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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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Gefühl, als hätte er verhindern müssen, dass der Mann einen Säugling in seiner Obhut zurückließ.
    George mochte keine Kinder. Oder zumindest hatte er keine Ahnung, wie man mit ihnen umging. Er hatte weder kleine Geschwister noch junge Cousins oder Cousinen. Auch in seinem Freundeskreis war noch niemand Vater geworden, insofern kannte er sich mit Babys einfach nicht aus.
    Dennoch vermutete er, dass auch so eigenartige Babys wie dieses hier Wärme brauchten, und drückte Mady an seine Brust. Das Kind war überraschend warm und suchte offensichtlich instinktiv seine Nähe. Was hatte Einar noch gesagt? Keine Sorge. Sie hat noch keine Zähne.
    Und wenn sie welche hätte? Was würde sie dann machen? Eine Gänsehaut zog sich über Georges gesamten Körper und er schob das Kind wieder von sich weg. Sollte das Ding doch frieren.
    Vorsichtig, um es bloß nicht zu wecken, bettete er das Baby auf den Boden und griff dann nach dem Spiegel, den die Kinder ihm gegeben hatten. Er verstand immer noch nicht so ganz wozu eigentlich. Es war offensichtlich, dass sie ihm damit keinen Gefallen tun wollten. Aber was war so schlimm daran, wenn er einen Blick nach draußen warf? Was konnte es geben, das ihn so erschrecken würde, dass es den Jungen Vergnügen bereitete?
    George beschloss, das Risiko einzugehen, und streckte den Spiegel nach oben durch das Gitter. Draußen war es durch das Mondlicht fast taghell und George konnte sich mithilfe des Spiegels einen guten Überblick verschaffen. Sein Erdloch schien sich mitten im Dorf zu befinden. Es gab hier zwar keine Kirche, aber ein relativ großes Gebäude, das möglicherweise eine Art Kapelle darstellen sollte. Und genau davor stand ein großer dunkler Stein, auf dem etwas lag.
    George drehte den Spiegel noch etwas weiter, um zu sehen, was es war, bis er die Umrisse einer Frau erkannte. Sie lag mitten auf dem Stein und hatte die Arme und Beine weit ausgebreitet. Ihr Blick war in den Himmel gerichtet, als würde sie auf ihre eigene Auferstehung warten. Ein Schauer überlief George. Was hatten die Bewohner dieses Dorfes bloß für ein Problem?
    In diesem Moment ertönte ein Kreischen und George ließ vor Schreck den Spiegel fallen. Ein solches Geräusch hatte er noch nie gehört. Es hörte sich so ähnlich an, als würde jemand mit den Fingernägeln über eine Tafel kratzen. Er hielt sich die Ohren zu und Adrenalin durchströmte seinen Körper.
    Was war das gewesen? Obwohl George wusste, dass es nicht klug war, hob er den Spiegel wieder vom Boden auf und steckte ihn mit zitternden Fingern zurück durch das Gitter. Und dann sah er es. Am mondhellen Himmel flog eine Kreatur, die so grausig aussah, als stammte sie direkt aus einem seiner schlimmsten Albträume. Das Monster war groß, hatte lange fledermausartige Flügel, schwarze Haut und rot leuchtende Augen. Seine spitzen Zähne zeichneten sich deutlich in seinem Gesicht ab, und als es zum zweiten Mal einen Schrei ausstieß, hätte sich George am liebsten in einer Ecke des Erdloches versteckt. Doch er konnte sich nicht rühren.
    Starr vor Angst beobachtete er, wie das Wesen über dem großen Stein kreiste und George musste zugeben, dass er den Mut der Frau bewunderte, die unter dem Monstrum lag. Sie schrie nicht. Sie weinte auch nicht, sondern sie lag einfach nur stumm da und schien sich völlig mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben. Das Monster senkte sich weiter hinab und schien fest entschlossen, die Frau anzugreifen. Doch genau in diesem Augenblick machte das Baby neben George den Mund auf und stieß einen lauten, durchdringenden Schrei aus.
    George fuhr erschrocken herum. Er ließ den Spiegel fallen, griff nach dem Messer, das immer noch im Boden steckte und rannte zu dem Kind. Er wusste, dass er das Baby dazu bringen musste zu schweigen. Schnell krempelte er seinen Ärmel hoch, schnitt sich in den Unterarm und drückte die blutende Stelle dem Baby an den Mund. Mady reagierte sofort.
    Sie hörte auf zu weinen und fing augenblicklich zu trinken an. Erleichtert drückte George das Baby an sich und zog sich in die hinterste Ecke des Erdlochs zurück.
    Doch in diesem Moment ertönte ein lautes Krachen, das George das Blut in den Adern gefrieren ließ. Das Monstrum hatte das obere Gitter aus den Angeln gerissen. Das bedeutete, dass es nur noch Sekunden dauern konnte, bis es bei ihnen sein würde.
    Fassungslos sah Viktoria, wie der Dämon das erste Gitter des Erdlochs aus den Angeln riss. Er hatte Mady gehört und es war eindeutig, dass

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