Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
bekommen, lange konnten sie also noch nicht durch Vanaheims Wälder unterwegs sein. Nur wenige Meter vor ihr, versteckte sich ein sehr schmaler Wichtel unter einem Stein und grub seine kleinen Wurzeln in den feuchten Waldboden. Leicht gebückt verharrte er dort regungslos, bis Charlie an ihm vorbei geschlendert war.
Ihr Kinn war etwas angeschwollen. Hoffentlich schillerte es nicht bald in den gleichen Farben, die ihr Knie damals angenommen hatte, als Biarn wieder aufgetaucht war! Verflixte Streithähne! Hoffentlich gab es sehr bald wieder Nebel, so dass sie diese Hanna zurück zur Erde bringen konnten. Zurück ans Flussufer bei Storby. Charlie hielt zögernd inne. Ja, zurück ans Flussufer. Jedes Mal, wenn sie durch den Nebel ging, landete sie dort, wo sie abgereist war! Zuerst mit Tora zurück auf dem Pfad, der auf den Schotterweg zuführte. Dann zurück vor den Höhleneingang, dann wieder auf dem Pfad, dann auf der Anhöhe auf der sie mit Kunar und Tora vor Hugin und Munin geflohen war. Beim nächsten Mal waren sie vor der Höhle abgereist und auf der Erde am Trollsee wieder aufgetaucht, weil sie dort zuletzt abgereist waren! Diesmal waren sie am Fluss bei Storby in den Nebel gegangen, also würden sie Hanna auch dort wieder abliefern können! Sehr praktisch diese Art zu reisen. Plötzlich verstand Charlie! Die Blumenwiese! Die kreisrunde Wiese auf der sie vor mehr als einem halben Jahr gelandet war! Es war nicht nur der Ort, an dem sie angekommen war, sondern auch ihrer Abreiseort! Der Ort von dem aus sie als etwa fünf bis sechs Monate altes Baby zur Erde geschickt worden war! Vor mehr als 13.000 Jahren! Charlie ließ sich auf den Stamm eines umgestürzten Baumes nieder.
Irgendjemand war vor 13.000 Jahren zusammen mit ihr auf der Blumenwiese gewes en. Ihre Eltern vielleicht? Sie erinnerte sich, dort Steine gefunden zu haben. Die Grundmauern eines Hauses, wie sie vermutet hatte. Wer hatte dort gewohnt? War es vielleicht einmal ihr Zuhause gewesen? Charlie saß lange nur so da und stellte sich vor, wie es wohl gewesen sein könnte. Ihr Zuhause, ihre Eltern... Das Bild aus der Nornenvision - sie sah es klar und deutlich vor sich.
Ein Mann und eine Frau, die sich über eine reichverzierte Krippe beugten. Hatte diese Krippe mit dem schwarzhaarigen Neugeborenen, in einem Haus auf dieser Blumenwiese gestanden? Was war bloß passiert? Was hatte ein Elternpaar, das offensichtlich glücklich über die Geburt ihres Kindes gewesen war, dazu bewogen, es fortzuschicken? Allein... In einem flachen Holzwagen...
Charlie verspürte den unvermuteten Impuls, zurück zur Blumenwiese zu laufen und nach..., ja, nach was zu suchen? Nach Beweisen? Der verzierten Krippe? Das alles lag doch nun schon mehr als 13.000 Jahre zurück! Was sollte sie dort noch finden? Aber dennoch... Sie musste sich vergewissern. Sie musste sich selbst davon überzeugen! Es war der e inzige Leitfaden, den sie hatte. Die einzige Verbindung zur ihrem früheren Leben!
Charlie war innerlich sehr aufgewühlt. Unruhig rutschte sie auf dem Baumstamm umher und überlegte. Es waren mehr als zwei Tagesmärsche bis zur Blumenwiese. Falls sie überhaupt noch da war! Charlies Orientierungssinn hatte sich zwar sehr verbessert, seitdem sie auf ihn angewiesen war, aber wie weit sich Gymers-Berg erstreckte, wusste sie nicht genau. Egal wie, sie brauchte einen Plan. Hier in Vanaheim etwas Hals über Kopf zu überstürzten, konnte im Kerker von Asgârd enden. Sie würde sich am Zaun reißen und gedulden müssen. Irgendetwas würde ihr schon einfallen.
Letztendlich hatte Charlie doch noch eine dieser schmackhaften Knollen gefunden und außerdem noch einige Laubpilze und einige Vogeleier. Noch bevor sie die Höhle betrat, konnte sie Hannas keifende Stimme hören. Charlie holte tief Luft, zwang sich innerlich zur Ruhe und schlängelte sich entschlossen durch den Spalt zur ersten Höhle.
Die Szene, die sich ihre dort bot, war theaterreif!
Kunar stand stocksteif mitten in der Höhle und starrte Hanna mit einer Mischung aus Faszination und Ungläubigkeit an. Über seiner Schulter hingen zwei erlegte Leogriffe. Das Blut tropfte aus ihren aufgeschnitten Hälsen auf seinen zerschlissenen Umhang hinunter und hinterließ eine Blutlache auf dem Höhlenboden. Den Bogen hielt er in seiner linken Hand, eingefroren in der Bewegung, die vorgehabt hatte, ihn vor sich abzusetzen. Tora stand mit funkelnden Augen, die Hände in die Hüften gestemmt, beschützend vor ihrem Bruder, während
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