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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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Wusste sie es gar?
    Nie fragte sie nach den Dingen, die er tat, und er erzählte ihr nichts. Nicht einmal den berühmten Franz von Lorathot hatte er ihr gegenüber erwähnt. Und doch – etwas ahnen musste sie einfach.
    Ihm fiel der Moment ein, als er dem früheren schwedischen Offizier vor dem einsamen Bauernhof im Schwarzwald den Degen in die Brust gerammt hatte. Solche Situationen hatte es etliche gegeben in Paul Holzapfels Leben. Warum musste er gerade an diese denken? Viel Kummer hätte er sich erspart, hätte er an jenem Tag noch einmal zugestoßen. Dieser Schwede hatte wie tot dagelegen. Später war er allerdings in Freiburg aufgetaucht. So lohnenswert Paul Holzapfels Betätigung auch war, er durfte sich nicht die geringste Nachlässigkeit erlauben. Männer, die taten, was er tat, wurden nicht alt. Schon gar nicht, wenn sie Fehler machten.
    Elisabeths Stimme schmeichelte sich in sein Ohr, mehr Musik als Worte, er lauschte ihrem Klang, nicht unbedingt dem, was sie sagte. Wie herrlich es war, hier zu sein. Würde der Krieg lange andauern, könnte er noch wesentlich mehr Geld einstreichen. Dann wäre er jedoch seltener als ohnehin schon in diesem Haus. Es war ein verrückter Kreislauf. Und den galt es zu durchbrechen.
    Als wäre dieser Gedanke ein lautloses Stichwort, sagte Elisabeth gerade: »Du musst versprechen, bis zum nächsten Besuch nicht wieder so viel Zeit vergehen zu lassen, Paul.«
    Er nickte. »Das stimmt.«
    »Ich meine es ernst«, meinte sie mit gespieltem Tadel und die kleine Hermine, gerade vier Jahre alt geworden, plapperte sofort ihre Worte nach.
    »Ich doch auch.« Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln, es fühlte sich ungewohnt an, denn in seinem Leben gab es kaum Anlass zur Heiterkeit.
    Die zarten Finger des Mädchens wagten sich zu seinem Goldring vor, und er zog seine Hand schnell zurück – es war ihm irgendwie unangenehm, dass Hermine dieses Schmuckstück berührte.
    »Also sag schon, wann kommst du wieder zu uns?«, fragte Elisabeth.
    »Bald.«
    Sie nickte. Wahrscheinlich hatte sie ohnehin nicht mit einer klaren Antwort gerechnet. »Bald?«, wiederholte Elisabeth seine vage Angabe. »Was heißt das?« Sie bemühte sich, ihm ein Lächeln zu schenken.
    »Ich schätze, in drei oder vier Wochen.« Eine Sache stand noch an, er wusste es, ihm war nur nicht klar, was genau gespielt wurde. Lorathot hatte sich äußerst bedeckt gehalten, aber irgendetwas beschäftigte den Feldmarschall mächtig. Und somit würde es auch Paul Holzapfel beschäftigen.
    »Schon? Das wäre wunderbar«, antwortete sie und streichelte Hermine durch ihr blondes Haar.
    »Ja«, sagte er nur.
    Paul Holzapfel tunkte etwas Brot in die Milch und biss davon ab. Er begann, Fragen zu stellen, nach Elisabeths und Hermines Alltag, nach diesem und jenem, seine Stimme verlor ihren flüsternden Ton, wurde voller. Es war wie immer, wenn er hierher kam: Nur ganz allmählich verwandelte er sich in einen gewöhnlichen Menschen. Er hörte zu, lachte, unterhielt sich, streichelte ebenfalls seiner Tochter durchs Haar. Und er verdrängte, dass er, sobald er aufbrach, im Nu wieder der Alte würde, spätestens in der Sekunde, wenn er sich auf sein im Wald verstecktes Pferd setzen und losreiten würde, die Kraft des Tieres unter sich spürend, der Degen gegen das Bein schlagend. Dann, wenn er nicht mehr Paul Holzapfel, sondern der Mann ohne Namen sein würde.
     
    *
     
    Während Bernina ein Ei nach dem anderen ins Mehl gab, sah sie gelegentlich nach draußen, wo die anderen damit beschäftigt waren, Decken auf der Erde auszubreiten. Man wollte die letzten Sonnenstrahlen des Tages genießen und ein herzhaftes Abendessen miteinander einnehmen.
    Voller Angst war sie gewesen, als Nils und die übrigen Teichdorfer losgeritten waren, um die trostlose Aufgabe zu verrichten. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, die Männer würden geradewegs der nächsten Gefahr entgegeneilen.
    Diesmal allerdings hatte ihr Gespür sie getäuscht. Umso größer war ihre Erleichterung, als die Männer wohlbehalten zurückgekehrt waren. Keine Vorkommnisse, keine fremden Reiter: Alles war gut gegangen. Gut möglich, dass die Söldner, abgeschreckt durch den beherzten Widerstand der Einheimischen, bereits dabei waren, der Gegend den Rücken zu kehren, um anderswo Angst und Entsetzen zu verbreiten.
    Alle hatten mitgebrachte Vorräte auf einen Haufen geworfen, alle legten zusammen, und Bernina hatte ihre Vorratskammer geplündert. Sie rührte einen Teig für Pfannkuchen und

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