Die Entscheidung
legte George eine Hand an die Wange und beugte sich zu ihm nach vorne.
„Ich werde dich nie vergessen, George“, versprach sie. „Und ich werde nie vergessen, was du für mich und Mady getan hast.“
„Ich wünschte, ich könnte das Gleiche sagen“, entgegnete George. „Aber das wäre wohl ziemlich kontraproduktiv.“
Swana kicherte und gab ihm dann einen Kuss auf die Wange.
„Das wäre es wirklich“, sagte sie. „Du darfst dich nicht an mich erinnern. Aber ich wünsche dir, dass du gut wieder zu Hause ankommst. Und dass du ein wunderschönes und langes Leben hast.“
„Danke“, gab George zurück. „Für alles.“
Sie sahen einander tief in die Augen und waren sich beide bewusst, dass sie einander sicherlich nie wiedersehen würden. Doch bevor die Nostalgie sie überwältigen konnte, ging Einar schließlich dazwischen.
„Das war nun wirklich genug, ihr beiden“, bestimmte er. „Wir dürfen keine Zeit vertrödeln, Systir. Es heißt: jetzt oder nie.“
Swana sah ihren Bruder an und seufzte dann.
„Ich weiß“, sagte sie. „Du hast ja recht. Also. George. Machʼs gut. Und sieh zu, dass du dich in Zukunft von Vampiren fernhältst. In Ordnung?“
George lächelte gequält.
„Einverstanden“, sagte er. „Und pass du auf Mady auf. Ich … ich konnte mich gar nicht richtig von ihr verabschieden.“
„Ich werde ihr Grüße von dir ausrichten.“
Mit diesen Worten umarmte Swana George ein letztes Mal und machte sich dann auf den Weg zu Haldor.
Als sie verschwunden war, schüttelte Laney den Kopf und biss sich auf die Zunge, um keinen Kommentar zu Swanas schlechtem Männergeschmack zu machen. Es war schließlich Swanas Entscheidung, mit wem sie schlief. Auch wenn es Laney noch so falsch vorkam. Sie wusste nur, dass sie selber es niemals über sich bringen würde, mit einem so hässlichen Mann wie Haldor ins Bett zu steigen. Ganz gleich, was für Vorzüge er sonst hatte. Verdammt. Wie es aussah, war sie doch sehr viel verwöhnter und oberflächlicher, als sie immer gedacht hatte.
„George“, flüsterte Laney, als sie weitergingen. „Nimm meine Hand.“
Der junge Mann gehorchte und sie zog ihn hinter sich her, den Weg zwischen den Felsen entlang. Es war stockdunkel, aber Einar kannte die Umgebung so gut, dass er ganz genau wusste, wo sie hinmussten. Jeder Tritt saß an der richtigen Stelle, sodass sie nach einigen Minuten ohne zu stolpern den Wasserfall erreichten. Laney spürte, wie George erzitterte.
„Keine Angst“, flüsterte sie. „Wir werden nicht zulassen, dass du herunterfällst.“
„Aber … auf dem Hinweg bin ich schon ein paar Mal fast abgerutscht. Wie wollt ihr …“
„Ich habe ein Seil dabei“, erklärte Einar. „Keine Sorge. Wir werden schon dafür sorgen, dass du heil drüben ankommst.“
„Du solltest nichts versprechen, was du nicht halten kannst.“
Alle drei fuhren erschrocken herum und Laney spürte, wie die Angst in ihr hochstieg, als sie Darrek hinter sich entdeckte. Er war wach. Er war wach und wollte ihren Plan verhindern. Warum sollte er sonst hier sein? Aber das würde sie nicht zulassen. So viel hatte er ihr schon verdorben. Da würde sie nicht zulassen, dass er schon wieder gewann.
„Du hast das Blut also doch nicht getrunken“, stellte sie fest.
„Nein. Ich habe es Janish gegeben“, gab Darrek zurück. „Es könnte also sein, dass der Junge nun mehr als nur eine Nacht tief schlafen wird.“
„Ist das schädlich?“, fragte Laney besorgt an Einar gewandt.
„Ich glaube nicht.“
Laney atmete tief durch. Eine Überdosis Schlafmittel konnte bei Menschen durchaus großen Schaden anrichten. Bei Warmblütern war Laney sich da nicht so sicher. Aber Janish war hart im Nehmen. Er würde sich bestimmt nicht so leicht umhauen lassen. Aber das war ohnehin ein Problem, um das sie sich später kümmern würden. Erst einmal gab es dringlichere Themen zu besprechen.
„Du kannst ihn nicht fortbringen“, sagte Darrek.
„Ach ja? Und warum nicht?“, fragte Laney.
„Weil er nicht dir gehört, Prinzessin. Er gehört dem Dorf. Vor allem den Kindern. Und sie werden durchdrehen, wenn er fort ist. Seit Wochen freuen sie sich schon darauf, ihn nach Vollmond zu beißen. Das kannst du ihnen nicht einfach so nehmen.“
„Er gehört nicht dem Dorf“, erwiderte Laney wütend und stellte sich demonstrativ so hin, dass George hinter ihr stand. „Er gehört niemandem. Er ist doch kein Haustier.“
„Da hast du recht. Er ist weniger. Er ist ein Nutztier.
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