Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
Vom Netzwerk:
und grübelte vor sich hin.
    Sie war ihnen entkommen – Leviathan und seinen Männern – doch was sollte sie jetzt tun? Sie dachte an den jungen Mann, der sie gerettet hatte: Erik …
    Er war der Kapitän des Schiffes, und er würde mit seinen Männern sicher bald wieder zurück sein. Sie suchten auf der Insel nach sauberem Wasser. Irgendetwas hatte die mitgeführten Wasserreserven verdorben und die Matrosen krank gemacht. Einige von ihnen waren bereits gestorben.
    Kendra grub ihre Füße in den warmen Sand. Als Erik sie aus dem Wasser gezogen hatte, hatte sie behauptet, ihr Gedächtnis verloren zu haben. Sie wollte irgendwo neu anfangen. Ein völlig neues Leben ohne Magie und ohne die idiotischen und veralteten Gesetze ihres Vaters Neptun, dem Herrscher aller Meere.
    Und Leviathan?
    Der Gedanke an ihren Wächter versetzte ihr einen Stich ins Herz.
    So unnahbar und pflichtgetreu …
    Er nahm seine Aufgabe sehr ernst. Neptun persönlich hatte ihn ausgewählt, um seine einzige Tochter zu beschützen und zu be-wachen. Beschützen, um sie vor den Hexenjägern zu bewahren – und zu bewachen?
    Neptun hatte beschlossen, dass seine Tochter Kendra den Fürsten des Indischen Ozeans heiraten sollte. Einen von ihnen , einen Mann mit magischen Fähigkeiten und großem Potenzial. Er sollte gemeinsam mit Kendra Neptuns Nachfolger werden. Da Kendra den Fürsten verabscheute, wehrte sie sich gegen diese arrangierte Hochzeit, was den Herrscher der Meere dazu veranlasste, seine störrische und eigensinnige Tochter bewachen zu lassen, die von Liebe sprach und von völlig veralteten Sitten. Und gerade dieser Wächter – dieser stolze, verschwiegene und arrogante Leviathan – sollte Kendra vor Dummheiten bewahren.
    Was für eine Demütigung!
    Sie tanzte Leviathan auf der Nase herum, versuchte ihn auf ihre Seite zu ziehen und bot ihm sogar ihr goldenes Diadem als Geschenk an, doch Leviathan blieb hart und Neptun treu.
    Kendra war der Verzweiflung nahe. Auch ohne ihren Wächter wäre eine Flucht nicht einfach gewesen. Neptuns Einfluss reichte weit. Die gesamte Unterwasserwelt gehorchte seinen Kräften. Er beschützte die Menschen, die das feste Land verlassen und sich in die Meere zurückgezogen hatten.
    Menschen, die das Element Wasser beherrschten und den Mythos der Meermenschen begründeten.
    Viele Seeleute kamen von ihren Reisen zurück und berichteten von Meerjungfrauen und seltsamen Wesen in den Tiefen der Ozeane. Denn obwohl sich die Meermenschen von der übrigen Welt fernhielten, geschah es, dass Seeleute sie zu verschiedenen Gelegenheiten überraschten. Glücklicherweise hielten die meisten Menschen die Geschichten über Meerjungfrauen mit Fischschwänzen für Seemannsgarn.
    Zu dieser Zeit war die Hexenjagd an Land in vollem Gange und grausamer denn je. Fanatische Gläubige gab es immer wieder – Menschen, die im Namen eines Gottes umherzogen und alles für Ketzerei hielten, das sie sich mit ihren begrenzten Gehirnen nicht erklären konnten.
    Magie war solch eine Ketzerei. Menschen mit magischen Fähigkeiten wurden gejagt, gefoltert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Kendra wusste davon. Sie war nicht so naiv, wie ihr Vater es glaubte. Sie verstand seine Sorge, doch sie verweigerte sich einer Zwangshochzeit.
    Der Fürst war so …
    Kendra seufzte und grub ihre Füße noch tiefer in den Sand.
    Als die Sonne untergegangen war, vernahm sie Stimmen. Erik und seine Männer kamen zurück.
     
    Nur wenige Stunden vor der Hochzeit war die verzweifelte Kendra Leviathan entwischt. Sie hatte den enormen Schatten über dem Palast gesehen. Ein Schiff. Wenn sie sich als Schiffbrüchige ausgab und an Bord gelangen würde, bevor jemand etwas bemerkte …?
    Gedacht, getan. Sie schwamm geradewegs an die Oberfläche und nur wenige Augenblicke später entdeckte ein Matrose ihren scheinbar leblos treibenden Körper. Starke Arme zogen sie an Bord, und die Wiederbelebungsversuche an Deck waren – welch Wunder – erfolgreich.
    Zum Glück hatte Kendra eine längere Tunika an. Von der Taille abwärts benötigte ein Meermensch für gewöhnlich keine Kleidung. Der schuppige Fischschwanz machte Gewänder überflüssig.
    Selbstverständlich konnten sich Meermenschen jederzeit in normale Menschen zurückverwandeln, doch unter Wasser war dies lediglich zu besonderen Anlässen nötig.
    Kendra hatte ihren Fischschwanz rechtzeitig in zwei hübsche Beine verwandelt, die – zur Hälfte mit der Tunika bedeckt – die Blicke der Matrosen auf sich

Weitere Kostenlose Bücher