Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
Allerdings ist er mit Sicherheit nicht bei diesen Menschen. Das wüsste ich. Vermutlich versteckt er sich in den Bergen weiter westlich. Dort wo auch Gymers-Berg herkommt.«
»Er muss sehr einsam sein«, sagte Tora plötzlich. Alle sahen sie verdutzt an.
»Er ist der einzige seiner Art, in einem Land, in dem er offensichtlich gejagt wird.« Sie zuckte mit den Schultern. Biarn nickte.
»Wie dem auch sei«, sagte er seufzend, »es wäre wirklich unglaublich schade, falls er stirbt, oder Oden in die Hände fällt.« Grimmig fügte er hinzu.
»Was auf das Gleiche herauskommen würde.«
Charlie stand neben Kunar am See und sah direkt in den Sonnenuntergang. Die letzten Strahlen glitzerten auf der Wasseroberfläche und Balderstüpfelteppiche trieben langsam umher. Es raschelte im Schilf und ein kleiner Vogel flog davon. Der Himmel am anderen Ufer des Sees war blutrot eingefärbt und schmale Wolkenfetzen hingen wie waagerechte Wattebänke am Horizont.
Biarn und Tora standen nur wenige Meter neben ihnen. Auch sie sahen der untergehenden Sonne zu. Nur noch ein schmaler gewölbter Streifen war von ihr übrig. Im Norden stand der Vanaheimmond hoch am Himmel. Eine blassgraue Scheibe, die in den frühabendlichen letzten Strahlen der Sonne kaum zu sehen war. Weiter südlich verdeckte ein Wolkenfetzen einen Großteil des Godheimmondes. Charlie wusste, auch er war voll, denn heute war Doppelvollmondnacht.
Der Wolkenfetzen zog weiter und gab die große Scheibe des Godheimmondes frei. Er war fast doppelt so groß wie der Vanaheimmond und Charlie betrachtete ihn fasziniert.
» Jetzt!«, sagte Biarn leise, aber mit sehr fester Stimme. Charlie starrte auf den See.
Die grünen Seerosenbälle, die das Ufer des Sees säumten, fingen an zu vibrieren und zu summen! Plötzlich brachen alle grünen Bälle fast gleichzeitig auf!
Innerhalb weniger Sekunden öffneten sie sich ganz und lagen dann als große Blüten auf der Wasseroberfläche!
Charlie starrte regungslos und fasziniert auf die Blüten, die etwa 50 cm im Durchmesser betrugen. Die grünen Bälle hatten sich in fünf großen Blütenblättern geöffnet. Sie blühten in drei verschiedenen Pastellfarben - in Rosa, Lila und Lachsfarben und in der Mitte jeder großen Blüte saß ein faustgroßer Diamant! In seinen geschliffenen Kanten spiegelten sich vom Mondlicht erhellt die Pastellfarben der großen Blüten.
Langsam wurde das Leuchten der Diamanten stärker, als würden sie das Mondlicht sammeln und speichern! Es summte und vibrierte immer noch und Charlie wurde klar, dass die hellen Töne von den Diamanten der Blüten ausgingen. Plötzlich strömte ein süßlich lockender Duft herbei! Wie in Trance beobachtete Charlie, wie Tora langsam ins Wasser watete. Sie wollte ihr gerade folgen, als Biarn sie leise ansprach.
»Das sind Nornen...« Seine Stimme war tief und sehr angenehm. Charlie erwachte aus ihrem tranceähnlichen Zustand und sah, dass Tora direkt vor einer lila Blüte stand und sie träumerisch anstarrte.
Kunar blickte wie versteinert auf den See. Ein Schleier lag über seinen Augen und er schien fast wie weggetreten. Sie sah erschreckt zu Biarn auf. Auch er sah verträumt zu den seltsam vibrierenden Blüten hinüber. Er hielt Kunar am Arm fest. Dann fuhr er leise und monoton fort.
»Man nennt sie auch Rose der Zeitalter. Urd, die lila Norne, zeigt die Vergange nheit, Verdandi, die lachsfarbe Norne, zeigt die Gegenwart und Skuld, die rosa Norne, zeigt die Zukunft.«
Er schwieg und starrte wieder auf den See. Tora hob langsam die Hand und berührte den Diamanten der lila Blüte vor ihr. Charlie und Biarn sahen ihr zu - Charlie gespannt, Biarn seltsam verträumt.
Plötzlich ließ Tora erschreckt die Blüte los und atmete schwer! Ein schmerzhafter Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Was auch immer sie gesehen hatte, es war auf keinen Fall etwas Gutes gewesen! Mit Tränen in den Augen kam sie auf das Ufer zugewatet.
»Was ist?«, rief Charlie ihr entgegen. Tora schluchzte auf und sie zitterte am ganzen Körper. Durch Charlies Ausruf und Toras kreideweißes Gesicht, verlor Biarn kurz die Konzentration. Kunar riss sich aus Biarns Griff los und rannte auf eine der Nornen zu!
»Nein, nicht!«, rief Biarn laut und stürzte hinter Kunar her. Doch es war zu spät!
Kunar streckte seine Hand nach dem Diamanten der lachsfarbenen Blüte vor sich aus und genau in dem Moment, wo sein Zeigefinger den Diamanten berührte, verwandelte der Diamant sich in viele kleine
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