Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
denn Kunar fing an zu grinsen.
»Hast du in eine Draug gebissen? Oder welcher Schwarzelf ist dir auf die Füße getreten?« Charlie wusste weder was eine Draug war, noch wie Schwarzelfen aussahen, aber ihre Gesichtszüge brachte sie dennoch rasch wieder in die richtigen Gleise. Verlegen lächelte sie etwas schief.
»Komm schon, wir brauchen Wolle und einiges an Obst und Gemüse!«, drängte Kunar.
»Geht ihr schon vor«, sagte Tora. »Ich mus s für Tyrvi noch einige Kräuter besorgen.« Charlie blickte hinter sich in den dunklen Wagen. Die alte Frau war wieder dabei, ihre Körbe und Krüge zu sortieren, als wäre nichts geschehen. Bevor Charlie etwas sagen konnte, hatte Kunar sie am Ärmel gepackt und zog sie an dem Stand mit den Bergen von Seidenstoffen vorbei. Sie sah sich um und konnte Tora sehen, die gerade einige hellbraune Beutelchen entgegennahm und mit irgendwas hellem kleinem bezahlte.
Bezahlen! , schoss es ihr durch den Kopf. Ich habe gar nicht bezahlt! Und womit zahlte man hier bloß? Aber dann erinnerte sie sich, dass sie ja eigentlich gar nichts hatte kaufen wollen. Diese Frau hatte ihr den Beutel regelrecht aufgedrängt! Sie spürte wieder das seltsame Prickeln das von dem kleinen hellbraunen Seidenbeutel in ihrer Hand ausging. Verwirrt folgte sie Kunar, der zielstrebig einen Stand mit einer riesigen Auswahl an Wolle ansteuerte.
Wollknäuel in diversen Farben stapelten sich neben Körben mit Stricknadeln aus Holz und einem anderen Material das Charlie unbekannt war. Die weißbraun gefleckten dünnen, sehr glatten, leicht gebogenen Stäbe erinnerten Charlie an chinesische Essstäbchen.
»Riesenigelborsten«, informierte Kunar, der Charlies fragendem Blick gefolgt war. »Die Spitze wurde rund poliert. Wir Männer verwenden Riesenigelborsten allerdings als Speerspitzen zum Jagen von größerer Beute«, fügte er wichtig hinzu. Charlie ließ ihren Blick weiter über das Sortiment gleiten. Rechts hinten im Stand war ein riesiger Korb zum überquellen voll mit kleinen Wollbällchen gefüllt. Einiges des Inhaltes hatte sich über den breiten Rand des Korbes auf den sandigen Boden des Marktplatzes verstreut. Charlie fragte sich gerade, von welchem Tier diese seltsamen weißen Büschel wohl stammen könnten, al s Kunar seine Bestellung aufgab .
»Zwei große Beutel Wollgras, bitte und eine neue Spindel!« Der hagere Verkäufer brummte etwas Unverständliches in seinen verzwirbelten Bart und füllte die von Kunar mitgebrachten Beutel (natürlich aus diesem seidigen Stoff gewebt) mit mehreren Armen voll weißer Wollbälle. Er reichte die prall gefüllten Beutel samt einer Holzspindel über den Ladentisch und brummte:
»Das macht 15 Odens-Taler!« Charlie sah wie Kunar einen dunkelblauen Beutel zückte und 15 perlmuttglänzende Muscheln abzählte, alle mit einem Zeichen markiert. Es sah aus wie eine Art Siegel. Charlie hätte sich das Ganze gerne genauer angeschaut, wusste aber, dass sie doch zu sehr auffallen würde, wenn sie öffentlich zeigte, dass sie noch nie zuvor Odens-Taler gesehen hatte. Also zügelte sie ihre Neugier und half Kunar stattdessen, die prall gefüllten Beutel auf Gyllers Rücken zu befestigen. Sie verzurrten gerade den zweiten Beutel, als Tora angeschlendert kam. Fünf Beutelchen mit Kräutern und Gewürzen landeten in einer von Gyllers ledernen Satteltaschen. Plötzlich zerriss ein gellendes, krähendes Geschrei die Luft! Das Geplapper der Menschen verstummte kurz, um dann in ein aufgeregtes Flüstern und Wispern und Tuscheln überzugehen. Wütendes Krähen und Gepolter schallte über den gesamten Marktplatz. Es hörte sich an, als wollte sich ein nicht gerade kleines Tier die Freiheit erkämpfen.
Die Menschen schienen sich aufgeregt nach einer Fluchtmöglichkeit umzusehen und Gyller tänzelte nervös an seiner Führleine herum.
»Ich hab ihn!«, hörte Charlie dann jemanden am äußersten Ende des Marktplatzes keuchend rufen. Das Krähen wurde zu einem erstickten Quieken und verstummte dann.
»Was um Himmels willen war denn das !«, zischte Charlie leise in Tora und Kunars Richtung.
»Schscht«, raunte Kunar. Tora zupfte ihr am Ärmel.
»Komm, ich zeig es dir!« Mit vor Aufregung geweiteten Augen zog sie Charlie hinter sich her.
»Heute ist anscheinend auch Hippolektron Markt!«, flüsterte sie erregt. »Gefährliche Tiere! Können einen von oben bis unten aufschlitzen oder einfach einen Arm abtrennen!«, hauchte sie ehrfürchtig. »Sind aber unersetzlich für die Arbeit auf
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