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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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sah, wie Annick und Alain nacheinander eine Karte ablegten und dann warteten. Minutenlang.
    Vermutlich unterhielten sie sich dabei auf ihre stumme Weise, ohne dass William es bemerkte, aber sie bewiesen unheimlich viel Geduld.
    „Will“, sagte Annick schließlich. „Du bist dran. Komm schon. Wir werden dich schon nicht beißen.“
    Da fasste William sich ein Herz. Er griff nach den Karten, die in seinen Händen sofort für andere unsichtbar wurden, und betrachtete sie.
    „Na, das ist ja mal eine praktische Art, die anderen daran zu hindern, einem in die Karten zu gucken“, sagte Annick amüsiert.
    William seufzte und legte dann eine Karte ab. Sobald sie den Kontakt zu ihm verloren hatte, wurde sie wieder sichtbar. Fasziniert betrachteten Annick und Alain das Schauspiel.
    „Wow. Funktioniert das bei allen Gegenständen?“
    „Nein“, gab William zurück. „Nicht bei allen. Nur bei Kleidung oder Dingen, die zu einem Großteil mit meiner Haut in Kontakt stehen. Ich könnte zum Beispiel kein ganzes Bett verschwinden lassen. Und kein Auto.“
    Annick nickte und legte die nächste Karte ab.
    „Und was ist mit Lebewesen?“, fragte sie neugierig.
    „Das kommt darauf an. Wenn ich kein Oberteil anhätte und ein Baby oder Kleinkind auf den Arm nehmen würde, dann wäre das kein Problem. Einen ausgewachsenen Mann hingegen könnte ich nicht einmal dann unsichtbar machen, wenn ich komplett nackt wäre.“
    Alain schmunzelte und sah Annick an. Diese wandte sich direkt wieder William zu.
    „Er fragt, ob du das schon mal ausprobiert hast“, sagte sie lächelnd.
    William zuckte leicht zusammen und war froh, dass Annick das nicht sehen konnte. Ja, er hatte es einmal schon ausprobiert. Und es hatte nicht funktioniert. Durch sein Versagen hatte William den einzigen Mann verloren, den er je geliebt hatte. Aber das wollte er Annick und Alain nicht sagen.
    „Nein“, antwortete er daher. „Das habe ich nicht. Aber ich kenne meine Gabe. Und ich kenne meine Grenzen. Es würde zu viel Kraft kosten, so ein großes Objekt über längere Zeit zu verstecken. Es ist ja bereits anstrengend, mich selber über mehrere Tage unsichtbar zu machen.“
    Annick zuckte mit den Schultern.
    „Warum lässt du es dann nicht einfach?“, fragte sie. „Liliana ist nicht da und wir beide werden dir nichts tun. Solange du bei uns bist, brauchst du dich doch nicht zu verstecken.“
    „Tut mir leid, Annick“, sagte er. „Ihr seid wirklich nett. Aber ich darf euch nicht vertrauen. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel und ich habe keine Ahnung, was Liliana noch vorhat. Ich muss es herausfinden. Und sobald ich es weiß, werde ich von hier verschwinden.“
    Betrübt sah Annick zu Boden und Alain legte ihr aufmunternd eine Hand auf den Arm.
    „Wir würden auch gerne einfach verschwinden“, gab Annick zu. „Aber das geht leider nicht. Wir haben Akima die Treue geschworen und sie war immer sehr gut zu uns. Und außerdem …“
    „Außerdem was?“
    „Ach nichts. Ich hoffe auf jeden Fall, dass du es schaffst zu entkommen, William. Es ist eigentlich verrückt, dass du nicht schon längst gegangen bist. Denn je näher wir den Ältesten kommen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass deine Flucht gelingt.“
    William wusste, dass Annicks Worte der Wahrheit entsprachen. Aber er konnte nicht gehen. Nicht bevor er nicht wusste, was Liliana vorhatte.
    „Dieses Risiko muss ich eingehen“, sagte er daher und warf die nächste Karte.

Kapitel 14
Todessehnsucht
    Als George aufwachte, fiel ihm auf, dass ihm zum ersten Mal seit über zwei Tagen nicht kalt war. Er lag nackt unter einer dicken kuscheligen Decke und von draußen drang Helligkeit in das Zimmer. Es war fast, als würde er aus einem tagelangen Albtraum erwachen. Doch als er neben dem Bett seine schlammige Kleidung liegen sah und er ein Gemälde von Einar und Swana an der Wand bemerkte, hatte er die Gewissheit, dass er sich die Geschehnisse der letzten Tage nicht eingebildet hatte.
    Neben George lag ein Zettel, auf den jemand in englischer Sprache geschrieben hatte:
    Muss kurz nach Mady sehen, aber bin bald wieder da. Versuch noch ein wenig zu schlafen, solange das Unwetter anhält, wird dich niemand zurück in das Erdloch stecken. Du kannst duschen, wenn du möchtest. Gruß. Swana.
    Ein Schwall der Verzweiflung überkam George und er musste blinzeln, um nicht zu weinen, als er das las. Man gönnte ihm also nur eine kurze Auszeit, solange er in dem Erdloch zu ertrinken drohte. Danach würde alles

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