Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
Felsblöcken gefunden hatten.
»Nidhöggszähne sind ungemein wirksam!«, hatte Tora begeistert erklärt. »Das hätten wir haben müssen, als die Haga Biarns Bein zerfleischt hatte! Es stoppt in kürzester Zeit jede Blutung! Auch bei tieferen, größeren Wunden.« Charlie hatte sich gedacht, dass es sehr gut in eine Reisenotfallapotheke passte. Sie kramte weiter. Leider ohne Ergebnis. Ihr Magen knurrte laut und anklagend.
Charlie hatte die Neugier getrieben. Auch wenn sie nicht am Opferfest teilnehmen konnte, so hatte sie doch zumindest einen Blick erhaschen wollen. Sie seufzte. Das hatte sie nun davon! Jetzt saß sie hier eine Weile fest! Genervt ließ Charlie den feine n Regen vor ihrer Nase anhalten und suchte sich einen neuen Tropfen zum Üben aus.
Eine Stunde später saß sie immer noch in ihrem Versteck am Wegesrand. Mittlerweile konnte sie die großen Regentropfen schon ganz gut beherrschen. Je größer, desto einfacher, stellte sie fest. Vom stetigen Nieselregen durchnässt und mit leichten Kopfschmerzen von der Konzentration, die sie für ihre Übung hatte aufbringen müssen, streckte sie ihre steifen Glieder aus.
Gerade als sie überlegte, hinter der zerlumpten alten Frau mit weinrotem Umhang über die Straße zu huschen - auf der langen Geraden waren bisher keine neuen Besucher des Alvablotet aufgetaucht - flogen zwei große schwarze Vögel heran! Sie bogen im Sturzflug auf den Weg ein und verwandelten sich nur etwa zwei Meter hinter der Frau zu zwei dunkelhaarigen Gestalten in schwarzen Umhängen!
Hugin und Munin waren mit drei schnellen Schritten bei der Alten und ergriffen sie von hinten, jeder auf einer Seite! Die Alte schrie entsetzt auf, doch bevor sie reagieren konnte, schlug ihr einer der Zwillinge kräftig über den Hinterkopf! Die zerlumpte Alte sackte in sich zusammen, dabei rutschte ihr die Kapuze vom Kopf...
Charlie, die starr vor Schreck die Szene verfolgt hatte, musste fassungslos und hilflos mit ansehen, wie Hugin und Munin die alte Frau davontrugen. Entsetzt sah Charlie ihr Gesicht vor sich, die Haare in einem festen Knoten am Hinterkopf zusammengebunden. Es war die alte Fulla! Die Heilerin, zu der Tora sie nach dem Angriff des Midgârdsorms gebracht hatte!
Verwirrt und sehr bedrückt über die Ereignisse am Weg durch das Neue Land, eilte Charlie eine halbe Stunde später durch den jungen Wald. Unheimliche, seltsame Wesen, diese Raben-Zwillinge. Wieder hatte Charlie dieses beklemmende Gefühl gehabt. Ein Schauer lief ihr über den Rücken.
Es hatte aufgehört zu regnen und die Sonne kämpfte sich einen Weg durch die fast geschlossene Wolkendecke. In Charlies rechter Hand befand sich fest umschlossen eine perlmuttglänzende Muschel. Ein Odens-Taler.
Als Charlie wenige Minuten nach Hugin und Munins Verschwinden endlich den Weg überqueren konnte, hatte die Muschel dort im Sand gelegen. Sie muss der alten Fulla aus der Tasche gefallen sein, als sie auf dem Weg zusammengesackt war. Charlie hatte den Taler schnell aufgehoben und war unversehens weitergeeilt.
Aus Sicherheitsgründen hatte sie sich noch keine Zeit genommen anzuhalten, um den Taler näher zu betrachten. Nun aber lehnte sie sich atemlos an einen Baumstamm und öffnete ihre Faust.
Die Muschel war etwa so groß wie eine schwedische Krone (Größe eines Euros) und war sehr dick und hart. Trotz ihrer Stabilität, schien die Muschel zierlich. Vermutlich durch ihre perlmuttschimmernde Oberfläche. Charlie wendete die Mus chel und da war es! Das Odens-Siegel! Auf der gewölbten Oberfläche der Muschel war ein Symbol eingraviert: Charlie ließ die Muschel in ihre Hosentasche gleiten und eilte zur Höhle.
»Wo warst du denn so lange!«, rief Tora ihr ungeduldig entgegen. Charlie schlenderte den letzten Teil zur Höhle hinüber, wo Kunar, Tora und Biarn warteten.
»Biarn ist hier!«, rief Tora.
»Das sehe ich«, sagte Charlie und lächelte Tora amüsiert entgegen. Tora verdrehte die Augen.
»Ja, natürlich«, fauchte sie und errötete leicht. »Ich meinte ja auch eigentlich bloß, dass er auf dich gewartet hat!« Charlie hob interessiert die Augenbrauen.
»Ich habe es nicht eilig, Tora«, hörte Char lie Biarns ruhige, tiefe Stimme . Tora schnaubte verächtlich und ließ sich neben Biarn auf den Stein plumpsen.
»Ich denke du wolltest uns dringend etwas zeigen? Bald wird es dunkel und du musst vorher zu Hause sein!«
»Ich bin 17, Tora. Ich muss nicht mehr zu Hause sein. Aber in einem hast du recht. Für
Weitere Kostenlose Bücher