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Die Entscheidung liegt bei dir!

Die Entscheidung liegt bei dir!

Titel: Die Entscheidung liegt bei dir! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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immer die Sicherheit des Kindes.
    Wenn Sie Lob annehmen, machen Sie sich klein. Wenn Sie nach Lob suchen, sind nicht die eigenen Bewertungskriterien wichtig, sondern fremde. Was andere sagen, bestimmt dann Ihr Leben. Damit setzen Sie andere an das Steuer Ihres Lebensautos. Damit lassen Sie andere fahren. Und Sie purzeln auf der Rückbank in jeder Kurve von der einen Seite zur anderen.
    In ihrer Gier nach dem Applaus
    der Umwelt werden manche zwar alt,
    aber nie erwachsen.

Wie denn besser?
    Mancher mag sich fragen: Ja gut, aber wie soll ich mich denn wertschätzend auf andere beziehen, wie kann ich denn – ehrlich, |132| ohne auf Vorteile zu spekulieren – Anerkennung zeigen? Es kann mir doch nicht alles egal sein! Nur einige kurze Bemerkungen dazu, weil ich hier weder einen Erziehungsnoch einen Führungsratgeber schreibe. Es geht mir um die Konsequenzen des Lobens auf uns und unsere Freiheit. Und der angemessene Umgang mit der wohlwollenden Beachtung durch andere gehört zum Schwierigsten, was wir als Aufgabe auf unserem Weg des Erwachsenwerdens zu lösen haben. Wer etwa das Lob durch andere ungefiltert in Selbstwertgefühl umsetzt, verrät, dass er oder sie auf sich selbst wenig hält. Er verrät, dass er eigentlich gar kein Selbst-Wertgefühl hat, sondern nur ein Fremd-Wertgefühl. Das mag verständlich sein, aber es hat auch etwas Billiges. Uns alle verlangt danach, gesehen und anerkannt zu werden. Ja, viele Menschen fangen schon an zu leiden, wenn sie keine erste Rolle im Bewusstsein eines anderen spielen. Gibt es etwas Angenehmeres als die wohlwollende Zuwendung anderer Menschen? Gibt es ein wohligeres Gefühl als ihre teilnehmende Einfühlsamkeit? Gibt es etwas Unwiderstehlicheres als die Aufmerksamkeit anderer Menschen?
    Aufmerksamkeit! – jawohl, aber nicht Lob! Freundlichkeit! – ja, aber nicht Lob! Wenn ich mit Menschen spreche, die offen zugeben, dass sie gerne mehr gelobt würden und dass ihnen das eine oder andere Kompliment schon gut täte, und ich sie frage: »Wie sähe eine Anerkennung aus, über die Sie sich wirklich vorbehaltlos freuen würden?«, dann wird mir regelmäßig eines deutlich: Was die Menschen spüren, ist ein Kontaktdefizit. Es fehlt an der Wärme des Umgangs, an Herzlichkeit. Was sie vermissen, ist Zugewandtheit, echtes Interesse vonseiten des anderen (lat. »inter esse« = dazwischen sein). Wonach sie sich sehnen, ist, wahrgenommen zu werden, nicht nur als Leistungserbringer, sondern als Mensch. Dafür, |133| für diese
unbedingte
Aufmerksamkeit, haben sie aber keine Sprachmünze. Deshalb wählen sie ersatzweise die Sprachmünze der
bedingten
Zuwendung – das Lob.
    Das also ist dem Lob entgegenzusetzen: sich mitfreuen mit dem Erfolg des anderen, dies auch deutlich körpersprachlich zeigen, gemeinsam einen Erfolg feiern (nicht feiern, um danach etwas zu bekommen), eine großzügige, wohlwollende Beachtung, eine Form aktiver Nächstenliebe. Aber keine, die sich opfert, keine, die sich mildtätig herablässt, sondern eine aufrechte Nächstenliebe, die sich gefällt in unbedingter Freundlichkeit, die sich gefällt im Entfalten von Liebenswürdigkeit – die klug ist, nicht moralisch, weil ihr durch Herzlichkeit zufliegt, was sich andere durch die Verbreitung von Furcht und Schrecken holen müssen.
    Ich könnte weiter einschränken: Die Art und Weise ist sicherlich wichtig. Es ist ein Unterschied, ob ich sage: »Das haben Sie gut gemacht!«, oder ob ich mich mit einem Lächeln oder einem einfachen »Danke schön« äußere. Es ist ein Unterschied, ob ich eine Sie-Botschaft sende (»Sie haben damit eine gute Arbeit geleistet!«) oder eine Ich-Botschaft (»Ich habe mich über Ihre Arbeit sehr gefreut«). Es ist ein Unterschied, ob ich den ganzen Menschen lobend ausstelle (»Sie sind ein sehr belesener Mensch!«) oder ob ich mich auf eine konkrete Situation beziehe (»Ihr Hinweis auf die Bedürfnisstruktur von Kindern hat mir im Konflikt mit meiner Tochter sehr geholfen!«). Und ob ein Lob wirklich eine solch negative Wirkung auf unsere Selbstbestimmung hat, wie oben dargestellt, ist sehr vom Kontext abhängig. Wo Menschen auf Augenhöhe miteinander sprechen und arbeiten, ist ein Lob weniger verhext. Alles das gilt es zu beachten. Gewiss ist: Wir können gar nicht genug Liebe, Respekt und Aufmerksamkeit bekommen. Das Lob ist aber selten das richtige Mittel, diesem Ausdruck zu geben.

|134| Fragen gestellt – durch Fragen gestellt
    Nur gefragt?
    Wie das Lob bieten sich auch Fragen

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