Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
ernsthaft lächelte, war er fast schon gutaussehend!
»Wenn die Dame es gutheißt, mit Freuden!«, lachte er und ließ sich mit fliegendem Umhang graziös zu Boden fallen. Tora ergab sich achselzuckend dem Schicksal, ließ sich an Ort und Stelle auf den Boden plumpsen und wandte sich wieder ihren Kartoffeln zu. Sprachlos sahen Charlie und Kunar sich an. Sie standen noch eine Weile hilflos da und sahen zu, wie Biarn sich einen Ast schn appte, ein Stück Kartoffel auf spießte und das Ergebnis seiner Mühen ins Feuer hielt. Was sollte man da machen? Nach einer Weile folgten sie Toras und Biarns Beispiel und setzten sich zu ihnen ans Feuer. Schweigend wendeten sie ihre Grillspieße und warfen Biarn verstohlene Blicke zu. Irgendwann hielt Charlie es nicht mehr aus.
»Du sagtest du würdest mich vor Sonnenaufgang wecken!«, platzte sie heraus. Biarn sah sie direkt an.
»Ja«, er räusperte sich, »… ich nehme an, ich schulde dir eine Erklärung. Ich war zu meinem Leidwesen verhindert. Ich bitte um Vergebung.« Charlie sah Biarn fragend an. Sprach der immer so geschwollen?
»Was ist überhaupt mit deinem Auge passiert?« Biarn zeigte mit dem Spieß auf ihre Augenklappe.
»Oh, äh, nichts«, stammelte Charlie. Hallo! Reiß dich zusammen! , schimpfte sie sich selbst. Sie atmete tief durch und nahm sich an Toras mutiger Stimme ein Beispiel. Lügen konnte doch nicht so schwer sein, oder?
»Das hatte ich schon immer. Das Band der Augenklappe war mir bloß aufgegangen. Daher hatte ich sie nicht um… Ich meine bei unserem ersten Treffen…«, fügte sie etwas lahm hinzu. Biarn musterte sie eindringlich. Charlie, Tora und Kunar hielten die Luft an. Obwohl Biarn nach einer Weile »Aha«, sagte und sich wieder seinem Spieß zuwandte, hatte Charlie nicht das Gefühl, dass Biarn ihr auch nur ein Sterbenswörtchen geglaubt hatte. Tora konnte das definitiv besser! Unsicher setzte sie sich auf dem Waldboden zurecht.
»Und wo kommst du her?«, vernahm Charlie Toras feste, aber freundliche Stimme. »Ich habe dich hier noch nie gesehen!« Biarn musterte Tora eine Weile und schien dann einen Entschluss zu fassen. Er zeigte mit dem Finger quer durch den Wald.
»Mein Zuhause liegt ungefähr in diese Richtung. Ich bin nicht oft in dieser Gegend«, sagte er und prüfte mit den Fingern seine Kartoffel. Anscheinend war sie noch nicht zufriedenstellend gegart, denn er hielt den Spieß von neuem in das Feuer. Tora schien mit der Antwort vorerst zufrieden. Sie zog ihrerseits den Spieß heraus und knabberte vorsichtig an der heißen Knolle.
»Du hast also ein paar Gefährten gefunden«, sagte Biarn zu Charlie gewandt. »Sehr gut. Man braucht Freunde in der Fremde, um sich zurechtzufinden.« Wieder hatte Charlie das Gefühl, gemustert zu werden.
»Ja«, sagte sie vorsichtig. »Genau so ist es. Aber ich lerne schnell!«
»Ja, das höre ich«, lächelte Biarn. »Dein seltsamer Dialekt hat sich unserem schon recht gut angepasst!« Biarns Knolle war gar und er aß sie genüsslich und hoch konzentriert, um sich nicht zu verbrennen. Charlie dagegen fühlte sich nicht ganz wohl in ihrer Haut. Misstrauisch nagte sie an ihrem Stück Kartoffel. Warum wurde sie das Gefühl nicht los, dass dieser Biarn ihr nicht traute? Er hatte ihr doch geholfen, ohne Fragen zu stellen, und auch jetzt vertiefte er sich nicht in ihre Antworten und Äußerungen… Charlie ertappte sich dabei, wie sie Biarn anstarrte. Hastig schlug sie den Blick nieder und knabberte weiter an ihrer Knolle.
»Ja«, seufzte Biarn. »Ich bedanke mich herzlich für eure Gastfreundschaft.« Dabei wandte er sich besonders Tora zu, die wieder die Augen verdrehte.
»Ja, ja, ja«, murmelte sie genervt.
»Ich muss dann wieder. Wir laufen uns sicher mal wieder über den Weg.« Mit einem letzten prüfenden Blick auf Charlie schlenderte er davon.
»Na hoffentlich nicht sobald!«, wetterte Tora vor sich hin. »Eingebildeter Kerl!«
Eingebildet? V ielleicht war es das, was Charlie an Biarn störte. Er schien sich für was Besseres zu halten. Irgendwie war er anders. So ein Unsinn! rief sie sich selbst zur Ordnung. Anders als wer denn schon? Sie kannte doch bisher nur Tora und Kunar! Aber dennoch, dieses Gefühl war da. Und es ließ sich nicht so schnell abschütteln.
In den folgenden Wochen lernte Charlie sich zu versorgen. Obwohl Kunar der Meinung war, dass es nicht nötig wäre, dass Charlie Tora auf ihren Streifzügen durch den Wald begleitete, bestand Charlie darauf. Entgegen seiner
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