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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Seemann, Richards. Er war ein guter Kapitän. Gab es einen besseren Nachruf für einen Mann?
    Er schreckte aus seinen Gedanken auf, als der Admiral sagte: »Das Urteil lautet, daß Sie das Kommando über Ihr Schiff verlieren und unter strengem Arrest stehen bis zu dem Zeitpunkt, da Sie nach England gebracht werden können.«
    Colquhoun starrte auf den Offizier mit dem ernsten Gesicht, dann auf seinen Degen.
    Sein Schiff verloren! Bolitho schaute weg. Sie hätten ihn lieber hängen sollen. Das wäre gnädiger gewesen.
    Eine Stimme durchbrach die Stille: »Gefangener und Wache: abtreten!« Es war vorüber.
    Als die Ordonnanzen die durcheinanderredenden Zuschauer zum Achterdeck hinauswiesen, kam Konteradmiral Christie um den Tisch herum und streckte die Hand aus.
    »Gut gemacht, Bolitho.« Er schüttelte ihm herzlich die Hand. »Ich setze große Hoffnungen auf junge Offiziere Ihres Schlages.« Er sah Bolithos Unsicherheit und lächelte. »Es tat mir weh, Sie so zu behandeln, wie ich es tat. Aber ich mußte diesen Schandfleck von Ihrem Namen tilgen. Recht oder Unrecht, er hätte Sie in jedem Fall für den Rest Ihrer Karriere gezeichnet.« Er seufzte. »Nur Colquhoun selbst konnte dies tun, und der arme Richards mußte kommen, damit der Funke zündete.«
    »Ja, Sir. Ich verstehe das jetzt.«
    Der Admiral nahm seinen Hut und betrachtete ihn.
    »Kommen Sie heute abend mit mir an Land. Der Gouverneur gibt einen Empfang. Eine schreckliche Angelegenheit, aber es schadet nichts, zu sehen, wie sie sich amüsieren.« Er schien Bolithos Stimmung zu erraten. »Nehmen Sie es als Befehl!«
    »Danke, Sir Evelyn.«
    Bolitho sah ihm nach, als er in seine angrenzende Kajüte ging. Eine Einladung an Land. Der Admiral hätte ihn auch zu Schimpf und Schande verurteilen können, wenn das Schicksal nicht eingegriffen hätte, um ihm zu helfen.
    Er atmete tief aus. Wann würde man je aufhören, bei derartig komplizierten Angelegenheiten dazuzulernen?
    Dann ging er hinüber, um unter den vielen Booten nach seiner Gig Ausschau zu halten.
    Es zeigte sich, daß der Empfang am Abend noch atemberaubender und entnervender war, als Bolitho angenommen hatte. Als er seinen Hut einem Negerdiener mit Perücke überreicht hatte und auf Konteradmiral Christie wartete, der noch einige Worte mit einem anderen Flaggoffizier wechselte, blickte er sich in der großen, säulengetragenen Halle um, schaute auf die durcheinanderwogende Menge farbiger Figuren, die jeden Zentimeter des Bodens zu füllen schien und noch eine geräumige Galerie dazu. Die scharlachroten Röcke der Militärs waren weit in der Überzahl, unterbrochen vom Samt und Brokat ihrer Damen, dann das vertraute Blau der Seeoffiziere, obwohl Bolitho mit einiger Bestürzung bemerkte, daß die meisten der letzteren Admirale waren. Es waren auch Offiziere der Seesoldaten da – die weißen Aufschläge und silbernen Knöpfe unterschieden sie von den Soldaten und so viele Zivilisten, daß er sich fragte, weshalb New York nicht stillstand. An der Seite waren Neger und andere Diener an langen Tafeln beschäftigt, deren Speisen Bolitho glauben machten, er träume. Die Nation befand sich im Krieg, aber diese Tische bogen sich unter der Last von Speisen und Delikatessen aller Art. Verschiedene Fleischsorten, enorme Portionen Pastete, verlockende Früchte und eine glitzernde Anordnung silberner Punschbecher, die in dem Moment gefüllt wurden, als er hinblickte.
    Christie kam zu ihm und murmelte: »Schauen Sie sich das gut an, Bolitho. Ein Mann muß wissen, wem er dient, genauso wie er seine Gründe kennen muß!«
    Ein Diener in grüner Livree kam ihnen am oberen Ende der Marmortreppe entgegen und wandte sich nach einem vorsichtigen Blick an die versammelten Gäste, mit einer Stimme, die einem Vortoppsgast im Ausguck alle Ehre gemacht hätte.
    »Sir Evelyn Christie, Ritter des Bathordens, Konteradmiral und Oberbefehlshaber.« Er machte sich nicht die Mühe, Bolitho anzukündigen, er nahm wahrscheinlich an, daß er ein Untergebener oder Verwandter sei.
    Nicht daß es einen Unterschied machte. Es gab keine Pause in der Welle des Gelächters und der Unterhaltung, und kaum jemand drehte sich um, um die Neuangekommenen zu mustern.
    Christie ging flink am Rande der Menge entlang, nickte hier jemandem zu, hielt dort inne, um eine Hand zu drücken, dort verbeugte er sich vor einer Dame. Es war schwer, ihn noch in der Rolle dieses Morgens zu sehen: Vorsitzender des Gerichts. Niemandem verantwortlich, wenn er sein Urteil

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