Nach der zweiten Kurve tauchte das Haus vor ihnen auf; die weiße Fassade war in helles Licht getaucht. Rapp hatte beide Hände auf die Sitzlehne vor ihm gelegt und blickte aus dem Fenster. Das Szenario erinnerte ihn an manche hundert Jahre alten Anwesen, die er in Newport, Rhode Island, gesehen hatte.
Tom Hoffman legte mit verminderter Geschwindigkeit den Rest des Weges zurück und hielt schließlich direkt vor zwei steinernen Löwen und einem Butler an, der sie bereits erwartete. Rapp stieg auf der Fahrerseite aus und betrachtete den imposanten marmornen Poseidon-Springbrunnen, von dessen Dreizack Wasser emporschoss. Zur Linken waren einige Limousinen geparkt, bei denen die Chauffeure beisammenstanden und sich unterhielten. Dahinter standen noch einige nicht ganz so protzige Autos und ein paar Sportwagen. Offenbar waren auch einige Gäste da, die es nicht als unter ihrer Würde ansahen, ihren Wagen selbst zu lenken. Rapp prägte sich die Standorte der Autos ein und wandte seine Aufmerksamkeit dem Haus zu. Jane Hoffman sprach gerade mit dem Butler und zeigte ihm ihren Ausweis. Rapp ging um das Heck des Wagens herum und musterte dabei die Fenster des Hauses. Auf der rechten Seite befand sich der Ballsaal. Durch die drei großen Fenster sah Rapp mehrere Gruppen von Männern im Smoking und Frauen in langen Kleidern, die tranken, plauderten und rauchten. Rapp hörte sogar ganz schwach Musik nach draußen dringen, die, so dachte er, von einem Streichquartett stammen musste. Die Gäste ahnten nicht, welche Überraschungen dieser Abend noch für sie bereithielt.
Rapp hielt dem Butler seinen BKA-Ausweis unter die Nase und bedeutete Jane mit einer Handbewegung, ihm zu folgen. Der Butler protestierte vehement, als Rapp zur Treppe ging. Rapp verstand nicht alles von dem, was der Butler sagte – aber er wollte wohl, dass sie einen anderen Eingang benutzten. Rapp ignorierte den Mann und ging drei Stufen hinauf, die zu einer Terrasse mit zwei Springbrunnen führten. Jane Hoffman schloss zu ihm auf, und der Butler eilte ihnen voraus. Als sie bei der massiven Doppeltür aus Eichenholz ankamen, stellte sich der Butler davor und hob die Hände wie ein Verkehrspolizist, um sie aufzuhalten. Rapp hatte den Mann bereits unter die Lupe genommen; er schien unbewaffnet zu sein. Es war nicht notwendig, ihn zu töten; schließlich hatte der Mann nichts verbrochen. Wenn nötig, würde ein Kinnhaken völlig ausreichen, um den Diener außer Gefecht zu setzen.
Rapp hörte zu, wie der Butler auf Jane Hoffman einredete. Wie erwartet, wollte er erreichen, dass sie im Arbeitszimmer auf Graf Hagenmüller warteten. Sie erklärte sich dazu bereit, fügte aber hinzu, dass sie eine Minute warten würden und keine Sekunde länger. Wenn Graf Hagenmüller bis dahin nicht kam, würden sie ihn vor allen Gästen befragen. Der Butler nickte mehrmals, wie um ihr zu versichern, dass er genau wusste, was sie wollten. Der Mann würde bestimmt alles tun, um zu verhindern, dass zwei BKA-Leute mitten in ein privates Fest seines Chefs platzten.
Die Türen wurden geöffnet, und sie traten in die riesige Vorhalle des Hauses ein. Weiter vorne führte eine breite Marmortreppe in das erste Stockwerk hinauf, während man durch eine Tür zur Rechten in den Ballsaal gelangte. Vor der Tür stand ein hünenhafter Wächter. Rapp hatte den Kleiderschrank von einem Mann auf den Fotos gesehen, die er studiert hatte. Es würde mehr als nur eines Kinnhakens bedürfen, um den Kerl auszuschalten. Hagenmüller war nicht gerade ein Genie, aber dumm war er bestimmt nicht. Er wusste, dass Vorsicht angebracht war, wenn man Geschäfte mit jemandem machte, der so unberechenbar war wie Saddam Hussein.
Der Butler deutete nach links auf eine weitere Doppeltür. Rapp wusste aus den Plänen des Hauses, dass die Tür zum Arbeitszimmer führte. Während Rapp und Jane Hoffman zur Tür gingen, eilte der Butler wieder voraus, um ihnen den Weg zu weisen. Als sie im Zimmer waren, sagte er ihnen, dass sie hier warten sollten, und schloss die Tür. Rapp warf Jane Hoffman einen kurzen Blick zu und sah sich dann in dem Raum um. Das hier war mehr eine Bibliothek als ein Arbeitszimmer. Die Regale waren bis obenhin voll mit dicken, in Leder gebundenen Bänden. Jeder Quadratzentimeter Wandfläche, der nicht von Bücherregalen eingenommen wurde, war mit kunstvoll gerahmten
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