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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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warnte sie. »Baldus ist doch in der Nähe.«
    »Nein, er war drüben bei der Stute und dem Esel und ist eben in den Wald gestiefelt.«
    »Und ich dachte, du schläfst«, sagte Bernina mit gespieltem Tadel.
    Wieder die Berührungen der rauen Hand, die Berninas nackten Rücken entlangstrich. »Aber er wird«, wehrte sie sich, auch wenn es ihr schwerfiel, »gleich zurück sein.«
    »Also müssen wir schnell sein«, erwiderte Nils mit diesem frechen Ton in der Stimme.
    »Wir werden so viel Zeit auf dem Hof haben.«
    Die watschelnden Schritte des Knechtes erklangen tatsächlich, näherten sich jedoch nicht. Sie hörten, dass Baldus leise auf die beiden Tiere einsprach. Wahrscheinlich gab er ihnen die letzten Rüben, die noch übrig waren.
    »Viel Zeit?«, wiederholte Nils. »Das klingt gut.« Er zwinkerte ihr zu. »Wir müssen einiges nachholen.« Dann sah er sie mit ernsthaftem Ausdruck an. »Ich habe dir schon lange nicht mehr gesagt, dass ich dich liebe.«
    »Deine Blicke haben es immer gesagt.« Sie seufzte. »Meine Blicke hingegen nicht mehr.«
    »Wie gesagt, wir holen alles nach.«
    »Nils.« Ihre Augen suchten ihn.
    »Ich weiß, was du dir wünschst, mehr als alles auf der Welt.«
    »Ich sehe sie oft. Diese Kleine. Dieses winzige dürre Mädchen.«
    »Auch das weiß ich.« Er strich über ihre Wange. »Die Kleine können wir nicht zurückholen. Aber vielleicht … « Absichtlich ließ er den Satz offen.
    »Ja«, meinte Bernina leise. »Bald werden wir nicht mehr zu zweit sein. Ich will es, will es so sehr.«
    »Es wird schön sein.«
    »Hm.«
    »Hm?« Er rückte noch näher an sie heran, sein Gesicht dicht vor ihrem. »Das klingt nicht sehr überzeugt.«
    »Weißt du, ich hatte in den letzten Nächten wieder so seltsame Träume. Nils, ich weiß auch nicht, aber es waren mehr als Träume. Gestern musste ich an von Mollenhauer denken, an die Dinge, die vorgefallen sind. Ich habe so eine Vorahnung, dass wir noch nicht … Nun ja, dass da noch einiges Unheil auf uns wartet.« Sie verstummte kurz. »Ach, ich kann es mir selbst nicht richtig erklären.«
    »Wahrscheinlich«, bemerkte Nils beruhigt, »wirkt noch in dir nach, was du in Freiburg erlebt hast. Alles andere wäre ja auch ein Wunder.«
    »Bestimmt hast du recht.«
    »Ich habe immer recht. Schon vergessen?«
    Sie lachte. »Wie könnte ich das vergessen?«
    Während sie sich küssten, ertönte in einiger Entfernung ein angestrengtes Räuspern.
    »Guten Morgen, Baldus«, rief Nils. »Willst du uns damit etwa sagen, dass es an der Zeit ist, aufzubrechen?«
    »Entschuldigung«, meinte der Knecht aus rücksichtsvollem Abstand. »Ich will gewiss nicht stören, aber … «
    »Aber?«
    »Ich bin auf Hufspuren gestoßen. Dort drüben, zwischen den Bäumen.«
    »Na ja, mit Sicherheit von Leuten wie wir, auf dem Weg nach Hause.«
    »Offen gesagt glaube ich das nicht. Sie sollten selbst mal einen Blick darauf werfen.«
    Nils wickelte sich aus der Decke und warf sich Hemd und Wams über. Dann griff er nach dem Degen, der von jenem der drei Fremden stammte, der in von Mollenhauers Haus den Tod gefunden hatte. »Wie du meinst, Baldus.«
    Als Nils aus dem Wald zurückkehrte, gab er sich wortkarg. Sie bereiteten alles vor für den Aufbruch und zogen weiter.
    »Willst du mir nicht endlich mal erzählen, was dich so beschäftigt?«, rief Bernina Nils vom Wagen aus zu.
    Den Zügel in der Hand, ohne aus dem Sattel zu ihr herüberzusehen, antwortete er: »Es war eine erstaunlich große Gruppe, die vor uns die Gegend durchquert hat. Bestimmt an die dreißig oder vierzig Mann. Ausschließlich Pferdespuren. Kein einziger Wagen, überhaupt kein Gefährt. Das riecht für mich nach einer Söldnergruppe. Oder einer Räuberbande. Oft genug ein und dasselbe.«
    »Mir wäre es lieber«, entgegnete Bernina, »wir wären schon zu Hause.«
    Norbys Antwort bestand aus einem grimmigen Nicken.
    Ab jetzt kam es ihm noch mehr darauf an, mit größter Wachsamkeit zu reisen. Öfter als am Vortag ritt er voraus, sorgte jedoch stets dafür, nicht zu viel Abstand zum Wagen entstehen zu lassen. Die Sonne stand am Himmel, umkränzt von ein paar fast durchsichtigen Wolkenschleiern, kein Wind, nicht der schwächste Hauch, dafür eine Hitze, die immer stärker wurde. Das Gelände wurde hügeliger, aber auch vertrauter, dichte Waldstücke, die sich hangaufwärts zogen und aus deren Dunkel hier und da felsige Kuppen herausstachen.
    Es war irgendwann um die Mittagszeit, als Nils zwischen Rottannen auf den

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