Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
, verriet, dass vor wenigen Sekunden eine weitere Zeile auf dem Runenstein zu lesen gewesen war!
»Was stand da?«, fragte Sora atemlos. Sie hatte sich doch nicht getäuscht? Einen kurzen Augenblick dachte sie, dass alles vielleicht Teil ihrer Visionen gewesen war. Archimedes räusperte sich und japste wie ein Fisch auf dem Trockenen.
»Da... da... « Er zeigte ungläubig über den Orakeltext auf den Stein. Seine zwei Extraarme hingen schlaff herab, während er mit den beiden normalen Händen unkoordinierte, ruckartige Bewegungen in Richtung Stein machte.
»Da...«, begann er noch einmal. Sora wurde ungeduldig. Sie streckte die Hand aus und berührte den Stein von Neuem.
Eine unendliche Kraft durchströmte sie. Langsam traten Linien hervor. Blutrote Schriftzeichen. Eine Überschrift, die einen roten Schimmer über Sora, Archimedes und den Stein warf. Die Schriftzeichen wurden kräftiger, bis Sora die Runen deutlich erkennen konnte. Jetzt konnte sie die Überschrift lesen. Es war eine Frage. Die Frage!
In leuchtend roten Runen stand dort geschrieben:
Wie lassen sich die Tore zwischen den Welten wieder öffnen
Obwohl kein Fragezeichen den Satz beendete, war es eindeutig. Diese leuchtenden, blutroten Runen beschrieben das, wonach Archäolo gen j ahrtausendelang gesucht hatten. Die Frage, die der Ziehung der neun Welten vorausgegangen war! Sie hatten sie gefunden!
Wenig später saßen Sora und Archimedes in Soras kleiner Wohnung an dem kleinen runden Küchentisch. Sie hatten den strömenden Regen hinter sich gelassen. Strahlendes Licht durchflutete die kleine Küche und ein Duft von Kaffee lag in der Luft. Sie hatten sich ihrer nassen Kleider entledigt und saßen sich in Bademäntel gehüllt gegenüber. Archimedes hatte einen vom Soras Mänteln an, der ihm zwar etwas zu klein war, aber ihn andererseits fast normal erscheinen ließ. Für Sora extra angefertigt, besaß er bloß zwei Ärmel, was dazu führte, dass Archimedes Arbeitshände darunter verborgen waren. Lediglich sein etwas zu groß geratener Kopf und seine katzenähnlichen, braunroten Augen erinnerten an die genetische Revolution und an Soras Einzel-Status in dieser hochmodernen Gesellschaft.
Archimedes nippte geistesabwesend an seinem Kaffee. Sora beobachtete ihn aufmerksam und leicht beunruhigt. Was würde er nun tun? Würde er zu ihr halten und das Offensichtliche geheim halten? Oder würde er als Bürger von Euripides dem Gesetz folgen und Vesta benachrichtigen. Die Wissenschaft diente dem Allgemeinwohl. Aber bei dieser Sache würde es darauf hinauslaufen, Sora zu opfern. Sie würde zwangsläufig Teil der Wissenschaft werden, trotz ihres Rechts auf Freiheit. Sie würden sicher einen Weg finden. Oder nicht? Sie würden das Amulett von Neuem untersuchen wollen, was ihre Anwesenheit bei den Untersuchungen verlangte. Denn eines hatten sie und Archimedes eindeutig herausgefunden. Der Stein alleine brachte keine blutroten Runen zum Leuchten. Sie selbst war der Schlüssel. Weiß Idun warum!
Als sie die Inschrift gelesen hatte, hatte sie den Runenstein wieder losgelassen und wie beim ersten Mal, war die Schrift wieder verschwunden. Vom Stein verschlungen. Archimedes hatte versucht , mit seinen Händen die Schrift hervorzulocken. Nichts. Auch als Sora ihm für kurze Zeit das Amulett umhängte, änderte dies nichts. Sora und der weiße Stein bildeten offenbar eine Einheit, die eine verborgene Kraft in Rheas Grabstein weckten. Doch weshalb? Sie hatte diesen Runenstein schon unzählige Male zuvor berührt, ohne dass jemals blutrote Schriftzeichen hervorgetreten waren. Was war jetzt anders? Irgendetwas musste mit ihr passiert sein, als sie gestern Baden gewesen war. Aber was? Was hatte der Stein mit ihr gemacht?
Archimedes schien , einen inneren Kampf auszufechten. Er musste eine Entscheidung fällen, zwischen Wissenschaft - die ein Teil von ihm war - und Freundschaft.
»Ich werde niemandem etwas sagen, falls du es nicht selbst willst«, sagte er nach einer scheinbaren Ewigkeit. Sora hielt angespannt die Luft an. Sie spürte, dass er noch nicht fertig war. Archimedes lehnte sich auf dem kleinen , runden Küchentisch vor.
»Meine Familie darf unter keinen Umständen unter Verdacht geraten. Du wirst Juno also nichts (er betonte das Wort eindringlich) darüber sagen!« Sora nickte.
»Was noch?«, fragte sie.
»Wir können nur hoffen, dass Anaximedes nicht Wind davon bekommt. Alles läuft weiter wie bisher, keine geheimen Treffen oder ähnlich
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