Die Entscheidung
Hagenmüller überwachen ließ?«
»Ich kann bestätigen, dass ihn die CIA vor seinem Tod observiert hat.«
Der Botschafter war froh über diese ehrliche Antwort. Was ihm jedoch weit weniger Freude bereitete, war die Richtung, in die er das Gespräch nun lenken musste. Er wählte seine Worte mit großer Sorgfalt, als er schließlich sagte: »Unsere Länder sind seit langem eng miteinander befreundet, Mr. President. Kanzler Vogt ist tief besorgt, dass die freundschaftlichen Beziehungen durch diesen Vorfall Schaden nehmen könnten.«
»Warum denn das?«, fragte Hayes, obwohl er genau wusste, was der Botschafter meinte; er wollte es jedoch von ihm selbst hören.
Koch blickte etwas verlegen auf seine Hände hinunter und sah kurz zu Irene Kennedy hinüber, ehe er sich wieder dem Präsidenten zuwandte. »Der Kanzler befürchtet, dass … die CIA … ohne Ihre Ermächtigung gehandelt haben könnte und möglicherweise etwas getan hat, das selbst die größten Freunde Amerikas in unserem Land vor den Kopf stoßen würde.«
Der Botschafter tat Hayes irgendwie sogar Leid. Es war sehr wahrscheinlich, dass man ihn absichtlich nicht über Hagenmüllers jüngste Geschäfte informiert hatte. Irene Kennedy hatte Hayes zuvor mitgeteilt, dass möglicherweise nicht einmal der deutsche Kanzler über Hagenmüllers dunkle Machenschaften im Bilde war. Das war der einzige Grund, warum Hayes nicht die Geduld verlor.
»Exzellenz, ich weiß unsere freundschaftlichen Beziehungen ebenfalls sehr zu schätzen. Deutschland ist einer unserer engsten Verbündeten.« Der Präsident beugte sich vor und rieb sich die Hände. »Wie gut kennen Sie Graf Hagenmüller? Ich meine … haben Sie ihn gekannt?«
»Ziemlich gut. Seine Familie ist sehr angesehen und engagiert sich sehr für die Kunst und verschiedene wohltätige Zwecke.«
»Haben Sie gewusst, dass er gerade im Begriff war, hochsensible Güter an Saddam Hussein zu verkaufen? Güter, die man zur Herstellung von Atomwaffen braucht?«
Die Bombe war geplatzt. Außenminister Midleton rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her und wurde aschfahl im Gesicht. Botschafter Koch sah den Präsidenten verständnislos an. »Es fällt mir schwer, das zu glauben, Mr. President«, erwiderte er.
»Wirklich?« Hayes streckte die Hand aus, und Irene Kennedy reichte ihm eine Akte. Der Präsident öffnete sie und hielt eine Fotografie hoch. »Den Mann links auf dem Bild werden Sie gewiss wieder erkennen. Wissen Sie, wer der andere ist?«
Koch schüttelte den Kopf. Er hatte das unangenehme Gefühl, dass er es gar nicht wissen wollte.
»Das ist niemand anderer als Abdullah Khatami. Sagt Ihnen der Name etwas?«
»Nein.«
»Er ist General in der irakischen Armee«, sagte Hayes in etwas schärferem Ton. »Seine Aufgabe ist es, Saddams Atomwaffenprogramm wieder aufzubauen. Was Sie hier sehen …« – der Präsident hielt Koch das Foto entgegen, um alle Zweifel zu zerstreuen – »… ist Graf Hagenmüller, wie er gerade einen Koffer von Khatami entgegennimmt – einen Koffer mit fünf Millionen Dollar.«
Botschafter Koch wollte es nicht glauben. »Ich habe Graf Hagenmüller persönlich gekannt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er zu so etwas fähig gewesen wäre. Er brauchte auch kein Geld. Er war ein reicher Mann. Außerdem könnte es ja sein, dass er das Geld für irgendwelche Kunstgegenstände bekommen hat. Der Graf war ein begeisterter Sammler.«
Außenminister Midleton, der sich bemühte, seine Fassung wiederzugewinnen, nickte zustimmend.
Hayes reagierte ganz bewusst mit einer gewissen Schärfe. »Graf Hagenmüller war keineswegs so reich, wie Sie vielleicht annehmen. Haben Sie gewusst, dass in der Nacht, als der Graf getötet wurde, in Hagenmüllers Lager in Hannover eingebrochen wurde?«
Irene Kennedy korrigierte ihn. »Es war in Hamburg, Sir.«
»Hamburg. Danke. Dieser Einbruch war Teil eines raffinierten Plans, den Graf Hagenmüller und Khatami ausgeheckt hatten, um das Geschäft ungehindert über die Bühne zu bringen.« Hayes schüttelte die Faust und fügte in eisigem Ton hinzu: »Bevor Sie hier hereinkommen und mich und meine Leute des Mordes beschuldigen, sollten Sie sich zuerst einmal um ein paar Antworten von Ihrer eigenen Regierung bemühen. Und wenn Sie schon dabei sind, könnten Sie auch gleich die Irakis fragen, was sie in der Nacht vorhatten.« Der Präsident stand auf. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen, Exzellenz, ich habe heute noch viel zu tun.«
Der Botschafter
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