Die Entscheidung
mir echt leid, Officer, aber ich habe Sie nicht gesehen, als ich die Tür aufgemacht habe.«
Kyle zog eine wirklich gute Show ab und klang, als sei er den Tränen nahe, während er gleichzeitig mit
zwei Fingern nach unten zeigte und Lauren ein verstohlenes Signal gab.
»Er hat gerade ein zerknülltes Taschentuch fallen lassen«, flüsterte Kevin. »Was hat er vor?«
»Kevin, ich habe keine Ahnung«, erwiderte Lauren gereizt, als Kyle das Taschentuch an die FuÃleiste kickte. »Ich werde es holen. Du gehst zurück ins Zimmer und sagst zu niemandem einen Ton.«
Lauren trat auf den Flur und ging auf Kyle und die Cops zu. Als sie näher kam, zog sie ein Taschentuch aus ihrer Jeanstasche und tat, als müsse sie sich die Nase putzen.
»Entschuldigung«, sagte sie höflich, »ich muss etwas aus dem Zimmer meines Vaters holen.«
»Selbstverständlich«, erwiderte einer der Polizisten und machte ihr Platz.
Als Lauren an Kyle vorbeikam, lieà sie ihr eigenes Taschentuch fallen und bückte sich schnell, um es wieder aufzuheben. Dabei ergriff sie auch Kyles Taschentuch.
Sie rechnete jeden Augenblick damit, dass sie zurückgerufen würde, als sie das weiche Tuch in der Hand zerknüllte und die harte rechteckige Form der Speicherkarte darin spürte.
Sie fragte sich, was auf der Karte war und was sie wohl tun würde, wenn sie es herausgefunden hatte.
34
Melissa öffnete die Tür ihrer Suite und lieà Lauren ein.
»Was ist denn eigentlich los?«, fragte Lauren und versuchte, gelassener zu klingen, als sie war. »Ist David hier?«
»Ich weià nur, dass die Presse irgendwie ins Hotel gelangt ist und Tan in die Ecke getrieben hat«, erklärte Melissa, als Lauren ihr ins Wohnzimmer folgte. »David versucht herauszufinden, was genau passiert ist. Tan will nicht mit ihm reden, deshalb ist er nach unten gegangen, um wenigstens von der Polizei eine vernünftige Antwort zu bekommen.«
Die Zwei-Zimmer-Suite war genauso wie die von Lauren und Kevin geschnitten. Melissa hatte ein schwarzes seidenes Abendkleid über ein Sofa drapiert und Lauren lieà sanft ihre Hand über den weichen Stoff gleiten.
»Ich wünschte, ich könnte mir auch im richtigen Leben solche Kleider leisten«, lächelte Melissa. »Ich bin zwar nirgendwo eingeladen, wo ich sie tragen könnte, aber schön wäre es trotzdem.«
Lauren sah sich um und entdeckte auf dem Schreibtisch einen Laptop.
»Darf ich den mal benutzen?«, fragte sie. »Ich würde gerne meine E-Mails checken.«
»Natürlich«, antwortete Melissa. »Ich bin eingeloggt. Du solltest nur meine Spesenabrechnung speichern, bevor du Excel schlieÃt.«
»Das Spa hat mir gefallen«, erzählte Lauren, um die MI5-Agentin mit oberflächlicher Konversation abzulenken, solange sie am Schreibtisch saÃ. Zu ihrer Erleichterung befand sich an einer Seite des klobigen Laptops eine Reihe von Steckplätzen für SD-Karten.
»Du hattest ja auch den Hauptgewinn«, lachte Melissa. »Dein skandinavischer Masseur war wirklich der Hammer!«
»Nicht schlecht, was?«, stimmte Lauren zu. Gleichzeitig konzentrierte sie sich auf den Rechner und hoffte, dass er die Speicherkarte auch lesen konnte.
Windows erkannte die Karte, aber der Mediaplayer des Rechners weigerte sich, die Datei zu öffnen. Er bot ihr an, im Internet nach der richtigen Videosoftware zu suchen, und Lauren klickte auf OK.
»Hast du einen Freund auf dem CHERUB-Campus?«, fragte Melissa.
Diese Frage brachte Lauren etwas aus dem Konzept. Es war ungewöhnlich, dass sich AuÃenstehende nach CHERUB erkundigten, aber Melissa war immerhin eine höhere MI5-Mitarbeiterin.
»Ja«, antwortete sie. »Aber auch wenn Sie von CHERUB wissen, darf ich nicht über Details sprechen, wenn es keinen wichtigen Grund dafür gibt. Ist nichts gegen Sie, so sind nur die Regeln.«
»Schon klar«, winkte Melissa ab. »Unvorsichtiges Gerede kann Menschenleben kosten.«
Auf dem Bildschirm blinkten grüne Download-Balken auf und dann endlich die Meldung, dass die Software
erfolgreich heruntergeladen war. Lauren hatte keine Ahnung, was sie sehen würde, daher reduzierte sie die Lautstärke des Laptops auf ein Minimum.
Doch bevor sie das Video abspielen konnte, klingelte ihr Handy, und Kevins Name erschien auf dem Display. »Gerade haben sie Kyle abgeführt«,
Weitere Kostenlose Bücher