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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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sie nun auch noch ihren Säugling verlieren, so war Johanna sich nicht sicher, ob sie das verkraften würde. Voller Hoffen und Bangen entfaltete Johanna den Zettel und sah, wie der Name vor ihren Augen verschwamm.
    Nein. Das durfte nicht sein. Ein Schluchzer entrang sich ihrer Kehle, ehe sie ihn unterdrücken konnte. Sie schlug die Hand vor den Mund und brauchte einen Moment, um sich zu fangen.
    „Und?“, fragte Haldor, einer der Vorsitzenden des Dorfes. „Wer ist es denn nun?“
    Johanna blinzelte die Tränen weg und räusperte sich, weil sie ihrer Stimme nicht mehr traute. Dann sagte sie laut und deutlich:
    „Mady Swanasdottier.“

Kapitel 6
Die Zeit drängt
    Darrek fuhr wie der Teufel. Es war, als würde ihn etwas antreiben oder rufen, sodass er das starke Bedürfnis verspürte, um jeden Preis noch an diesem Abend bei den Outlaws anzukommen. Seit Stunden schon saß er hinter dem Steuer, ohne sich eine Pause zu gönnen. Er hatte seit fast einem Tag kein Blut mehr getrunken und die Erschöpfung war ihm deutlich anzusehen.
    Aber er ließ nicht locker. Sie konnten es schaffen. Die Straßen waren zwar schlecht befestigt und holprig, aber sie würden die Wanderwege trotzdem bald erreichen.
    Laney beobachtete Darreks Eile mit Sorge. Er schien wie besessen von dem Gedanken, möglichst bald anzukommen, und hatte keinerlei Auge für die Schönheit des Geländes, durch das sie fuhren. Die Landschaft wechselte zwischen öden Lavaflächen, Gletschern, bizarr geformten Felsen und grünen Flächen. Es war ganz anders, als Laney es sich vorgestellt hatte. Sie hatte eigentlich erwartet, Island würde so ähnlich aussehen wie Buffalo, mit endlosen Wäldern und haushohen Tannen. Aber da hatte sie sich geirrt. Bäume gab es hier nur sehr wenige. Und wenn, dann waren sie kaum höher als Laney selber.
    „Ich hätte nie gedacht, dass es in Island keine Wälder gibt“, sinnierte sie. „Ich dachte immer, Island wäre wie Schottland oder Irland.“
    Darrek warf ihr einen kurzen Blick zu und konzentrierte sich dann wieder auf den holprigen Weg.
    „Das ist doch gemeinhin bekannt, Laney“, erklärte er ungeduldig. „Die Bäume werden hier höchstens mannshoch. Wenn überhaupt. Man macht sogar Witze darüber.“
    Laney zog eine Augenbraue nach oben.
    „Ach ja? Was für welche denn?“, fragte sie, sowohl aus Interesse, als auch um ihn ein wenig von seiner Eile abzulenken.
    Er stand so unter Strom, dass er jeden Moment explodieren konnte.
    „Was macht ein Isländer, wenn er sich im Wald verirrt hat?“, fragte Darrek.
    Laney zuckte mit den Schultern.
    „Aufstehen“, sagte Darrek und lächelte leicht.
    Laney lachte.
    „Der ist wirklich gut“, gab sie zu. „Allein die Vorstellung. Ich hätte ja nie gedacht, dass du Witze kennst.“
    Darrek zuckte mit den Schultern.
    „Manchmal kann das ganz hilfreich sein, um Frauen zu beeindrucken. Wer will schon den ganzen Abend mit einem Miesepeter verbringen?“
    Laney stellte erleichtert fest, dass Darrek sich wieder etwas beruhigt hatte, und ihr Blick glitt zurück zur Straße. Sie fuhren gerade um eine riesige Felsformation herum, die ihnen die Sicht auf den Rest des Weges versperrte. Darrek hatte zum Glück ein wenig das Tempo gedrosselt, denn die Straße war hier besonders uneben und zur Seite hin stark abschüssig.
    „Gibt es hier denn gar keine befestigten Straßen?“, fragte Laney, als sie wieder durch ein Erdloch fuhren. „Das ist ja schrecklich.“
    „Feste Straßen lohnen sich nur, wo es viele Menschen gibt, Prinzessin“, erklärte Darrek ihr. „Aber der Großteil der Bevölkerung lebt rund um Reykjavik. Hier draußen gibt es höchstens kleine Dörfer, und im Moment fahren wir ohnehin durchs Niemandsland. Insofern …“
    „Darrek, pass auf!“, schrie Laney in diesem Moment und zeigte nach vorne.
    Darrek hatte einen Augenblick nicht aufgepasst und vor ihnen war wie aus dem Nichts ein anderes Fahrzeug aufgetaucht, das durch den Felsen verdeckt gewesen war. Es stand mitten auf der Straße und versperrte somit den gesamten Weg. Reflexartig trat Darrek auf die Bremse und riss das Lenkrad herum. Das Fahrzeug rutschte den Abhang hinunter und überschlug sich, bis es schließlich in einem Sandhaufen stecken blieb.
    „Scheiße, scheiße, scheiße“, fluchte Darrek und schlug mit der Hand auf das Lenkrad ein. „Warum hast du mich nur abgelenkt?“
    Benommen tastete Laney ihr Gesicht ab und stellte erleichtert fest, dass sie nur eine kleine Platzwunde am Kopf hatte. Sie fühlte

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