Die Entscheidung liegt bei dir!
Sache vom Applaus der Umwelt abhängig macht, ist wirklich arm dran. Sie können sicher sein: Irgendwelche Daumen zeigen immer nach unten.
Am Anfang steht also ein Erkennen: Es geht zunächst nicht darum, aus dem System der Motivierung auszusteigen, sondern das System zu durchschauen. Wenn wir verstehen, wie das System funktioniert und welche Konsequenzen es hat, können wir leichter damit umgehen.
Denn davon bin ich zutiefst überzeugt: Den höchsten Preis, den ein Mensch zahlen kann, ist der Verlust seiner Selbstachtung. Es gibt aber nichts und niemanden, keine zwingenden Umstände und keinen mächtigen Einzelnen, der uns die Selbstachtung nehmen kann. Das können wir nur zulassen. Dafür sind wir selbst verantwortlich. Wir können sie uns nur selbst nehmen. Nicht mit einer großen, dramatischen Opfergeste, sondern durch die vielen kleinen Selbstabwertungen, die die Anpassung an das System der Motivierung unfehlbar mit sich bringt: wenn wir uns ausliefern an das Hü und Hott des Anreizens und Anspornens, an die subtilen Bestechungsversuche, an die lockenden Belohnungen und das süchtig machende Lob – an all die Drogen, die samt und sonders aus Kontrollwille, Manipulation und Geringschätzung geboren sind.
Ob es moralisch zulässig ist, jemanden zu manipulieren, darüber mag man trefflich streiten. Es spricht einiges dafür, |155| dass es moralisch unbedenklich ist, wenn die manipulative Absicht offen gelegt wird. Einerlei: Es ist an uns, ob wir uns manipulieren
lassen
. Hundert Würste mögen vor unseren Nasen baumeln – niemand kann uns zwingen, hinterherzulaufen. Hineinbeißen müssen wir selbst. Es ist an uns, der Verführung zu erliegen. Das müssen wir nicht. Wir können uns dagegen entscheiden. Wir können unseren
eigenen
Weg gehen.
Aber vielleicht sollten Sie das doch lieber nicht tun. Es kostet ja wieder Arbeitsplätze. Die der Werbebranche zum Beispiel. Die lebt davon, Ihnen Ersatzträume zu verkaufen.
Glück ist keine Glückssache
Schauen wir einen Augenblick zurück auf den Weg, den wir in diesem Buch gemeinsam gegangen sind. Wir haben im ersten Teil des Buches das
Entscheidenkönnen
untersucht, die Wahlfreiheit als Quelle unserer Selbstverantwortung betrachtet. Im zweiten Teil haben wir die Frage geprüft, was ein selbstverantwortliches Leben behindert, was uns passiv, zögerlich, abhängig werden lässt. Welche Wirkung es für unser Leben hat, wenn wir
entscheiden lassen
.
Jetzt ist ein Punkt erreicht, an dem wir den entscheidenden Schritt tun können. Denn
entscheiden können
oder
entscheiden lassen
macht noch keine Aussage über die Qualität des Lebens. Was ist der Gewinn selbstbestimmten Lebens? Was macht ein Leben zu einem
geglückten
Leben? Wir sind keine leeren Eimer, die man mit guten Sachen, mit Freuden, Besitztümern, Lustgefühlen oder anderen Vergnügungen einfach vollstopft und das Ganze dann mit »Glücklichsein« beschriftet. Mit geglücktem Leben ist hier auch nicht das Glück des Augenblicks |156| gemeint. Solche Momente gibt es. Sie sind wunderbar, und sie sind selten. Sie zeichnen sich durch Vollständigkeit aus. Wir haben, was wir wollen, und dazwischen drängen sich keine anderen Erwartungen. Die Wunschmaschine schläft. Nein, was hier zur Untersuchung ansteht, ist die Bedingung
bleibenden
Glücks, der bleibenden Tendenz, sich glücklich zu fühlen. Es geht darum, dass wir eine glückliche Stimmung oder Einstellung haben.
Wenn es ein »Geheimnis des Glücks« gibt, so liegt es darin, dass man sich seiner Freiheit, seiner Autonomie, seiner Gestaltungskraft immer und überall bewusst ist und von diesem Bezugspunkt aus die aktuelle Situation als gut oder besser werdend betrachtet. Denn was unser Glück bestimmt, ist unserer Kontrolle zugänglich. Das können wir beeinflussen. Wie wir uns entscheiden und wie wir die Dinge betrachten – das mag in manchen Situationen sicher schwerer fallen als in anderen. Aber letztlich ist es doch unsere Einstellung, die Kraft unserer Entschlossenheit, die
Entschiedenheit nach der Entscheidung
, die ein Leben glücklich werden lässt. Entschiedenheit trägt dazu bei, dass sich die Vorhersage »Dieses Leben wird glücken!« erfüllt. Entschiedenheit ist wie eine Wettervorhersage, die Einfluss auf das Wetter nimmt. Kurz: Glück ist keine Glückssache.
|157| Entschieden leben
|159| Glück folgt der Entschiedenheit
Meister des Lebens
Der Medizinprofessor, dem die Warnung vor der schädlichen Wirkung des Alkohols besonders am Herzen liegt,
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