Die Entscheidung
den Strapazen zuvor körperlich und geistig wieder aufgebaut.
Am Montagmorgen nahm er einen Flug der Air Guadeloupe nach San Juan. Den Nachmittag verbrachte er damit, neue Kleidung einzukaufen und essen zu gehen, ehe er den Flug um 18.15 Uhr nach Maryland nahm. Als Rapp in Baltimore aus dem Flugzeug stieg, sah er wie ein ganz gewöhnlicher Tourist aus, der ein Wochenende in der Sonne verbracht hatte. Er trug eine ausgeblichene rote Baseballmütze, ein blau-weißes Hawaiihemd, eine Khakihose und blaue Schuhe. Sein Gesicht und seine Unterarme waren sonnengebräunt.
Rapp war sich ziemlich sicher, dass ihn die Leute in Langley nicht hatten aufspüren können. Er war unter zwei verschiedenen Namen gereist, von denen man in Langley überhaupt nichts wusste. Wenn sie das Glück hatten, ihn auf dem Bildmaterial irgendeines Flughafens zu erkennen, auf dem er sich aufgehalten hatte, dann war das auch kein Unglück. Bis dahin wäre er ohnehin längst wieder fort gewesen und in Baltimore untergetaucht. Es bestand immerhin die Möglichkeit, dass sie ihre Leute am Flughafen postiert hatten – doch Rapp war überzeugt, dass er sie sofort erkennen würde. Zusammen mit zwei Frauen, die er am Flughafen von San Juan kennen gelernt hatte, sowie den anderen Urlaubern ging er zur Gepäckausgabe, die Mütze tief ins Gesicht gezogen, und blickte sich wachsam um. Er achtete darauf, so lange in der Menge zu bleiben, bis er das Gefühl hatte, unbemerkt verschwinden zu können.
Auf Martinique hatte sich Rapp drei verschiedene Pläne ausgedacht. Der erste Schritt war bei allen gleich – es ging zunächst einmal darum, für einen gewissen Schutz zu sorgen. Eine Rückkehr in sein Haus kam jedenfalls nicht in Frage, solange er nicht herausgefunden hatte, wer hinter den Vorfällen in Deutschland steckte. Er konnte auch nicht gleich mit Anna Kontakt aufnehmen, auch wenn er noch so gerne mit ihr gesprochen hätte – doch das wäre aus verschiedenen Gründen nicht ratsam gewesen. Sie würde versuchen, ihn zu überreden, sein altes Leben hier und jetzt hinter sich zu lassen. Sie verstand einfach nicht, dass es sich in diesem Geschäft immer rächte, wenn man gewisse Dinge ungelöst ließ. Er würde ihr irgendwie mitteilen, dass alles in Ordnung war und dass er wieder im Land war – aber mehr war im Moment leider nicht möglich.
Als die Scharen gebräunter Touristen an der Gepäckausgabe warteten, schlugen ihm die beiden Frauen aus Bowie, Maryland, vor, sie auf einen Drink in eine Bar zu begleiten. Rapp lächelte etwas verlegen und sagte, dass das seiner Freundin gar nicht gefallen würde. Er nahm den Aufzug, verließ das Flughafengebäude und trat auf den Bürgersteig hinaus. Da waren drei Taxis, die ihre Fahrgäste aussteigen ließen. Die Fahrer durften hier keine neuen Fahrgäste aufnehmen; sie mussten zu den anderen Taxis zurückkehren und sich hinten anstellen. Rapp wartete, bis einer der Fahrer in sein Fahrzeug eingestiegen war, sprintete zu ihm hinüber und sprang rasch auf den Rücksitz. Bevor der Fahrer etwas einwenden konnte, hielt ihm Rapp einen Fünfzig-Dollar-Schein unter die Nase. Der Mann ließ sich von diesem Argument überzeugen; er blickte sich um, um zu sehen, ob ihn jemand beobachtete, und fuhr rasch los.
»Ins Hyatt Regency in Bethesda, bitte.«
Der Mann nickte und schaltete das Taxameter ein. Rapp drehte sich zur Seite, um zu sehen, ob ihm vielleicht jemand folgte. Einige Minuten später waren sie schon auf der Interstate 95 und fuhren Richtung Süden nach Washington. Die Fahrt verlief absolut ereignislos – doch man konnte sich heutzutage nie ganz sicher sein. Im Zeitalter der Satelliten und der Mikrotransmitter konnte es einem passieren, dass man aus hunderten von Meilen Entfernung beobachtet wurde, ohne dass man irgendetwas davon mitbekam.
Als das Taxi vor dem Hyatt hielt, gab Rapp dem Fahrer noch einmal fünfzig Dollar und trat dann durch die Drehtür in die Lobby. Er ging sogleich zu einem der Telefone, warf ein paar Münzen ein und wählte aus dem Gedächtnis eine Nummer. Nachdem er es sechsmal hatte klingeln lassen, meldete sich der Anrufbeantworter. Rapp nahm das als gutes Zeichen, dass Marcus Dumond dort war, wo Rapp es sich wünschte. Bevor er die Lobby verließ, nahm Rapp ein Sweatshirt aus seinem Rucksack. Es war hier ein wenig kühler als in der Karibik.
Das Café war nur sechs Blocks entfernt. Es war die Idee von Marcus Dumond gewesen. Mitch Rapp und sein Bruder Steven hatten das Kapital zur Verfügung
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