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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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hatte.
    »Du hast uns gerufen?«, schnarrte eine Stimme aus dem zerlumpten Heer.
    »Was gibt es?«, fragte eine andere.

    »Das werdet ihr erfahren, sobald die Upiry reinen Blutes angekommen sind«, gab Tonka kalt zurück.
    »Sie sind angekommen«, erklang eine tiefe Stimme von der Treppe her, die von der Kirche über einen steilen Abhang zu den ersten Gräberterrassen hinunterführte. Die Unreinen, die hier in ihren Gräbern geruht hatten, fielen auf die Knie und verbeugten sich vor ihrem Woiwoden.
    Tonka sah mit Befriedigung, dass der große Clanführer Bojislav nicht alleine gekommen war. Sie erkannte auch viele der ältesten und stärksten Vampire reinen Blutes, die den Rang eines Bojaren trugen und die erste Wahl hatten, sich Dörfer oder Burgen auszusuchen, die ihnen alleine dienten und wo ohne ihr Einverständnis kein anderer Vampir seinen Durst stillen durfte. Nur die großen Städte Transsilvaniens Braşov und Sibiu waren allen zugänglich. Sighişoara dagegen war das Reich des Woiwoden, der sich hierher einlud, wen er um sich haben wollte. Tonka war eine der Upiry, der die Ehre zuteil geworden war, hier an seiner Seite jagen zu dürfen. Bis zu ihrer Niederlage in Irland. Danach war ihr das Recht zumindest vorläufig wieder verwehrt worden. Zu sehr hatte sich der Woiwode über ihr Scheitern geärgert. Dass die Upiry, die sie mit nach Irland genommen hatte, dort vernichtet worden waren, störte ihn dagegen weniger.
    Tonka zählte im Stillen die Reinen, die sich hier auf ihren Ruf hin versammelt hatten. Ja, es waren viele. Ihre Stimme zählte noch immer etwas. Selbst die vier jüngsten ihrer Erben, die erst zwischen sieben und dreizehn Jahren zählten, waren anwesend. Stolz standen sie zwischen den verwahrlosten Gestalten der Unreinen. Dem Heer, das sich der Woiwode zu seinem Vergnügen hielt. Willenlose Sklaven, die man getrost in ihre Vernichtung schicken konnte.
    Zum ersten Mal betrachtete Tonka sie mit Interesse. Vielleicht war ihre Zeit jetzt gekommen. Sie waren noch nicht besonders stark und weniger klug, doch vielleicht kam es in diesem Fall allein auf die Anzahl an. Dracula war alt, schlau und sehr stark. Aber er war alleine und konnte nicht an allen Fronten gleichzeitig kämpfen!
    Der Woiwode ergriff das Wort. »Du hast uns die Raben geschickt,
um eine Versammlung einzuberufen. Aus zahlreichen Orten sind wir heute Nacht hier zusammengekommen, um zu hören, was es so Wichtiges gibt, dass wir uns vereinen sollen. Wir sind Upiry, stolz, stark und eigenständig. Seit Jahrhunderten streifen wir alleine durch Wälder, Dörfer und Städte. Wir sind einsame Jäger, die keinen um Erlaubnis fragen müssen, wen wir uns greifen, wen wir töten und wen wir zu einem Unreinen machen. Anders als diese verweichlichten Clans im Westen, die sich wie eine Herde Schafe eng zusammendrängen, um sich gegenseitig vor den Menschen zu schützen. Dabei ist deren Auf begehren gegen die Herrschaft der Vampire über sie doch ganz vergeblich.« Seine Miene war nun verächtlich.
    Tonka zitterte vor Ungeduld, doch sie wusste, wie wichtig es war, dass sie ihr Anliegen erst vortrug, wenn der Woiwode sie dazu aufforderte. Endlich wandte sich Bojislav ihr zu.
    »Tonka de Upiry, sage mir, ist es dir dieses Mal gelungen, deinen Auftrag auszuführen? Sind die Erben der anderen Clans vernichtet?«
    Tonka konnte nicht verhindern, dass sie zusammenzuckte. Natürlich hatte sie mit dieser Frage gerechnet, doch es fiel ihr schwer, ein zweites Mal ihr Scheitern zuzugeben - obgleich sie dieses Mal nichts dafür konnte.
    Ob der Woiwode und die Bojaren dies ebenso sahen? Würden sie ihr überhaupt die Gelegenheit geben, alles zu erklären, oder musste sie damit rechnen, als nutzlose Versagerin hier an Ort und Stelle auf Befehl des Woiwoden von den Unreinen in Stücke gerissen zu werden? Tonka musste sich ihre Worte ganz genau überlegen. Am besten, sie fing nicht mit den Erben an.
    »Wir sind in Wien nicht nur auf die Dracas und ihre Besucher getroffen«, begann sie ihren Bericht. »Nachdem wir und die Raben durch wochenlange Beobachtungen die Falle bis ins kleinste Detail vorbereitet hatten, bekamen wir unliebsamen Besuch.«
    Anscheinend ahnten der Woiwode und die Bojaren bereits, dass sie keine guten Nachrichten brachte. Ihre Mienen verfinsterten sich. Reißzähne blitzten im Mondlicht. Rasch sprach Tonka weiter.

    »Der alte Meister und Vater Dracula persönlich hat uns aufgesucht!«
    Sie hielt inne und lauschte dem anschwellenden Raunen.

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