Die Entscheidung liegt bei dir!
einen nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Und die Sorge um die Familie und der Gedanke an die monatlichen Rechnungen hält viele davon ab. Aber unmöglich ist es nicht, das wissen Sie. Kreative Lösungen gibt es in jedem Berufsfeld. Es kostet nur größere Anstrengungen.
Jeder von uns kennt das Gefühl innerer Zerrissenheit, wenn Entscheidungen anstehen: Die Äpfel in Nachbars Garten …, das eigentliche Leben findet woanders statt …, warum nicht |170| ganz etwas Neues anfangen …, beim nächsten Mann wird alles anders …, beim nächsten Job komme ich groß raus … – es sind so viele Interessen, die im inneren Monolog miteinander rivalisieren, dass es schwerfällt, klar Prioritäten zu setzen. Am liebsten alles gleichzeitig. Dieses Leben ist ja die letzte Gelegenheit!
Als literarisches Beispiel dient uns Flauberts Madame Bovary mit ihrer Unfähigkeit, die Grenzen dessen zu erkennen, was sie begehrte, den Ort wahrzunehmen, an dem sie sich befand, den Menschen anzuerkennen, mit dem sie zusammen war, das Mögliche zu sehen, nicht das Unmögliche zu erhoffen, das Anwesende zu schätzen, nicht das Unwiederbringliche zu ersehnen.
Je mehr Wahlmöglichkeiten, desto wichtiger ist Entschiedenheit – jeder, der sich mal einen Abend lang durch die verschiedenen TV-Kanäle gezappt hat, kennt das unbefriedigende Gefühl mangelnder Entschiedenheit. Das gilt auch für die Lebensentscheidungen. Das Leben vieler Menschen gleicht nämlich einem Schulaufsatz. Oft heißt es am Ende: Thema verfehlt! Umso wichtiger ist es, für sich Prioritäten festzulegen, die die eigenen Werte spiegeln. Wenn bei einem Menschen die Zeit mit der Familie an oberster Stelle steht, schließt das viele Handlungsalternativen aus. Wer entscheidet, niemals einen Job anzutreten, der gegen die eigenen Wertvorstellungen verstößt, wird sein Wahlspektrum eingrenzen müssen und gegebenenfalls auf viele andere Wünschbarkeiten verzichten. Deshalb ist es hilfreich, sich von Zeit zu Zeit zu fragen:
Worum soll es in meinem Leben wirklich gehen?
Bin ich auf dem richtigen Spielfeld?
Mache ich einen Unterschied?
|171| Vor allem bei den großen Lebensentscheidungen sollten Sie sich fragen: Trägt diese Entscheidung dazu bei, »meine Sache«, meinen Lebenstraum zu verwirklichen? Viele Menschen laufen mit dem Gefühl herum, gleichsam »im falschen Film« zu sitzen. Sie sind Statisten im eigenen Leben, weil sie nach Drehbüchern leben, die andere ihnen geschrieben haben. Weil sie Rollen spielen, die ihnen nicht liegen. Ersatzweise gehen sie dann ins Kino und schauen sich dort das wahre Leben an. Von dem Filmhelden erwarten sie dann, dass er sich entschieden für »seine Sache« einsetzt, dass er »sein Ding durchzieht« – natürlich gegen Widerstände und Missgünstige, was den Streifen spannend macht. Schafft er es? Kann er die Hindernisse überwinden? Wir atmen auf, wenn er es – statt unser – wieder mal geschafft hat. Durch den verheißungsvoll strahlenden Haupteingang sind wir ins Kino hineingegangen; durch den glanzlosen Hinterausgang kehren wir zurück zu unserer realen Nebenrolle. Muss das sein?
Keineswegs. Jeder von uns kann sich entscheiden, die Hauptrolle in seinem Leben zu übernehmen. Ein praktischer Arzt schreibt: »Ich kannte mal einen Fabrikarbeiter, der wollte unbedingt einen Reitstall besitzen. Das war wirklich eine fixe Idee. Heute hat er seinen Reitstall – und eine Million Euro Schulden. Jeden Tag wacht er mit dem Gedanken auf, man könnte ihm heute die Bude pfänden. Doch ich kenne keinen Menschen, der so vollkommen glücklich ist wie dieser Mann. Patienten, die mit Depressionen zu mir kommen, rate ich darum oft: Baut einen Reitstall, dann habt ihr was vom Leben.«
Manchmal ist Entschiedenheit sogar wichtiger als Fähigkeit. Beispiel: Madonna. Sie hat kein Talent, aber sie weiß, was sie will.
|172| 100 Prozent »Ja!«
Ich mache oft die Erfahrung, dass die Erwartung vieler Menschen darauf hinausläuft, etwas ändern zu wollen, das nun mal gar nicht oder nur zu einem extrem hohen Preis zu ändern ist. Das Gesicht, das ich habe, ist mir vom lieben Gott (oder wenn Sie das lieber hören: vom genetischen Code meiner Eltern) geschenkt worden. Natürlich könnte ich auch zu einem Schönheitschirurgen gehen … Der Chef, der mir vorgesetzt wurde, sitzt nun mal da, obwohl ich für seinen Job weit besser geeignet wäre. Natürlich könnte ich die Mafia anrufen … Wenn ich im Stau stehe, stehe ich im Stau. Natürlich könnte ich
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