Die Entscheidung liegt bei dir!
stellen doch alle möglichen Erwartungen an mich: mein Ehepartner, meine Kinder, mein Chef, meine Bekannten, die Gesellschaft!« Wenn zum Erwachsenwerden immer auch ein Trennungsprozess gehört, dann beinhaltet dies auch ein Sich-Trennen von den Normen und Werten, die andere uns als verbindlich vorgeben. Prüfen Sie diesen Gedanken:
Die Erwartungen anderer sind
die Erwartungen anderer.
Die Erwartungen anderer haben zunächst mit Ihnen nichts zu tun. Erwartungen sind Vorausurteile. Die anderen – wer immer das sei – haben in ihrer Vergangenheit bestimmte Erfahrungen gemacht, die sie als erfolgreich, begründet und angemessen erlebt haben. Und sie erwarten nun, dass Sie sich nach diesen – fremden – Erfahrungen richten.
Meist richten wir uns nach diesen Erwartungen, ohne den |61| Preis, den wir dafür zahlen, wirklich zu hinterfragen. So pflegen viele Frauen ihre alten Verwandten, weil es von ihnen erwartet wird. Dabei stellen sie ihre eigenen Ansprüche an Lebensqualität zurück, gehen nie aus, lehnen oft sogar Hilfe von außen ab. So beuten sich viele Männer bis zur Selbstaufgabe aus, um der Rollenerwartung des »Ernährers« gerecht zu werden. So wird der Vorgarten peinlichst gepflegt, der Rasen millimeterkurz gehalten, damit die Nachbarn nichts auszusetzen haben.
Den Erwartungen anderer
können
Sie nachkommen. Das
müssen
Sie aber nicht. Sie mögen sich beispielsweise über den Anspruch Ihrer Schwiegereltern, Sie sollten Ihre Kinder nach anderen Maßstäben erziehen, furchtbar aufregen. Sie können ein Drama daraus machen, sich jede Einmischung verbitten, einen riesigen Tanz aufführen. Ungeachtet dessen entscheiden Sie selbst, ob Sie dieser Erwartung entsprechen wollen. Das können Sie tun – oder lassen. Für beides sind Sie verantwortlich.
Sie können sich natürlich bewusst dafür entscheiden, sich nach den Erwartungen anderer zu richten. Das wird hin und wieder auch ratsam sein, wollen Sie in einer Gruppe oder einem Team anerkannt werden. Viele haben aber die Erwartungen anderer derart verinnerlicht, dass sie sie für ihre eigenen halten. Das Problem beginnt also erst, wenn Sie sich den Erwartungen anderer reflexhaft unterwerfen. Wenn Sie dem Gebot »Mach’s anderen recht!« fast automatisch folgen. Das ist der Druck, den Sie sich selber machen. Gefallsucht und vorauseilender Gehorsam sind oft die zweifelhaften Folgen.
Wenn Sie aber zwanghaft fürchten, dass der andere Sie nicht mehr mag, sobald Sie seinen Erwartungen nicht entsprechen, machen Sie sich zum Spielball des anderen. Dann geben Sie einem anderen viel Macht über sich. Sie verlagern |62| Ihre Steuerungsinstanz nach außen. Und das ist das Ende einer selbstverantwortlichen Lebensführung.
Sie sind nicht auf der Welt, um die Erwartungen anderer zu erfüllen.
Ein zweites Drama beginnt, wenn Sie die Erwartungen anderer
abwerten
. Das müssen Sie keineswegs tun. Denn alle Ihre Mitmenschen haben das Recht, Verhalten zu fordern, Erwartungen an Sie zu stellen. Meiner Erfahrung nach würden sich zwar die wenigsten in Diskussionen über Einsteins Relativitätstheorie einlassen. Anders bei der Kindererziehung: Da glauben die meisten, intime und allgemeingültige Kenntnisse zu haben. Kein Grund, sich aufzuregen! Selbstverständlich können sie sich einmischen und Erwartungen formulieren. Aber
Sie
entscheiden, wie
Sie
handeln.
Welch ein Stress!
»Wir sind heute Abend bei Müllers eingeladen.« Gerade nach Hause gekommen, werden Sie von Ihrer Frau mit dieser frohen Botschaft empfangen. Sie wissen, was auf Sie zukommt, insbesondere mit diesen langweiligen Müllers. Aber es ist nun mal die Kegelfreundin Ihrer Frau. Sie beißen die Zähne zusammen, machen gute Miene zum bösen Spiel, gehen mit, »ihr zuliebe!«, erleben einen dieser unendlich öden Meiers-treffen-Müllers-Abende – und fahren auf dem Nachhauseweg aus der Haut: »Ich habe dir doch schon hundertmal gesagt …« Streit bis in die frühen Morgenstunden. Was Sie unterschlagen:
Sie
haben Ja gesagt.
Sie
sind mitgefahren.
Sie
haben gewählt.
Sie
tragen ganz allein die Verantwortung für Ihr Tun. Nicht Ihre Frau.
Weil viele Menschen die eigene Entscheidung vergessen haben, gibt es ein Phänomen mit dem Namen »Stress«. |63| Haben Sie mal ein Anti-Stress-Buch gelesen oder ein Anti-Stress-Seminar besucht? Dort gibt es sehr viele dankenswerte Handreichungen, wie man mit dem Stress fertig werden kann (meistens soll man rennen oder meditieren oder beides). Sehr viel Nachsorgendes und
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