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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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gehört haben. Ziehen wir uns zurück, meine Herren?«
    Bolitho schwankte. Eine lange Mittagspause. Noch mehr Verzögerungen. Es war eine Tortur.
    Wie die meisten Anwesenden fuhr er herum, als im Hintergrund ein Stuhl mit lautem Gepolter umfiel. Eine heisere Stimme schrie: »Nein, verdammt, ich bin nicht ruhig! In Gottes Namen, ich habe meine Augen für den König gegeben! Darf ich denn nicht einmal die Wahrheit sagen?«
    Der Admiral krächzte: »Ruhe da hinten! Oder muß ich die Wache rufen?«
    Aber es nützte nichts. Die meisten Besucher waren aufgestanden, redeten und riefen durcheinander. Bolitho sah, daß einige sogar auf ihre Stühle gestiegen waren, um zu sehen, was vorging. Der Admiral saß sprachlos da, während die anderen Mitglieder des Gerichts wie versteinert darauf warteten, daß er seine Drohung wahrmache.
    Die Stimmen erstarben, und die Menschenmenge wich auseinander, um den kleinen Maler nach vorn an den Tisch zu lassen. Er führte den Seemann, der an Bord der Fawn geblendet worden war und er schon kurz ausgesagt hatte, was er vom Kappen des Ankers und der Flucht vor französischem Beschuß wußte. Jetzt kam er in seiner zerlumpten Hose und einem geborgten blauen Uniformrock, mit schiefgestelltem Kopf nach vorn zum Tisch.
    Der Admiral sagte ernst: »Nun gut, Richards.« Er wartete, bis die Leute sich wieder gesetzt hatten. »Was möchten Sie uns sagen?«
    Der Seemann streckte die Hand aus und klammerte sich an die Tischkante, seine verbundenen Augen hoben sich über den Kopf des Admirals.
    »Ich war dort, Sir. Auf dem Achterdeck mit Kapitän Maulby!«
    Niemand rührte sich oder sprach, mit Ausnahme des blinden Seemannes namens Richards.
    Bolitho beobachtete, wie seine Hand sich vage durch die Luft bewegte, wie schwer er atmete, als er diese letzten schrecklichen Augenblicke nochmals durchlebte.
    Richards sagte heiser: »Die Franzosen hatten sich auf uns eingeschossen. Wir hatten nur noch einen Mast, und mehr als die Hälfte unserer tapferen Kameraden war gefallen.«
    Der älteste Kapitän machte Anstalten, ihn zu unterbrechen, aber eine Bewegung des Admirals brachte ihn zum Schweigen.
    »Die Riemen waren weggeschossen, aber die ganze Zeit schrie und fluchte Kapitän Maulby in seiner bekannten Art.« Unter der Bandage verzog sich der Mund des Mannes zu einem Lächeln. »Er konnte manchmal ziemlich fluchen, Sir.« Das Lächeln erstarb. »Ich war Steuermannsmaat und stand allein am Ruder. Mein Steuermann lag am Boden, auch der Maat, beide waren getötet. Der Erste Leutnant war unten, sein Arm war weggeschossen worden, in diesem Augenblick drehte sich der Kapitän zu mir um und schrie: ›Gott verdamme diesen Colquhoun, Richards! Er hat uns zugrunde gerichtet!‹«
    Sein Kopf fiel vornüber, und seine Finger rutschten von der Tischkante ab, als er gebrochen wiederholte: »Das hat er gesagt: ›Er hat uns zugrunde gerichtet‹«
    Der Admiral fragte ruhig: »Und was geschah dann?« Richards wartete einige Momente, um sich wieder zu beruhigen. Noch immer wagte niemand, sich zu bewegen oder zu flüstern. Hinter den Heckfenstern schienen die Möwen zu laut, um wirklich zu sein.
    Dann sagte er: »Mr. Fox, der Zweite Leutnant, war gerade nach vorn gegangen, um Leute für die Pumpen zu suchen. Kugeln von den Geschützen der Franzosen an Land töteten den Fähnrich Mr. Vasey. Er war nur vierzehn Jahre alt, aber ein guter Junge. Als er fiel, schrie der Kapitän mir zu: ›Wenn Richard Bolitho heute bei uns wä re, wie er gewollt hat, dann würden wir es ihnen zeigen, Artillerie oder nicht!‹«
    Der Admiral fragte scharf: »Sind Sie ganz sicher? Sagte er genau diese Worte?«
    Richards nickte. »Aye, Sir. Ich werde sie nie vergessen. Denn gerade dann wurden wir wieder getroffen, und die Rah kam herunter und tötete Kapitän Maulby. Er konnte nicht einmal mehr schreien.« Er nickte wieder, sehr langsam. »Er war ein guter Kapitän, auch wenn er mehr fluchte als die meisten.«
    »Ich verstehe.« Der Admiral blickte seinen dienstältesten Kapitän an. Dann fragte er: »Können Sie sich noch an mehr erinnern?«
    »Wir liefen auf das Riff, Sir. Der Besanmast kam herunter, und eine verfluchte Drehbasse, verzeihen Sie, Sir, explodierte an der Reling und nahm mir das Augenlicht. Danach kann ich mich an nichts mehr erinnern, bis ich an Bord der Sparrow kam.«
    »Danke.« Der Admiral winkte einer Marinewache. »Ich werde dafür sorgen, daß man nach Ihnen sieht.«
    Richards tastete mit der Hand nach oben, um zu grüßen,

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